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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
wüllen Tuch zu einem Kleid/ sampt der Außstaffie-
rung/ mit dem Geding/ daß er mir solches Kleid auch
machen lassen/ und noch darzu einen neuen Hut auff-
geben solte; und demnach mir nur noch ein par neuer
Schuh und ein Hemd abgieng/ gab ich dem Krämer
die filberne Knöpff und Galaunen auch/ die zu dem
Mantel gehörten/ worvor er mir dann schaffte was
ich noch brauchte/ und mich also Nagelneu herauß
butzte. Also kchrte ich wieder ins Paradeis zu mei-
nem Herrn/ welcher gewaltig kollerte/ daß ich ihm
den Fund nicht gebracht hatte/ ja er sagte mir vom
Brügeln/ und hätte ein geringes genommen (wann
er sich nicht geschämt/ und ihm das Kleid gerecht ge-
wesen wäre) mich außzuziehen/ und das Kleid selbst
zu tragen/ wiewol ich mir eingebildet/ gar wol ge-
handelt zu haben.

Jndessen muste sich der karge Filtz schämen/ daß
sein Jung besser gekleidet war als er selbsten/ dero-
wegen ritte er nach Soest/ borgte Geld von seinem
Hauptmann/ und mondirte sich damit auffs beste/
mit Versprechen/ solches von seinen wochentlichen
Salvaguardi Geldern wieder zu erstatten/ welches er
auch fleissig thät/ er hätte zwar selbsten noch wol so
viel Mittel gehabt/ er war aber viel zu schlau sich an-
zugreiffen/ dann hätte ers gethan/ so wäre ihm die
Bernhaut entgangen/ auff welcher er denselbigen
Winter im Paradeis ligen konte/ und wäre ein an-
derer nackender Kerl an seine statt gesetzt worden/ mit
der Weis aber muste ihn der Hauptmann wol ligen
lassen/ wolte er anders sein außgeliehen Geld wieder
haben. Von dieser Zeit an hatten wir das aller-
fäulste Leben von der Welt/ in welchem Keglen un-

ser

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
wuͤllen Tuch zu einem Kleid/ ſampt der Außſtaffie-
rung/ mit dem Geding/ daß er mir ſolches Kleid auch
machen laſſen/ und noch darzu einen neuen Hut auff-
geben ſolte; und demnach mir nur noch ein par neuer
Schuh und ein Hemd abgieng/ gab ich dem Kraͤmer
die filberne Knoͤpff und Galaunen auch/ die zu dem
Mantel gehoͤrten/ worvor er mir dann ſchaffte was
ich noch brauchte/ und mich alſo Nagelneu herauß
butzte. Alſo kchrte ich wieder ins Paradeis zu mei-
nem Herꝛn/ welcher gewaltig kollerte/ daß ich ihm
den Fund nicht gebracht hatte/ ja er ſagte mir vom
Bruͤgeln/ und haͤtte ein geringes genommen (wann
er ſich nicht geſchaͤmt/ und ihm das Kleid gerecht ge-
weſen waͤre) mich außzuziehen/ und das Kleid ſelbſt
zu tragen/ wiewol ich mir eingebildet/ gar wol ge-
handelt zu haben.

Jndeſſen muſte ſich der karge Filtz ſchaͤmen/ daß
ſein Jung beſſer gekleidet war als er ſelbſten/ dero-
wegen ritte er nach Soeſt/ borgte Geld von ſeinem
Hauptmann/ und mondirte ſich damit auffs beſte/
mit Verſprechen/ ſolches von ſeinen wochentlichen
Salvaguardi Geldern wieder zu erſtatten/ welches er
auch fleiſſig thaͤt/ er haͤtte zwar ſelbſten noch wol ſo
viel Mittel gehabt/ er war aber viel zu ſchlau ſich an-
zugreiffen/ dann haͤtte ers gethan/ ſo waͤre ihm die
Bernhaut entgangen/ auff welcher er denſelbigen
Winter im Paradeis ligen konte/ und waͤre ein an-
derer nackender Kerl an ſeine ſtatt geſetzt worden/ mit
der Weis aber muſte ihn der Hauptmann wol ligen
laſſen/ wolte er anders ſein außgeliehen Geld wieder
haben. Von dieſer Zeit an hatten wir das aller-
faͤulſte Leben von der Welt/ in welchem Keglen un-

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[242/0248] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi wuͤllen Tuch zu einem Kleid/ ſampt der Außſtaffie- rung/ mit dem Geding/ daß er mir ſolches Kleid auch machen laſſen/ und noch darzu einen neuen Hut auff- geben ſolte; und demnach mir nur noch ein par neuer Schuh und ein Hemd abgieng/ gab ich dem Kraͤmer die filberne Knoͤpff und Galaunen auch/ die zu dem Mantel gehoͤrten/ worvor er mir dann ſchaffte was ich noch brauchte/ und mich alſo Nagelneu herauß butzte. Alſo kchrte ich wieder ins Paradeis zu mei- nem Herꝛn/ welcher gewaltig kollerte/ daß ich ihm den Fund nicht gebracht hatte/ ja er ſagte mir vom Bruͤgeln/ und haͤtte ein geringes genommen (wann er ſich nicht geſchaͤmt/ und ihm das Kleid gerecht ge- weſen waͤre) mich außzuziehen/ und das Kleid ſelbſt zu tragen/ wiewol ich mir eingebildet/ gar wol ge- handelt zu haben. Jndeſſen muſte ſich der karge Filtz ſchaͤmen/ daß ſein Jung beſſer gekleidet war als er ſelbſten/ dero- wegen ritte er nach Soeſt/ borgte Geld von ſeinem Hauptmann/ und mondirte ſich damit auffs beſte/ mit Verſprechen/ ſolches von ſeinen wochentlichen Salvaguardi Geldern wieder zu erſtatten/ welches er auch fleiſſig thaͤt/ er haͤtte zwar ſelbſten noch wol ſo viel Mittel gehabt/ er war aber viel zu ſchlau ſich an- zugreiffen/ dann haͤtte ers gethan/ ſo waͤre ihm die Bernhaut entgangen/ auff welcher er denſelbigen Winter im Paradeis ligen konte/ und waͤre ein an- derer nackender Kerl an ſeine ſtatt geſetzt worden/ mit der Weis aber muſte ihn der Hauptmann wol ligen laſſen/ wolte er anders ſein außgeliehen Geld wieder haben. Von dieſer Zeit an hatten wir das aller- faͤulſte Leben von der Welt/ in welchem Keglen un- ſer

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/248>, abgerufen am 03.05.2024.