German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. ser allergröste Arbeit war/ wann ich meines Drago-ners Klepper gestriegelt/ gefüttert und getränckt hat- te/ so trieb ich das Junckern-Handwerck/ und gieng spatzieren; Das Closter war auch von den Hessen unserm Gegentheil/ von der Lippstatt auß/ mit einem Mußquetier salvaguard rt/ derselbe war seines Hand- wercks ein Kürschner/ und dahero nicht allein ein Meister-Sänger/ sondern auch ein trefflicher Fech- ter/ und damit er seine Kunst nicht vergässe/ übte er sich täglich mit mir vor die lange Weil in allen Ge- wehren/ worvon ich so fir wurde/ daß ich mich nicht scheute ihm Bescheid zu thun wann er wolte; mein Dragoner aber kegelte an statt deß Fechtens mit ihm/ und zwar umb nichts anders/ als wer über Tisch das meiste Bier außsauffen muste/ damit gieng eines jeden Verlust übers Closter. Das Stifft vermochte ein eigene Wildbahn/ und guten L iij
Zweytes Buch. ſer allergroͤſte Arbeit war/ wann ich meines Drago-ners Klepper geſtriegelt/ gefuͤttert und getraͤnckt hat- te/ ſo trieb ich das Junckern-Handwerck/ und gieng ſpatzieren; Das Cloſter war auch von den Heſſen unſerm Gegentheil/ von der Lippſtatt auß/ mit einem Mußquetier ſalvaguard rt/ derſelbe war ſeines Hand- wercks ein Kuͤrſchner/ und dahero nicht allein ein Meiſter-Saͤnger/ ſondern auch ein trefflicher Fech- ter/ und damit er ſeine Kunſt nicht vergaͤſſe/ uͤbte er ſich taͤglich mit mir vor die lange Weil in allen Ge- wehren/ worvon ich ſo fir wurde/ daß ich mich nicht ſcheute ihm Beſcheid zu thun wann er wolte; mein Dragoner aber kegelte an ſtatt deß Fechtens mit ihm/ und zwar umb nichts anders/ als wer uͤber Tiſch das meiſte Bier außſauffen muſte/ damit gieng eines jeden Verluſt uͤbers Cloſter. Das Stifft vermochte ein eigene Wildbahn/ und guten L iij
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Zweytes Buch.
ſer allergroͤſte Arbeit war/ wann ich meines Drago-
ners Klepper geſtriegelt/ gefuͤttert und getraͤnckt hat-
te/ ſo trieb ich das Junckern-Handwerck/ und gieng
ſpatzieren; Das Cloſter war auch von den Heſſen
unſerm Gegentheil/ von der Lippſtatt auß/ mit einem
Mußquetier ſalvaguard rt/ derſelbe war ſeines Hand-
wercks ein Kuͤrſchner/ und dahero nicht allein ein
Meiſter-Saͤnger/ ſondern auch ein trefflicher Fech-
ter/ und damit er ſeine Kunſt nicht vergaͤſſe/ uͤbte er
ſich taͤglich mit mir vor die lange Weil in allen Ge-
wehren/ worvon ich ſo fir wurde/ daß ich mich nicht
ſcheute ihm Beſcheid zu thun wann er wolte; mein
Dragoner aber kegelte an ſtatt deß Fechtens mit
ihm/ und zwar umb nichts anders/ als wer uͤber
Tiſch das meiſte Bier außſauffen muſte/ damit gieng
eines jeden Verluſt uͤbers Cloſter.
Das Stifft vermochte ein eigene Wildbahn/ und
hielte dahero auch einen eigenen Jaͤger/ und weil ich
auch gruͤn gekleidet war/ geſellete ich mich zu ihm/
und lernete ihm denſelben Herbſt und Winter alle
ſeine Kuͤnſte ab/ ſonderlich was das kleine Waid-
werck angelangt. Solcher Urſachen halber/ und
weil der Nahm Simplicius etwas ungewoͤhnlich/ und
den gemeinen Leuten vergeßlich/ oder ſonſt ſchwer
außzuſprechen war/ nennete mich jederman dat
Jaͤjerken; darbey wurden mir alle Weg und Steg
bekant/ welches ich mir hernach trefflich zu Nutz
machte; Wann ich aber wegen uͤblen Wetters in
Waͤldern und Feldern nicht herumb konte ſchwer-
men/ ſo laſe ich allerhand Buͤcher/ die mir deß Clo-
ſters Verwalter leyhete. So bald aber die Adeliche
Cloſterfrauen gewahr wurden/ daß ich neben meiner
guten
L iij
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