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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
ihn recht den alten/ dann ich glaub/ daß ihm die
Schlacht vor Pavia noch gedachte/ so gar Wetter-
färbig und abgeschaben sahe er auß/ also daß er mich
wenig damit erfreute.

Das Paradeis fanden wir/ wie wirs begehrten/
und noch darüber/ an statt der Engel/ schöne Jung-
frauen darinnen/ welche uns mit Speiß und Tranck
also tractirten/ daß ich in Kürtze wieder einen glatten
Balg/ dann da setzte es das fetteste Bier/ die beste
Westphalische Schincken und Knackwunrst/ wolge-
schmack und sehr delicat Rindfleisch/ das man auß
dem Saltzwasser kochte/ und kalt zu essen pflegte;
da lernete ich das schwartze Brod Fingers dick mit
gesaltzenem Butter schmieren/ und mit Käß belegen/
damit es desto besser rutschte/ und wann ich so über
einen Hamelskolben kam/ der mit Knoblauch ge-
spickt war/ und ein gute Kanne Bier darneben stahn
hatte/ so erquickte ich Leib und Seel/ und vergasse all
meines außgestandenen Leyds. Jn Summa/ diß Pa-
radeis schlug mir so wol zu/ als ob es das rechte ge-
west wäre; kein ander Anligen hatte ich/ als daß ich
wuste/ daß es nicht ewig währen würde/ und daß ich
so zerlumpt daher gehen muste.

Aber gleich wie mich das Unglück Hauffenweiß
überfiele/ da es anfieng mich hiebevor zu reuten/ also
bedunckte mich auch jetzt/ das Glück wolte es wieder
Wett spielen: Dann als mich mein Herr nach Soest
schickte/ seine Bagage vollends zu holen/ fand ich un-
terwegs einen Pack/ und in demselben etliche Ehlen
Scharlach zu einem Mantel/ sampt rothem Sammet
zum Futter/ das nam ich mit/ und verdauschte es zu
Soest mit einem Tuch-Händler/ umb gemein grün

wüllen
L ij

Zweytes Buch.
ihn recht den alten/ dann ich glaub/ daß ihm die
Schlacht vor Pavia noch gedachte/ ſo gar Wetter-
faͤrbig und abgeſchaben ſahe er auß/ alſo daß er mich
wenig damit erfreute.

Das Paradeis fanden wir/ wie wirs begehrten/
und noch daruͤber/ an ſtatt der Engel/ ſchoͤne Jung-
frauen darinnen/ welche uns mit Speiß und Tranck
alſo tractirten/ daß ich in Kuͤrtze wieder einen glatten
Balg/ dann da ſetzte es das fetteſte Bier/ die beſte
Weſtphaliſche Schincken und Knackwũrſt/ wolge-
ſchmack und ſehr delicat Rindfleiſch/ das man auß
dem Saltzwaſſer kochte/ und kalt zu eſſen pflegte;
da lernete ich das ſchwartze Brod Fingers dick mit
geſaltzenem Butter ſchmieren/ und mit Kaͤß belegen/
damit es deſto beſſer rutſchte/ und wann ich ſo uͤber
einen Hamelskolben kam/ der mit Knoblauch ge-
ſpickt war/ und ein gute Kanne Bier darneben ſtahn
hatte/ ſo erquickte ich Leib und Seel/ und vergaſſe all
meines außgeſtandenen Leyds. Jn Summa/ diß Pa-
radeis ſchlug mir ſo wol zu/ als ob es das rechte ge-
weſt waͤre; kein ander Anligen hatte ich/ als daß ich
wuſte/ daß es nicht ewig waͤhren wuͤrde/ und daß ich
ſo zerlumpt daher gehen muſte.

Aber gleich wie mich das Ungluͤck Hauffenweiß
uͤberfiele/ da es anfieng mich hiebevor zu reuten/ alſo
bedunckte mich auch jetzt/ das Gluͤck wolte es wieder
Wett ſpielen: Dann als mich mein Herꝛ nach Soeſt
ſchickte/ ſeine Bagage vollends zu holen/ fand ich un-
terwegs einen Pack/ und in demſelben etliche Ehlen
Scharlach zu einem Mantel/ ſampt rothem Sam̃et
zum Futter/ das nam ich mit/ und verdauſchte es zu
Soeſt mit einem Tuch-Haͤndler/ umb gemein gruͤn

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[241/0247] Zweytes Buch. ihn recht den alten/ dann ich glaub/ daß ihm die Schlacht vor Pavia noch gedachte/ ſo gar Wetter- faͤrbig und abgeſchaben ſahe er auß/ alſo daß er mich wenig damit erfreute. Das Paradeis fanden wir/ wie wirs begehrten/ und noch daruͤber/ an ſtatt der Engel/ ſchoͤne Jung- frauen darinnen/ welche uns mit Speiß und Tranck alſo tractirten/ daß ich in Kuͤrtze wieder einen glatten Balg/ dann da ſetzte es das fetteſte Bier/ die beſte Weſtphaliſche Schincken und Knackwũrſt/ wolge- ſchmack und ſehr delicat Rindfleiſch/ das man auß dem Saltzwaſſer kochte/ und kalt zu eſſen pflegte; da lernete ich das ſchwartze Brod Fingers dick mit geſaltzenem Butter ſchmieren/ und mit Kaͤß belegen/ damit es deſto beſſer rutſchte/ und wann ich ſo uͤber einen Hamelskolben kam/ der mit Knoblauch ge- ſpickt war/ und ein gute Kanne Bier darneben ſtahn hatte/ ſo erquickte ich Leib und Seel/ und vergaſſe all meines außgeſtandenen Leyds. Jn Summa/ diß Pa- radeis ſchlug mir ſo wol zu/ als ob es das rechte ge- weſt waͤre; kein ander Anligen hatte ich/ als daß ich wuſte/ daß es nicht ewig waͤhren wuͤrde/ und daß ich ſo zerlumpt daher gehen muſte. Aber gleich wie mich das Ungluͤck Hauffenweiß uͤberfiele/ da es anfieng mich hiebevor zu reuten/ alſo bedunckte mich auch jetzt/ das Gluͤck wolte es wieder Wett ſpielen: Dann als mich mein Herꝛ nach Soeſt ſchickte/ ſeine Bagage vollends zu holen/ fand ich un- terwegs einen Pack/ und in demſelben etliche Ehlen Scharlach zu einem Mantel/ ſampt rothem Sam̃et zum Futter/ das nam ich mit/ und verdauſchte es zu Soeſt mit einem Tuch-Haͤndler/ umb gemein gruͤn wuͤllen L ij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/247>, abgerufen am 23.11.2024.