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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
cker/ und kam ehender als sie zu obgemeldten Officie-
rerin/ vor denselben fiele ich auff die Knye nider/ und
bate umb aller Weiber Ehr und Tugend willen/ sie
wolten meine Jungferschafft vor diesen gäilen Bu-
ben beschützen! Allda meine Bitt nicht allein statt
fande/ sondern ich wurde auch von einer Rittmeisterin
vor eine Magd angenommen/ bey welcher ich mich
deholffen/ biß Magdeburg/ item die Werberschantz/
auch Havelberg und Perleberg von den Unsern ein-
genommen worden.

Diese Rittmeisterin war kein Kind mehr/ wiewol
sie noch jung war/ und vernarrete sich dermassen in
meinen glatten Spiegel und geraden Leib/ daß sie mir
endlich nach lang-gehabter Mühe und vergeblicher
umbschwaiffender Weitläuffigkeit nur allzu Teutsch
zu verstehen gab/ wo sie der Schub am meisten drü-
cke; ich aber war damals noch viel zu gewissenhafft/
thät als wenn ichs nicht merckte/ und ließ keine an-
dere Anzeigungen scheinen/ als solche/ darauß man
nichts anders als eine fromme Jungfrau urtheilen
mochte: Der Rittmeister und sein Knecht lagen in
gleichem Spital kranck/ derowegen befahl er seinem
Weib/ fie solte mich besser kleiden lassen/ damit sie
sich meines garstigen Bauren-Küttels nicht schämen
dörffte. Sie thät mehr als ihr befohlen war/ und
butzte mich her auß wie ein Frantzösische Popp/ wel-
ches das Feuer bey allen dreyen noch mehr schürete/
ja es wurde endlich bey ihnen so groß/ daß Herr und
Knecht eyferigst von mir begehrten/ was ich ihnen nit
leisten konte/ und der Frauen selbst mit einer schönen
Manier verwaigerte. Zuletzt setzte ihm der Rittmel-
ster vor/ eine Gelegenheit zu ergreiffen/ bey deren er

mit

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
cker/ und kam ehender als ſie zu obgemeldten Officie-
rerin/ vor denſelben fiele ich auff die Knye nider/ und
bate umb aller Weiber Ehr und Tugend willen/ ſie
wolten meine Jungferſchafft vor dieſen gaͤilen Bu-
ben beſchuͤtzen! Allda meine Bitt nicht allein ſtatt
fande/ ſondern ich wurde auch von einer Rittmeiſterin
vor eine Magd angenommen/ bey welcher ich mich
deholffen/ biß Magdeburg/ item die Werberſchantz/
auch Havelberg und Perleberg von den Unſern ein-
genommen worden.

Dieſe Rittmeiſterin war kein Kind mehr/ wiewol
ſie noch jung war/ und vernarꝛete ſich dermaſſen in
meinen glatten Spiegel und geraden Leib/ daß ſie mir
endlich nach lang-gehabter Muͤhe und vergeblicher
umbſchwaiffender Weitlaͤuffigkeit nur allzu Teutſch
zu verſtehen gab/ wo ſie der Schub am meiſten druͤ-
cke; ich aber war damals noch viel zu gewiſſenhafft/
thaͤt als wenn ichs nicht merckte/ und ließ keine an-
dere Anzeigungen ſcheinen/ als ſolche/ darauß man
nichts anders als eine fromme Jungfrau urtheilen
mochte: Der Rittmeiſter und ſein Knecht lagen in
gleichem Spital kranck/ derowegen befahl er ſeinem
Weib/ fie ſolte mich beſſer kleiden laſſen/ damit ſie
ſich meines garſtigen Bauren-Kuͤttels nicht ſchaͤmen
doͤrffte. Sie thaͤt mehr als ihr befohlen war/ und
butzte mich her auß wie ein Frantzoͤſiſche Popp/ wel-
ches das Feuer bey allen dreyen noch mehr ſchuͤrete/
ja es wurde endlich bey ihnen ſo groß/ daß Herꝛ und
Knecht eyferigſt von mir begehrten/ was ich ihnen nit
leiſten konte/ und der Frauen ſelbſt mit einer ſchoͤnen
Manier verwaigerte. Zuletzt ſetzte ihm der Rittmel-
ſter vor/ eine Gelegenheit zu ergreiffen/ bey deren er

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[222/0228] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi cker/ und kam ehender als ſie zu obgemeldten Officie- rerin/ vor denſelben fiele ich auff die Knye nider/ und bate umb aller Weiber Ehr und Tugend willen/ ſie wolten meine Jungferſchafft vor dieſen gaͤilen Bu- ben beſchuͤtzen! Allda meine Bitt nicht allein ſtatt fande/ ſondern ich wurde auch von einer Rittmeiſterin vor eine Magd angenommen/ bey welcher ich mich deholffen/ biß Magdeburg/ item die Werberſchantz/ auch Havelberg und Perleberg von den Unſern ein- genommen worden. Dieſe Rittmeiſterin war kein Kind mehr/ wiewol ſie noch jung war/ und vernarꝛete ſich dermaſſen in meinen glatten Spiegel und geraden Leib/ daß ſie mir endlich nach lang-gehabter Muͤhe und vergeblicher umbſchwaiffender Weitlaͤuffigkeit nur allzu Teutſch zu verſtehen gab/ wo ſie der Schub am meiſten druͤ- cke; ich aber war damals noch viel zu gewiſſenhafft/ thaͤt als wenn ichs nicht merckte/ und ließ keine an- dere Anzeigungen ſcheinen/ als ſolche/ darauß man nichts anders als eine fromme Jungfrau urtheilen mochte: Der Rittmeiſter und ſein Knecht lagen in gleichem Spital kranck/ derowegen befahl er ſeinem Weib/ fie ſolte mich beſſer kleiden laſſen/ damit ſie ſich meines garſtigen Bauren-Kuͤttels nicht ſchaͤmen doͤrffte. Sie thaͤt mehr als ihr befohlen war/ und butzte mich her auß wie ein Frantzoͤſiſche Popp/ wel- ches das Feuer bey allen dreyen noch mehr ſchuͤrete/ ja es wurde endlich bey ihnen ſo groß/ daß Herꝛ und Knecht eyferigſt von mir begehrten/ was ich ihnen nit leiſten konte/ und der Frauen ſelbſt mit einer ſchoͤnen Manier verwaigerte. Zuletzt ſetzte ihm der Rittmel- ſter vor/ eine Gelegenheit zu ergreiffen/ bey deren er mit

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/228>, abgerufen am 27.11.2024.