German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. Magdeburg/ welches ich ohne das nur ein leineneund ströherne Statt/ mit irdenen Mauren/ zu nennen pflegte. Jch wurde meines Stands so müd und satt/ als wenn ichs mit lauter eisernen Kochleffeln gefres- sen hätte/ einmal/ ich gedachte mich nicht mehr von jederman so voppen zu lassen/ sondern meines Narrn- Kleids loß zu werden/ und solte ich gleich Leib und Leben darüber verlieren. Das setzte ich folgender ge- stalt sehr liederlich ins Werck/ weil mir sonst keine bessere Gelegenheit anstehen wolte. Olivier der Secretarius, welcher nach deß Alten cker K jv
Zweytes Buch. Magdeburg/ welches ich ohne das nur ein leineneund ſtroͤherne Statt/ mit irdenen Mauren/ zu nennen pflegte. Jch wurde meines Stands ſo muͤd und ſatt/ als wenn ichs mit lauter eiſernen Kochleffeln gefreſ- ſen haͤtte/ einmal/ ich gedachte mich nicht mehr von jederman ſo voppen zu laſſen/ ſondern meines Narꝛn- Kleids loß zu werden/ und ſolte ich gleich Leib und Leben daruͤber verlieren. Das ſetzte ich folgender ge- ſtalt ſehr liederlich ins Werck/ weil mir ſonſt keine beſſere Gelegenheit anſtehen wolte. Olivier der Secretarius, welcher nach deß Alten cker K jv
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Zweytes Buch.
Magdeburg/ welches ich ohne das nur ein leinene
und ſtroͤherne Statt/ mit irdenen Mauren/ zu nennen
pflegte. Jch wurde meines Stands ſo muͤd und ſatt/
als wenn ichs mit lauter eiſernen Kochleffeln gefreſ-
ſen haͤtte/ einmal/ ich gedachte mich nicht mehr von
jederman ſo voppen zu laſſen/ ſondern meines Narꝛn-
Kleids loß zu werden/ und ſolte ich gleich Leib und
Leben daruͤber verlieren. Das ſetzte ich folgender ge-
ſtalt ſehr liederlich ins Werck/ weil mir ſonſt keine
beſſere Gelegenheit anſtehen wolte.
Olivier der Secretarius, welcher nach deß Alten
Hertzbruders Todt mein Hofmeiſter worden war/
erlaubte mir offt mit den Knechten auff Fourage zu
reuten/ als wir nun einsmals in ein groß Dorff ka-
men/ darinnen etliche den Reutern zuſtaͤndige Baga-
ge logirte/ und jeder hin und wieder in die Haͤuſer
gienge/ zu ſuchen was etwan mit zu nehmen waͤre/
ſtal ich mich auch hinweg/ und ſuchte/ ob ich nicht
ein altes Baurenkleid finden moͤchte/ umb welches
ich meine Narꝛn-Kappe verdauſchen koͤnte; Aber ich
ſande nicht was ich wolte/ ſondern muſte mit einem
Weiber-Kleid vor lieb nemmen; Jch zoge ſelbiges
an/ weil ich mich allein ſahe/ und warff das meinig
in ein Secret/ mir nicht anders einbildende/ als daß
ich nunmehr auß allen meinen Noͤthen erꝛettet wor-
den. Jn dieſem Auffzug gieng ich uͤber die Gaß ge-
gen etlichen Officiers-Weibern/ und macht ſo enge
Schrittlein/ als etwan Achilles gethan/ da ihn ſeine
Mutter dem Licomedi recommendirte/ ich war aber
kaum auſſer Dach her vor kommen/ da mich etliche
Fouragierer ſahen/ und beſſer ſpringen lernten/ dann
als ſie ſchryen/ Halt/ halt! lieffe ich nur deſto ſtaͤr-
cker
K jv
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