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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
mit Gewalt von mir haben könte/ was ihm doch zu
bekommen unmüglich war/ solches merckete sein
Weib/ und weil sie mich noch endlich zu überwinden
verhoffte/ verlegte sie ihm alle Päß/ und lieffe ihm
alle Ränck ab/ also daß er vermeynte/ er müsse doll
und thöricht darüber werden. Einsmals als Herr
und Frau schlaffen war/ stund der Knecht vor dem
Wagen/ in welchem ich alle Nacht schlaffen muste/
klagte mir seine Lieb mit heissen Threnen/ und bat
eben so andächtig umb Gnad und Barmhertzigkeit!
Jch aber erzeigte mich härter als ein Stein/ und
gab ihm zu verstehen/ daß ich meine Keuschheit biß in
Ehestand bewahren wolte; Da er mir nun die Ehe
wol 1000. mal anbotte/ und doch nichts anders dar-
gegen vernam/ als daß ich ihn versicherte/ daß es un-
müglich seye/ mich mit ihm zu verehelichen/ ver-
zweiffelt er endlich gar/ oder stellte sich doch auffs
wenigst nur so/ dann er zoge seinen Degen auß/ setzte
die Spitz an die Brust/ und den Knopff an Wagen/
und thät nicht anderst/ als wenn er sich jetzt erstechen
wolte: Jch gedachte/ der Teuffel ist ein Schelm/
sprach ihm derowegen zu/ und gab ihm Vertröstung/
am morgen frühe einen endlichen Bescheid zu erthei-
len/ davon wurde er content, und gieng schlaffen/ ich
aber wachte desto länger/ dieweil ich meinen seltza-
men Stand betrachtete: Jch befand wol/ daß mein
Sach in die Länge kein gut thun würde/ dann die
Rittmeisterin wurde je länger je importuner mit ih-
ren Reitzungen/ der Rittmeister verwegener mit sei-
nen Zumuthungen/ und der Knecht verzweiffelter in
seiner beständigen Liebe/ ich wuste mir aber darumb
nicht auß solchem Labyrinth zu belffen. Jch muste

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K v

Zweytes Buch.
mit Gewalt von mir haben koͤnte/ was ihm doch zu
bekommen unmuͤglich war/ ſolches merckete ſein
Weib/ und weil ſie mich noch endlich zu uͤberwinden
verhoffte/ verlegte ſie ihm alle Paͤß/ und lieffe ihm
alle Raͤnck ab/ alſo daß er vermeynte/ er muͤſſe doll
und thoͤricht daruͤber werden. Einsmals als Herꝛ
und Frau ſchlaffen war/ ſtund der Knecht vor dem
Wagen/ in welchem ich alle Nacht ſchlaffen muſte/
klagte mir ſeine Lieb mit heiſſen Threnen/ und bat
eben ſo andaͤchtig umb Gnad und Barmhertzigkeit!
Jch aber erzeigte mich haͤrter als ein Stein/ und
gab ihm zu verſtehen/ daß ich meine Keuſchheit biß in
Eheſtand bewahren wolte; Da er mir nun die Ehe
wol 1000. mal anbotte/ und doch nichts anders dar-
gegen vernam/ als daß ich ihn verſicherte/ daß es un-
muͤglich ſeye/ mich mit ihm zu verehelichen/ ver-
zweiffelt er endlich gar/ oder ſtellte ſich doch auffs
wenigſt nur ſo/ dann er zoge ſeinen Degen auß/ ſetzte
die Spitz an die Bruſt/ und den Knopff an Wagen/
und thaͤt nicht anderſt/ als wenn er ſich jetzt erſtechen
wolte: Jch gedachte/ der Teuffel iſt ein Schelm/
ſprach ihm derowegen zu/ und gab ihm Vertroͤſtung/
am morgen fruͤhe einen endlichen Beſcheid zu erthei-
len/ davon wurde er content, und gieng ſchlaffen/ ich
aber wachte deſto laͤnger/ dieweil ich meinen ſeltza-
men Stand betrachtete: Jch befand wol/ daß mein
Sach in die Laͤnge kein gut thun wuͤrde/ dann die
Rittmeiſterin wurde je laͤnger je importuner mit ih-
ren Reitzungen/ der Rittmeiſter verwegener mit ſei-
nen Zumuthungen/ und der Knecht verzweiffelter in
ſeiner beſtaͤndigen Liebe/ ich wuſte mir aber darumb
nicht auß ſolchem Labyrinth zu belffen. Jch muſte

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[223/0229] Zweytes Buch. mit Gewalt von mir haben koͤnte/ was ihm doch zu bekommen unmuͤglich war/ ſolches merckete ſein Weib/ und weil ſie mich noch endlich zu uͤberwinden verhoffte/ verlegte ſie ihm alle Paͤß/ und lieffe ihm alle Raͤnck ab/ alſo daß er vermeynte/ er muͤſſe doll und thoͤricht daruͤber werden. Einsmals als Herꝛ und Frau ſchlaffen war/ ſtund der Knecht vor dem Wagen/ in welchem ich alle Nacht ſchlaffen muſte/ klagte mir ſeine Lieb mit heiſſen Threnen/ und bat eben ſo andaͤchtig umb Gnad und Barmhertzigkeit! Jch aber erzeigte mich haͤrter als ein Stein/ und gab ihm zu verſtehen/ daß ich meine Keuſchheit biß in Eheſtand bewahren wolte; Da er mir nun die Ehe wol 1000. mal anbotte/ und doch nichts anders dar- gegen vernam/ als daß ich ihn verſicherte/ daß es un- muͤglich ſeye/ mich mit ihm zu verehelichen/ ver- zweiffelt er endlich gar/ oder ſtellte ſich doch auffs wenigſt nur ſo/ dann er zoge ſeinen Degen auß/ ſetzte die Spitz an die Bruſt/ und den Knopff an Wagen/ und thaͤt nicht anderſt/ als wenn er ſich jetzt erſtechen wolte: Jch gedachte/ der Teuffel iſt ein Schelm/ ſprach ihm derowegen zu/ und gab ihm Vertroͤſtung/ am morgen fruͤhe einen endlichen Beſcheid zu erthei- len/ davon wurde er content, und gieng ſchlaffen/ ich aber wachte deſto laͤnger/ dieweil ich meinen ſeltza- men Stand betrachtete: Jch befand wol/ daß mein Sach in die Laͤnge kein gut thun wuͤrde/ dann die Rittmeiſterin wurde je laͤnger je importuner mit ih- ren Reitzungen/ der Rittmeiſter verwegener mit ſei- nen Zumuthungen/ und der Knecht verzweiffelter in ſeiner beſtaͤndigen Liebe/ ich wuſte mir aber darumb nicht auß ſolchem Labyrinth zu belffen. Jch muſte offt K v

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/229>, abgerufen am 23.11.2024.