German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. bald ein lustig Brünnlein/ bey welchem ich mich er-quickte/ und meine schöne Ducaten zehlete. Wann mirs allbereit das Leben gülte/ ich solte anzeigen/ in welchem Land oder Gegend ich mich damals befun- den/ so könte ichs nicht; ich blieb anfangs so lang im Wald/ als mein Proviant währte/ mit welchem ich sparsam Hauß hielte/ als aber mein Rantzen läer worden/ jagte mich der Hunger in die Bauren-Häu- ser/ da kroch ich bey Nacht in Keller und Küchen/ und nam von Essenspeiß/ was ich fand und tragen mochte/ das schleppte ich mit mir in Wald/ wo er am allerwildesten war/ darinnen führte ich wieder überall ein Einsidlerisch Leben wie hiebevor/ ohne daß ich sehr viel stale/ und desto weniger betete/ auch kei- ne stetige Wohnung hatte/ sondern bald hie bald dort hin schwäiffte. Es kam mir trefflich wol zu statten/ daß es im Anfang deß Sommers war/ doch konte ich auch mit meinem Rohr Feuer machen/ wann ich wolte. Das XVII. Capitel. UNter währendem diesem meinem Umbschwäiffen her
Zweytes Buch. bald ein luſtig Bruͤnnlein/ bey welchem ich mich er-quickte/ und meine ſchoͤne Ducaten zehlete. Wann mirs allbereit das Leben guͤlte/ ich ſolte anzeigen/ in welchem Land oder Gegend ich mich damals befun- den/ ſo koͤnte ichs nicht; ich blieb anfangs ſo lang im Wald/ als mein Proviant waͤhrte/ mit welchem ich ſparſam Hauß hielte/ als aber mein Rantzen laͤer worden/ jagte mich der Hunger in die Bauren-Haͤu- ſer/ da kroch ich bey Nacht in Keller und Kuͤchen/ und nam von Eſſenſpeiß/ was ich fand und tragen mochte/ das ſchleppte ich mit mir in Wald/ wo er am allerwildeſten war/ darinnen fuͤhrte ich wieder uͤberall ein Einſidleriſch Leben wie hiebevor/ ohne daß ich ſehr viel ſtale/ und deſto weniger betete/ auch kei- ne ſtetige Wohnung hatte/ ſondern bald hie bald dort hin ſchwaͤiffte. Es kam mir trefflich wol zu ſtatten/ daß es im Anfang deß Sommers war/ doch konte ich auch mit meinem Rohr Feuer machen/ wann ich wolte. Das XVII. Capitel. UNter waͤhrendem dieſem meinem Umbſchwaͤiffen her
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Zweytes Buch.
bald ein luſtig Bruͤnnlein/ bey welchem ich mich er-
quickte/ und meine ſchoͤne Ducaten zehlete. Wann
mirs allbereit das Leben guͤlte/ ich ſolte anzeigen/ in
welchem Land oder Gegend ich mich damals befun-
den/ ſo koͤnte ichs nicht; ich blieb anfangs ſo lang im
Wald/ als mein Proviant waͤhrte/ mit welchem ich
ſparſam Hauß hielte/ als aber mein Rantzen laͤer
worden/ jagte mich der Hunger in die Bauren-Haͤu-
ſer/ da kroch ich bey Nacht in Keller und Kuͤchen/
und nam von Eſſenſpeiß/ was ich fand und tragen
mochte/ das ſchleppte ich mit mir in Wald/ wo er
am allerwildeſten war/ darinnen fuͤhrte ich wieder
uͤberall ein Einſidleriſch Leben wie hiebevor/ ohne daß
ich ſehr viel ſtale/ und deſto weniger betete/ auch kei-
ne ſtetige Wohnung hatte/ ſondern bald hie bald dort
hin ſchwaͤiffte. Es kam mir trefflich wol zu ſtatten/
daß es im Anfang deß Sommers war/ doch konte ich
auch mit meinem Rohr Feuer machen/ wann ich
wolte.
Das XVII. Capitel.
UNter waͤhrendem dieſem meinem Umbſchwaͤiffen
haben mich hin und wieder in den Waͤldern un-
terſchiedliche Baursleut angetroffen/ ſie ſeynd aber
allezeit vor mir geflohen/ nicht weiß ich/ wars die
Urſach/ daß ſie ohne das durch den Krieg ſcheu ge-
macht/ verjagt/ und niemals recht beſtaͤndig zu Hauß
waren; oder ob die Schnapphanen die jenige Aben-
theur/ ſo ihnen mit mir begegnet/ in dem Land auß-
geſprengt haben? Alſo daß hernach dieſe/ ſo mich
nachgehends geſehen/ ingleichem geglaubt/ der boͤſe
Feind wandere warhafftig in ſelbiger Gegend umb-
her
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