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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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Grosse erst nacher, als die Säulen aus Ravenna angekommen waren, von einem der Gegend Kundigen auf das Vorhandensein einer gleichen Steinart in der Nahe aufmerksam gemacht wurde, und nun beschlossen habe, grössere Monumente aus denselben bearbeiten zu lassen. Soll ja doch sein Geheimschreiber und Baumeister Eginhard ein Odenwälder gewesen sein. Waren aber die einheimischen Arbeiter nicht in der Bearbeitung des Granits erfahren, so fehlte es einem Manne, wie Karl, doch wohl nicht an Mitteln, sich die nöthigen Arbeiter hierzu aus der Ferne kommen zu lassen.

Wie Münster in seiner Kosmographie die Granitsäulen, welche Karl der Grosse aus Ravenna erhielt, für gegossen hielt, so glaubte man es auch von dieser. Dieser lächerliche Irrthum lässt sich höchstens durch den gänzlichen Mangel an mineralogischen Kenntnissen und dadurch erklären, dass man die Möglichkeit nicht mehr einsah, den harten und schönkörnigen Granit des Felsberges so gut zu bearbeiten.



Ersteigt man vollends den Gipfel des Berges, so findet man dort ein einsames Försterhaus. Der Wald ist gegen Norden hin ausgerottet und man hat nach dieser Richtung und gegen Nordosten hin, zumal aus den Fenstern des Försterhauses, eine der überraschendsten Aussichten im ganzen Odenwalde. Gegen Westen erscheint in einem Waldausschnitte der Thurm des Melibokus. Die Verschiedenheit der Höhe dieser beiden Berge beträgt nur sechs Fuss.

Wem die Bewohner dieses Hauses gastliche Aufnahme gewähren, der kann hier aus den Gastzimmern zumal in dem hohen Sommer das erhabene Schauspiel eines Sonnenaufgangs in seinem ganzen Umfange und bequemer geniessen, als auf irgend einer Höhe in der Nähe der Bergstrasse.

Von dieser Höhe führt ein naher und anmuthiger Waldweg nach den Anlagen bei dem Fürstenlager zu Auerbach.

Verfolgen wir das freundliche Thal von Reichenbach weiter hinab, so kommen wir an den beiden kleinen Dörfern Elmshausen und Wilmshausen (sonst Elmannshausen und Willmannshausen) vorbei nach Schönberg. Die durch das Thal erbaute Landstrasse hat zwar den idyllischen Karakter desselben etwas gestört, doch gewährt diese den weniger geübten Fusswanderern die Annehmlichkeit,

Grosse erst nacher, als die Säulen aus Ravenna angekommen waren, von einem der Gegend Kundigen auf das Vorhandensein einer gleichen Steinart in der Nahe aufmerksam gemacht wurde, und nun beschlossen habe, grössere Monumente aus denselben bearbeiten zu lassen. Soll ja doch sein Geheimschreiber und Baumeister Eginhard ein Odenwälder gewesen sein. Waren aber die einheimischen Arbeiter nicht in der Bearbeitung des Granits erfahren, so fehlte es einem Manne, wie Karl, doch wohl nicht an Mitteln, sich die nöthigen Arbeiter hierzu aus der Ferne kommen zu lassen.

Wie Münster in seiner Kosmographie die Granitsäulen, welche Karl der Grosse aus Ravenna erhielt, für gegossen hielt, so glaubte man es auch von dieser. Dieser lächerliche Irrthum lässt sich höchstens durch den gänzlichen Mangel an mineralogischen Kenntnissen und dadurch erklären, dass man die Möglichkeit nicht mehr einsah, den harten und schönkörnigen Granit des Felsberges so gut zu bearbeiten.



Ersteigt man vollends den Gipfel des Berges, so findet man dort ein einsames Försterhaus. Der Wald ist gegen Norden hin ausgerottet und man hat nach dieser Richtung und gegen Nordosten hin, zumal aus den Fenstern des Försterhauses, eine der überraschendsten Aussichten im ganzen Odenwalde. Gegen Westen erscheint in einem Waldausschnitte der Thurm des Melibokus. Die Verschiedenheit der Höhe dieser beiden Berge beträgt nur sechs Fuss.

Wem die Bewohner dieses Hauses gastliche Aufnahme gewähren, der kann hier aus den Gastzimmern zumal in dem hohen Sommer das erhabene Schauspiel eines Sonnenaufgangs in seinem ganzen Umfange und bequemer geniessen, als auf irgend einer Höhe in der Nähe der Bergstrasse.

Von dieser Höhe führt ein naher und anmuthiger Waldweg nach den Anlagen bei dem Fürstenlager zu Auerbach.

Verfolgen wir das freundliche Thal von Reichenbach weiter hinab, so kommen wir an den beiden kleinen Dörfern Elmshausen und Wilmshausen (sonst Elmannshausen und Willmannshausen) vorbei nach Schönberg. Die durch das Thal erbaute Landstrasse hat zwar den idyllischen Karakter desselben etwas gestört, doch gewährt diese den weniger geübten Fusswanderern die Annehmlichkeit,

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Grosse erst nacher, als die Säulen aus Ravenna angekommen waren, von einem der Gegend Kundigen auf das Vorhandensein einer gleichen Steinart in der Nahe aufmerksam gemacht wurde, und nun beschlossen habe, grössere Monumente aus denselben bearbeiten zu lassen. Soll ja doch sein Geheimschreiber und Baumeister Eginhard ein Odenwälder gewesen sein. Waren aber die einheimischen Arbeiter nicht in der Bearbeitung des Granits erfahren, so fehlte es einem Manne, wie Karl, doch wohl nicht an Mitteln, sich die nöthigen Arbeiter hierzu aus der Ferne kommen zu lassen.</p>
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[49/0049] Grosse erst nacher, als die Säulen aus Ravenna angekommen waren, von einem der Gegend Kundigen auf das Vorhandensein einer gleichen Steinart in der Nahe aufmerksam gemacht wurde, und nun beschlossen habe, grössere Monumente aus denselben bearbeiten zu lassen. Soll ja doch sein Geheimschreiber und Baumeister Eginhard ein Odenwälder gewesen sein. Waren aber die einheimischen Arbeiter nicht in der Bearbeitung des Granits erfahren, so fehlte es einem Manne, wie Karl, doch wohl nicht an Mitteln, sich die nöthigen Arbeiter hierzu aus der Ferne kommen zu lassen. Wie Münster in seiner Kosmographie die Granitsäulen, welche Karl der Grosse aus Ravenna erhielt, für gegossen hielt, so glaubte man es auch von dieser. Dieser lächerliche Irrthum lässt sich höchstens durch den gänzlichen Mangel an mineralogischen Kenntnissen und dadurch erklären, dass man die Möglichkeit nicht mehr einsah, den harten und schönkörnigen Granit des Felsberges so gut zu bearbeiten. Ersteigt man vollends den Gipfel des Berges, so findet man dort ein einsames Försterhaus. Der Wald ist gegen Norden hin ausgerottet und man hat nach dieser Richtung und gegen Nordosten hin, zumal aus den Fenstern des Försterhauses, eine der überraschendsten Aussichten im ganzen Odenwalde. Gegen Westen erscheint in einem Waldausschnitte der Thurm des Melibokus. Die Verschiedenheit der Höhe dieser beiden Berge beträgt nur sechs Fuss. Wem die Bewohner dieses Hauses gastliche Aufnahme gewähren, der kann hier aus den Gastzimmern zumal in dem hohen Sommer das erhabene Schauspiel eines Sonnenaufgangs in seinem ganzen Umfange und bequemer geniessen, als auf irgend einer Höhe in der Nähe der Bergstrasse. Von dieser Höhe führt ein naher und anmuthiger Waldweg nach den Anlagen bei dem Fürstenlager zu Auerbach. Verfolgen wir das freundliche Thal von Reichenbach weiter hinab, so kommen wir an den beiden kleinen Dörfern Elmshausen und Wilmshausen (sonst Elmannshausen und Willmannshausen) vorbei nach Schönberg. Die durch das Thal erbaute Landstrasse hat zwar den idyllischen Karakter desselben etwas gestört, doch gewährt diese den weniger geübten Fusswanderern die Annehmlichkeit,

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/49>, abgerufen am 19.04.2024.