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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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auch an mehreren Granitstücken Sägeschnitte, Ansätze von Meisseln und Spuren anderer Werkzeuge. Auch die Anfänge zweier grosser Platten sind erkennbar.

Von wem, und zu welchem Zwecke wurde die Riesensäule gefertigt? Keine Kunde leitet hinauf in die Zeit ihrer Entstehung. Nicht einmal eine Sage hat uns eine Tradition davon hinterlassen. Darum wird sie denn gewöhnlich für ein Werk der Römer gehalten. Häfelein hat diess in den Akten der Mannheimer Akademie aus einem in Mainz gefundenen mit Commodus Namen bezeichneten Piedestal scharfsinnig zu erweisen gesucht. Wenk hält sie für ein Werk des Mittelalters, folglich für ein deutsches.

Der Mannheimer Akademiker schliesst aus dem in Mainz gefundenen, aus Granit bestehenden und mit Commodus Namen bezeichneten Steine, dass die Römer mit dem Granit des Felsberges bekannt gewesen sein müssten, denn aus Aegypten oder Italien sei jener Stein doch nicht wohl nach Mainz gekommen. Sonst aber finde sich diese Steinart nur im Odenwalde.

Knapp stimmt ihm in seinen "Römischen Denkmalen des Odenwaldes" bei, und fügt hinzu, die Römer hätten gewiss diese Steinart erkannt und benutzt, und "vielleicht gerade wegen des fürchterlichen Hasses, welchen die Römische Nation nach Commodus Tode gegen ihn überall blicken liess, (indem sein Name auf allen öffentlichen Denkmalen ausgelöscht wurde}, blieb die auf seinen Befehl so weit bearbeitete Riesensäule unvollendet liegen."

Wir stellen dieser Hypothese eine andere entgegen. Wir halten sie mit Wenk für ein Werk aus den Zeiten Karls des Grossen. Dieser in so vielfacher Beziehung grosse Kaiser hatte in Italien die dort befindlichen Monumente aus Granit kennen und diese Steinart schätzen lernen, so dass er sich aus Ravenna für seinen Palast in Ingelheim Granitsäulen kommen liess. Gerade diess wendet freilich Knapp als eine Waffe gegen die Behauptung, dass die Riesensäule von Karl dem Grossen herrühre. Wenn er den Granit am Felsberge gekannt, und wenn man damals die Bearbeitung dieser harten Steinart verstanden hätte, so würde er sich die Granitsäulen gewiss nicht aus Italien haben kommen lassen. So schliesst er. Uns dünkt aber wahrscheinlich, dass Karl der

auch an mehreren Granitstücken Sägeschnitte, Ansätze von Meisseln und Spuren anderer Werkzeuge. Auch die Anfänge zweier grosser Platten sind erkennbar.

Von wem, und zu welchem Zwecke wurde die Riesensäule gefertigt? Keine Kunde leitet hinauf in die Zeit ihrer Entstehung. Nicht einmal eine Sage hat uns eine Tradition davon hinterlassen. Darum wird sie denn gewöhnlich für ein Werk der Römer gehalten. Häfelein hat diess in den Akten der Mannheimer Akademie aus einem in Mainz gefundenen mit Commodus Namen bezeichneten Piedestal scharfsinnig zu erweisen gesucht. Wenk hält sie für ein Werk des Mittelalters, folglich für ein deutsches.

Der Mannheimer Akademiker schliesst aus dem in Mainz gefundenen, aus Granit bestehenden und mit Commodus Namen bezeichneten Steine, dass die Römer mit dem Granit des Felsberges bekannt gewesen sein müssten, denn aus Aegypten oder Italien sei jener Stein doch nicht wohl nach Mainz gekommen. Sonst aber finde sich diese Steinart nur im Odenwalde.

Knapp stimmt ihm in seinen „Römischen Denkmalen des Odenwaldes“ bei, und fügt hinzu, die Römer hätten gewiss diese Steinart erkannt und benutzt, und „vielleicht gerade wegen des fürchterlichen Hasses, welchen die Römische Nation nach Commodus Tode gegen ihn überall blicken liess, (indem sein Name auf allen öffentlichen Denkmalen ausgelöscht wurde}, blieb die auf seinen Befehl so weit bearbeitete Riesensäule unvollendet liegen.“

Wir stellen dieser Hypothese eine andere entgegen. Wir halten sie mit Wenk für ein Werk aus den Zeiten Karls des Grossen. Dieser in so vielfacher Beziehung grosse Kaiser hatte in Italien die dort befindlichen Monumente aus Granit kennen und diese Steinart schätzen lernen, so dass er sich aus Ravenna für seinen Palast in Ingelheim Granitsäulen kommen liess. Gerade diess wendet freilich Knapp als eine Waffe gegen die Behauptung, dass die Riesensäule von Karl dem Grossen herrühre. Wenn er den Granit am Felsberge gekannt, und wenn man damals die Bearbeitung dieser harten Steinart verstanden hätte, so würde er sich die Granitsäulen gewiss nicht aus Italien haben kommen lassen. So schliesst er. Uns dünkt aber wahrscheinlich, dass Karl der

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[48/0048] auch an mehreren Granitstücken Sägeschnitte, Ansätze von Meisseln und Spuren anderer Werkzeuge. Auch die Anfänge zweier grosser Platten sind erkennbar. Von wem, und zu welchem Zwecke wurde die Riesensäule gefertigt? Keine Kunde leitet hinauf in die Zeit ihrer Entstehung. Nicht einmal eine Sage hat uns eine Tradition davon hinterlassen. Darum wird sie denn gewöhnlich für ein Werk der Römer gehalten. Häfelein hat diess in den Akten der Mannheimer Akademie aus einem in Mainz gefundenen mit Commodus Namen bezeichneten Piedestal scharfsinnig zu erweisen gesucht. Wenk hält sie für ein Werk des Mittelalters, folglich für ein deutsches. Der Mannheimer Akademiker schliesst aus dem in Mainz gefundenen, aus Granit bestehenden und mit Commodus Namen bezeichneten Steine, dass die Römer mit dem Granit des Felsberges bekannt gewesen sein müssten, denn aus Aegypten oder Italien sei jener Stein doch nicht wohl nach Mainz gekommen. Sonst aber finde sich diese Steinart nur im Odenwalde. Knapp stimmt ihm in seinen „Römischen Denkmalen des Odenwaldes“ bei, und fügt hinzu, die Römer hätten gewiss diese Steinart erkannt und benutzt, und „vielleicht gerade wegen des fürchterlichen Hasses, welchen die Römische Nation nach Commodus Tode gegen ihn überall blicken liess, (indem sein Name auf allen öffentlichen Denkmalen ausgelöscht wurde}, blieb die auf seinen Befehl so weit bearbeitete Riesensäule unvollendet liegen.“ Wir stellen dieser Hypothese eine andere entgegen. Wir halten sie mit Wenk für ein Werk aus den Zeiten Karls des Grossen. Dieser in so vielfacher Beziehung grosse Kaiser hatte in Italien die dort befindlichen Monumente aus Granit kennen und diese Steinart schätzen lernen, so dass er sich aus Ravenna für seinen Palast in Ingelheim Granitsäulen kommen liess. Gerade diess wendet freilich Knapp als eine Waffe gegen die Behauptung, dass die Riesensäule von Karl dem Grossen herrühre. Wenn er den Granit am Felsberge gekannt, und wenn man damals die Bearbeitung dieser harten Steinart verstanden hätte, so würde er sich die Granitsäulen gewiss nicht aus Italien haben kommen lassen. So schliesst er. Uns dünkt aber wahrscheinlich, dass Karl der

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/48>, abgerufen am 24.04.2024.