Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.zeigt haben könne, so wollte ich damit nichts weniger thun, Der frühere Meistergesang war durchaus auf keinen Ge- 134) Den Widerspruch in adjecto zu vermeiden, den mir Docen p. 487. Schuld gibt, hätte ich freilich nur das Adjectiv: mei- sterlich oder ein anderes Substantiv (Meisterkunst) gebrauchen sollen! Allein, gegen die Sache entscheidet u. a. auch, daß die Meister des 16ten und 17ten Jahrhunderts Kunst und Namen nur für den Gesang haben und kein bloßes Les- oder Spiel- gedicht, so meisterlich es auch sey, damit belegen. Das mußte früherhin natürlich anders seyn, wo die allgemeine, vermuthlich volksmäßige Bedeutung des Worts viel zu nahe lag. Wenn es am Schluß des Laurin heißt, daß die Abenteuer in Ofter- dingens neuer Bearbeitung "so meisterlichen" stehe, so wird darum niemand in dieser Dichtung einen Meislersang unseres bestimmten Sinnes finden. 135) So den Reinbot von Doren, Fleck den gu[t]en Conrad, kön-
nen wir nicht mit Gewißheit für Meistersinger annehmen, bis sich etwa auch Lieder von ihnen auffinden. zeigt haben koͤnne, ſo wollte ich damit nichts weniger thun, Der fruͤhere Meiſtergeſang war durchaus auf keinen Ge- 134) Den Widerſpruch in adjecto zu vermeiden, den mir Docen p. 487. Schuld gibt, haͤtte ich freilich nur das Adjectiv: mei- ſterlich oder ein anderes Subſtantiv (Meiſterkunſt) gebrauchen ſollen! Allein, gegen die Sache entſcheidet u. a. auch, daß die Meiſter des 16ten und 17ten Jahrhunderts Kunſt und Namen nur fuͤr den Geſang haben und kein bloßes Les- oder Spiel- gedicht, ſo meiſterlich es auch ſey, damit belegen. Das mußte fruͤherhin natuͤrlich anders ſeyn, wo die allgemeine, vermuthlich volksmaͤßige Bedeutung des Worts viel zu nahe lag. Wenn es am Schluß des Laurin heißt, daß die Abenteuer in Ofter- dingens neuer Bearbeitung „ſo meiſterlichen“ ſtehe, ſo wird darum niemand in dieſer Dichtung einen Meiſlerſang unſeres beſtimmten Sinnes finden. 135) So den Reinbot von Doren, Fleck den gu[t]en Conrad, koͤn-
nen wir nicht mit Gewißheit fuͤr Meiſterſinger annehmen, bis ſich etwa auch Lieder von ihnen auffinden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0148" n="138"/> zeigt haben koͤnne, ſo wollte ich damit nichts weniger thun,<lb/> als dieſe ſelbſt fuͤr Meiſterſaͤnge erklaͤren <note place="foot" n="134)">Den Widerſpruch <hi rendition="#aq">in adjecto</hi> zu vermeiden, den mir <hi rendition="#g">Docen</hi><lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 487. Schuld gibt, haͤtte ich freilich nur das Adjectiv: mei-<lb/> ſterlich oder ein anderes Subſtantiv (Meiſterkunſt) gebrauchen<lb/> ſollen! Allein, gegen die Sache entſcheidet u. a. auch, daß die<lb/> Meiſter des 16ten und 17ten Jahrhunderts Kunſt und Namen<lb/> nur fuͤr den <hi rendition="#g">Geſang</hi> haben und kein bloßes Les- oder Spiel-<lb/> gedicht, ſo meiſterlich es auch ſey, damit belegen. Das mußte<lb/> fruͤherhin natuͤrlich anders ſeyn, wo die allgemeine, vermuthlich<lb/> volksmaͤßige Bedeutung des Worts viel zu nahe lag. Wenn<lb/> es am Schluß des Laurin heißt, daß die Abenteuer in Ofter-<lb/> dingens neuer Bearbeitung „ſo meiſterlichen“ ſtehe, ſo wird<lb/> darum niemand in dieſer Dichtung einen Meiſlerſang unſeres<lb/> beſtimmten Sinnes finden.</note>. Hans Sach-<lb/> ſens Schauſpiele ſind gewiß auch keine, ungeachtet darin<lb/> manche Spur der Meiſterſchule zu weiſen waͤre. Die Bemer.<lb/> kung gehoͤrte inzwiſchen gar nicht in unſere ſtreitige Frage-<lb/> Daß ich ferner literariſche Zeugniſſe fuͤr den Meiſterſang eben<lb/> in einigen ſolcher Gedichte gefunden hatte, iſt ſo wenig auf-<lb/> fallend, als wenn in der Comoͤdie von der Singſchule Nach-<lb/> richten daruͤber ſtehen. Es ſcheint gar nicht unmoͤglich, daß<lb/> Rudolf von Montfort ſelbſt kein Meiſterſinger war, (obſchon<lb/> es faſt nicht zu vermuthen,) und einige der von ihm genann-<lb/> ten Meiſter ſind auch deßhalb keine <note place="foot" n="135)">So den Reinbot von Doren, Fleck den gu<supplied>t</supplied>en Conrad, koͤn-<lb/> nen wir nicht mit Gewißheit fuͤr Meiſterſinger annehmen, bis<lb/> ſich etwa auch Lieder von ihnen auffinden.</note>. Wir haben oben<lb/> die allgemeine Bedeutung dieſes Namens geſehen, in welcher<lb/> jeder Verfaſſer eines langen Gedichts ſein oder der Aventure<lb/> Meiſter heißen mag. Meiſter <hi rendition="#g">ſaͤnger</hi> wuͤrde man jedoch ſchwer-<lb/> lich fuͤr einen ſolchen gebraucht finden.</p><lb/> <p>Der fruͤhere Meiſtergeſang war durchaus auf keinen Ge-<lb/> genſtand beſchraͤnkt, er konnte daher auch erzaͤhlende, lange<lb/> Gedichte umfaſſen, und hier waren ihm eigentlich wieder die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [138/0148]
zeigt haben koͤnne, ſo wollte ich damit nichts weniger thun,
als dieſe ſelbſt fuͤr Meiſterſaͤnge erklaͤren 134). Hans Sach-
ſens Schauſpiele ſind gewiß auch keine, ungeachtet darin
manche Spur der Meiſterſchule zu weiſen waͤre. Die Bemer.
kung gehoͤrte inzwiſchen gar nicht in unſere ſtreitige Frage-
Daß ich ferner literariſche Zeugniſſe fuͤr den Meiſterſang eben
in einigen ſolcher Gedichte gefunden hatte, iſt ſo wenig auf-
fallend, als wenn in der Comoͤdie von der Singſchule Nach-
richten daruͤber ſtehen. Es ſcheint gar nicht unmoͤglich, daß
Rudolf von Montfort ſelbſt kein Meiſterſinger war, (obſchon
es faſt nicht zu vermuthen,) und einige der von ihm genann-
ten Meiſter ſind auch deßhalb keine 135). Wir haben oben
die allgemeine Bedeutung dieſes Namens geſehen, in welcher
jeder Verfaſſer eines langen Gedichts ſein oder der Aventure
Meiſter heißen mag. Meiſter ſaͤnger wuͤrde man jedoch ſchwer-
lich fuͤr einen ſolchen gebraucht finden.
Der fruͤhere Meiſtergeſang war durchaus auf keinen Ge-
genſtand beſchraͤnkt, er konnte daher auch erzaͤhlende, lange
Gedichte umfaſſen, und hier waren ihm eigentlich wieder die
134) Den Widerſpruch in adjecto zu vermeiden, den mir Docen
p. 487. Schuld gibt, haͤtte ich freilich nur das Adjectiv: mei-
ſterlich oder ein anderes Subſtantiv (Meiſterkunſt) gebrauchen
ſollen! Allein, gegen die Sache entſcheidet u. a. auch, daß die
Meiſter des 16ten und 17ten Jahrhunderts Kunſt und Namen
nur fuͤr den Geſang haben und kein bloßes Les- oder Spiel-
gedicht, ſo meiſterlich es auch ſey, damit belegen. Das mußte
fruͤherhin natuͤrlich anders ſeyn, wo die allgemeine, vermuthlich
volksmaͤßige Bedeutung des Worts viel zu nahe lag. Wenn
es am Schluß des Laurin heißt, daß die Abenteuer in Ofter-
dingens neuer Bearbeitung „ſo meiſterlichen“ ſtehe, ſo wird
darum niemand in dieſer Dichtung einen Meiſlerſang unſeres
beſtimmten Sinnes finden.
135) So den Reinbot von Doren, Fleck den guten Conrad, koͤn-
nen wir nicht mit Gewißheit fuͤr Meiſterſinger annehmen, bis
ſich etwa auch Lieder von ihnen auffinden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |