Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

kommst, mußt du deinen Hut abziehen.' 'Ach Herr,' antwortete er, 'ich kann nicht, ich habe einen bösen Grind auf dem Kopf.' Da ließ der König den Koch herbei rufen, schalt ihn und fragte wie er einen solchen Jungen hätte in seinen Dienst nehmen können; er sollte ihn gleich fortjagen. Der Koch aber hatte Mitleiden mit ihm und vertauschte ihn mit dem Gärtnerjungen.

Nun mußte der Junge im Garten pflanzen und begießen, hacken und graben, und Wind und böses Wetter über sich ergehen lassen. Einmal im Sommer als er allein im Garten arbeitete, war der Tag so heiß daß er sein Hütchen abnahm und die Luft ihn kühlen sollte. Wie die Sonne auf das Haar schien, glitzte und blitzte es daß die Strahlen in das Schlafzimmer der Königstochter fielen, und sie aufsprang um zu sehen was das wäre. Da erblickte sie den Jungen und rief ihn an 'Junge, bring mir einen Blumenstrauß.' Er setzte in aller Eile sein Hütchen auf, brach wilde Feldblumen ab und band sie zusammen. Als er damit die Treppe hinauf stieg, begegnete ihm der Gärtner und sprach 'wie kannst du der Königstochter einen Strauß von schlechten Blumen bringen? geschwind hole andere, und suche die schönsten und seltensten aus.' 'Ach nein,' antwortete der Junge, die wilden riechen kräftiger und werden ihr besser gefallen.' Als er in ihr Zimmer kam, sprach die Königstochter 'nimm dein Hütchcn ab, es ziemt sich nicht daß du ihn vor mir auf behältst.' Er antwortete wieder 'ich darf nicht, ich habe einen grindigen Kopf.' Sie griff aber nach dem Hütchen und zog es ab, da rollten seine goldenen Haare auf die Schultern herab, das es prächtig anzusehen war. Er wollte fortspringen, aber sie hielt ihn am

kommst, mußt du deinen Hut abziehen.’ ‘Ach Herr,’ antwortete er, ‘ich kann nicht, ich habe einen bösen Grind auf dem Kopf.’ Da ließ der König den Koch herbei rufen, schalt ihn und fragte wie er einen solchen Jungen hätte in seinen Dienst nehmen können; er sollte ihn gleich fortjagen. Der Koch aber hatte Mitleiden mit ihm und vertauschte ihn mit dem Gärtnerjungen.

Nun mußte der Junge im Garten pflanzen und begießen, hacken und graben, und Wind und böses Wetter über sich ergehen lassen. Einmal im Sommer als er allein im Garten arbeitete, war der Tag so heiß daß er sein Hütchen abnahm und die Luft ihn kühlen sollte. Wie die Sonne auf das Haar schien, glitzte und blitzte es daß die Strahlen in das Schlafzimmer der Königstochter fielen, und sie aufsprang um zu sehen was das wäre. Da erblickte sie den Jungen und rief ihn an ‘Junge, bring mir einen Blumenstrauß.’ Er setzte in aller Eile sein Hütchen auf, brach wilde Feldblumen ab und band sie zusammen. Als er damit die Treppe hinauf stieg, begegnete ihm der Gärtner und sprach ‘wie kannst du der Königstochter einen Strauß von schlechten Blumen bringen? geschwind hole andere, und suche die schönsten und seltensten aus.’ ‘Ach nein,’ antwortete der Junge, die wilden riechen kräftiger und werden ihr besser gefallen.’ Als er in ihr Zimmer kam, sprach die Königstochter ‘nimm dein Hütchcn ab, es ziemt sich nicht daß du ihn vor mir auf behältst.’ Er antwortete wieder ‘ich darf nicht, ich habe einen grindigen Kopf.’ Sie griff aber nach dem Hütchen und zog es ab, da rollten seine goldenen Haare auf die Schultern herab, das es prächtig anzusehen war. Er wollte fortspringen, aber sie hielt ihn am

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0298" n="286"/>
kommst, mußt du deinen Hut abziehen.&#x2019; &#x2018;Ach Herr,&#x2019; antwortete er, &#x2018;ich kann nicht, ich habe einen bösen Grind auf dem Kopf.&#x2019; Da ließ der König den Koch herbei rufen, schalt ihn und fragte wie er einen solchen Jungen hätte in seinen Dienst nehmen können; er sollte ihn gleich fortjagen. Der Koch aber hatte Mitleiden mit ihm und vertauschte ihn mit dem Gärtnerjungen.</p><lb/>
        <p>Nun mußte der Junge im Garten pflanzen und begießen, hacken und graben, und Wind und böses Wetter über sich ergehen lassen. Einmal im Sommer als er allein im Garten arbeitete, war der Tag so heiß daß er sein Hütchen abnahm und die Luft ihn kühlen sollte. Wie die Sonne auf das Haar schien, glitzte und blitzte es daß die Strahlen in das Schlafzimmer der Königstochter fielen, und sie aufsprang um zu sehen was das wäre. Da erblickte sie den Jungen und rief ihn an &#x2018;Junge, bring mir einen Blumenstrauß.&#x2019; Er setzte in aller Eile sein Hütchen auf, brach wilde Feldblumen ab und band sie zusammen. Als er damit die Treppe hinauf stieg, begegnete ihm der Gärtner und sprach &#x2018;wie kannst du der Königstochter einen Strauß von schlechten Blumen bringen? geschwind hole andere, und suche die schönsten und seltensten aus.&#x2019; &#x2018;Ach nein,&#x2019; antwortete der Junge, die wilden riechen kräftiger und werden ihr besser gefallen.&#x2019; Als er in ihr Zimmer kam, sprach die Königstochter &#x2018;nimm dein Hütchcn ab, es ziemt sich nicht daß du ihn vor mir auf behältst.&#x2019; Er antwortete wieder &#x2018;ich darf nicht, ich habe einen grindigen Kopf.&#x2019; Sie griff aber nach dem Hütchen und zog es ab, da rollten seine goldenen Haare auf die Schultern herab, das es prächtig anzusehen war. Er wollte fortspringen, aber sie hielt ihn am
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0298] kommst, mußt du deinen Hut abziehen.’ ‘Ach Herr,’ antwortete er, ‘ich kann nicht, ich habe einen bösen Grind auf dem Kopf.’ Da ließ der König den Koch herbei rufen, schalt ihn und fragte wie er einen solchen Jungen hätte in seinen Dienst nehmen können; er sollte ihn gleich fortjagen. Der Koch aber hatte Mitleiden mit ihm und vertauschte ihn mit dem Gärtnerjungen. Nun mußte der Junge im Garten pflanzen und begießen, hacken und graben, und Wind und böses Wetter über sich ergehen lassen. Einmal im Sommer als er allein im Garten arbeitete, war der Tag so heiß daß er sein Hütchen abnahm und die Luft ihn kühlen sollte. Wie die Sonne auf das Haar schien, glitzte und blitzte es daß die Strahlen in das Schlafzimmer der Königstochter fielen, und sie aufsprang um zu sehen was das wäre. Da erblickte sie den Jungen und rief ihn an ‘Junge, bring mir einen Blumenstrauß.’ Er setzte in aller Eile sein Hütchen auf, brach wilde Feldblumen ab und band sie zusammen. Als er damit die Treppe hinauf stieg, begegnete ihm der Gärtner und sprach ‘wie kannst du der Königstochter einen Strauß von schlechten Blumen bringen? geschwind hole andere, und suche die schönsten und seltensten aus.’ ‘Ach nein,’ antwortete der Junge, die wilden riechen kräftiger und werden ihr besser gefallen.’ Als er in ihr Zimmer kam, sprach die Königstochter ‘nimm dein Hütchcn ab, es ziemt sich nicht daß du ihn vor mir auf behältst.’ Er antwortete wieder ‘ich darf nicht, ich habe einen grindigen Kopf.’ Sie griff aber nach dem Hütchen und zog es ab, da rollten seine goldenen Haare auf die Schultern herab, das es prächtig anzusehen war. Er wollte fortspringen, aber sie hielt ihn am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/298
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/298>, abgerufen am 22.11.2024.