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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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und da der Königssohn eben beschäftigt war seine Kleider wieder anzuziehen, faßte er ihn und stach ihm beide Augen aus.

Nun war der arme Königssohn blind und stand da und wußte sich nicht zu helfen. Da trat der Riese wieder zu ihm und hatte Böses im Sinn. Schweigend faßte er den Blinden bei der Hand, wie jemand der ihn leiten wollte; so führte er ihn fort auf die Spitze eines hohen Felsens. Da verließ er ihn und dachte, wenn er noch ein paar Schritte geht, so stürzt er sich todt und ich kann ihm den Ring abnehmen. Aber der treue Löwe hatte seinen Herrn nicht verlassen, hielt ihn am Kleide fest und zog ihn allmälig wieder zurück. Als der Riese zurück kam und den Todten berauben wollte, da fand er ihn gerettet. "Jst denn ein so schwaches Menschenkind nicht zu verderben!" sprach er zornig zu sich selbst, faßte den Königssohn und führte ihn zum zweitenmal auf einem andern Weg zum Abgrund; aber der Löwe, der die böse Absicht merkte, half seinem Herrn treulich aus der Gefahr. Als sie bis zum Rand gekommen waren und der Riese die Hand des Königssohns fahren ließ, um ihn allein zurückzulassen, da sprang der Löwe mit aller Macht gegen ihn, daß das Ungeheuer hinabstürzte und ganz zerschmettert wurde.

Darnach zog er seinen Herrn wieder herab und leitete ihn zu einem Baum, an dem ein klarer Bach floß. Der Königssohn setzte sich da nieder, der Löwe aber legte sich an das Wasser und spritzte, so gut er konnte, ihm davon ins Antlitz. Ein paar Tröpfchen trafen auch glücklich die Augen und benetzten sie, und der Königssohn merkte, daß sein Gesicht etwas wiederkam, denn

und da der Koͤnigssohn eben beschaͤftigt war seine Kleider wieder anzuziehen, faßte er ihn und stach ihm beide Augen aus.

Nun war der arme Koͤnigssohn blind und stand da und wußte sich nicht zu helfen. Da trat der Riese wieder zu ihm und hatte Boͤses im Sinn. Schweigend faßte er den Blinden bei der Hand, wie jemand der ihn leiten wollte; so fuͤhrte er ihn fort auf die Spitze eines hohen Felsens. Da verließ er ihn und dachte, wenn er noch ein paar Schritte geht, so stuͤrzt er sich todt und ich kann ihm den Ring abnehmen. Aber der treue Loͤwe hatte seinen Herrn nicht verlassen, hielt ihn am Kleide fest und zog ihn allmaͤlig wieder zuruͤck. Als der Riese zuruͤck kam und den Todten berauben wollte, da fand er ihn gerettet. „Jst denn ein so schwaches Menschenkind nicht zu verderben!“ sprach er zornig zu sich selbst, faßte den Koͤnigssohn und fuͤhrte ihn zum zweitenmal auf einem andern Weg zum Abgrund; aber der Loͤwe, der die boͤse Absicht merkte, half seinem Herrn treulich aus der Gefahr. Als sie bis zum Rand gekommen waren und der Riese die Hand des Koͤnigssohns fahren ließ, um ihn allein zuruͤckzulassen, da sprang der Loͤwe mit aller Macht gegen ihn, daß das Ungeheuer hinabstuͤrzte und ganz zerschmettert wurde.

Darnach zog er seinen Herrn wieder herab und leitete ihn zu einem Baum, an dem ein klarer Bach floß. Der Koͤnigssohn setzte sich da nieder, der Loͤwe aber legte sich an das Wasser und spritzte, so gut er konnte, ihm davon ins Antlitz. Ein paar Troͤpfchen trafen auch gluͤcklich die Augen und benetzten sie, und der Koͤnigssohn merkte, daß sein Gesicht etwas wiederkam, denn

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[168/0246] und da der Koͤnigssohn eben beschaͤftigt war seine Kleider wieder anzuziehen, faßte er ihn und stach ihm beide Augen aus. Nun war der arme Koͤnigssohn blind und stand da und wußte sich nicht zu helfen. Da trat der Riese wieder zu ihm und hatte Boͤses im Sinn. Schweigend faßte er den Blinden bei der Hand, wie jemand der ihn leiten wollte; so fuͤhrte er ihn fort auf die Spitze eines hohen Felsens. Da verließ er ihn und dachte, wenn er noch ein paar Schritte geht, so stuͤrzt er sich todt und ich kann ihm den Ring abnehmen. Aber der treue Loͤwe hatte seinen Herrn nicht verlassen, hielt ihn am Kleide fest und zog ihn allmaͤlig wieder zuruͤck. Als der Riese zuruͤck kam und den Todten berauben wollte, da fand er ihn gerettet. „Jst denn ein so schwaches Menschenkind nicht zu verderben!“ sprach er zornig zu sich selbst, faßte den Koͤnigssohn und fuͤhrte ihn zum zweitenmal auf einem andern Weg zum Abgrund; aber der Loͤwe, der die boͤse Absicht merkte, half seinem Herrn treulich aus der Gefahr. Als sie bis zum Rand gekommen waren und der Riese die Hand des Koͤnigssohns fahren ließ, um ihn allein zuruͤckzulassen, da sprang der Loͤwe mit aller Macht gegen ihn, daß das Ungeheuer hinabstuͤrzte und ganz zerschmettert wurde. Darnach zog er seinen Herrn wieder herab und leitete ihn zu einem Baum, an dem ein klarer Bach floß. Der Koͤnigssohn setzte sich da nieder, der Loͤwe aber legte sich an das Wasser und spritzte, so gut er konnte, ihm davon ins Antlitz. Ein paar Troͤpfchen trafen auch gluͤcklich die Augen und benetzten sie, und der Koͤnigssohn merkte, daß sein Gesicht etwas wiederkam, denn

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/246>, abgerufen am 24.11.2024.