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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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dem Kaufmann ward, so daß man ihm die Angst
im Gesicht sehen konnte. Da fragte ihn der
Sohn einmal, was ihm fehle; der Vater wollt'
es nicht sagen, aber er hielt so lange an, bis er
ihm endlich sagte, er habe ihn ohne daß er es ge-
wußt, einem schwarzen Männchen versprochen
für vieles Geld und habe seine Handschrift mit
Siegel darüber gegeben, und nun müsse er ihn,
wenn zwölf Jahre jetzt herum wären, ausliefern.
Da sprach der Sohn: "o Vater, laßt euch nicht
bang seyn, das soll schon gut werden, der Schwarze
hat keine Macht über mich."

Da ließ sich der Sohn von dem Geistlichen
segnen und als die Stunde kam, gingen sie zu-
sammen hinaus auf den Acker und der Sohn
machte einen Kreis und stellte sich mit seinem Va-
ter hinein. Da kam das schwarze Männchen
und sprach zu dem Alten: "hast du, was du mir
versprochen hast?" der schwieg aber still und der
Sohn sprach: "was willst du hier?" Da sagte
das schwarze Männchen: "ich habe mit deinem
Vater zu sprechen und nicht mit dir." -- Der
Sohn sprach: "Du hast meinen Vater betrogen
und verführt, gib die Handschrift heraus." --
"Nein, sagte das schwarze Männchen, mein Recht
geb ich nicht auf." Da redeten sie noch lange
miteinander, endlich wurden sie einig, der Sohn,
weil er nicht dem Erbfeind und nicht mehr
seinem Vater zugehöre, solle sich in ein Schiffchen

dem Kaufmann ward, ſo daß man ihm die Angſt
im Geſicht ſehen konnte. Da fragte ihn der
Sohn einmal, was ihm fehle; der Vater wollt’
es nicht ſagen, aber er hielt ſo lange an, bis er
ihm endlich ſagte, er habe ihn ohne daß er es ge-
wußt, einem ſchwarzen Maͤnnchen verſprochen
fuͤr vieles Geld und habe ſeine Handſchrift mit
Siegel daruͤber gegeben, und nun muͤſſe er ihn,
wenn zwoͤlf Jahre jetzt herum waͤren, ausliefern.
Da ſprach der Sohn: „o Vater, laßt euch nicht
bang ſeyn, das ſoll ſchon gut werden, der Schwarze
hat keine Macht uͤber mich.“

Da ließ ſich der Sohn von dem Geiſtlichen
ſegnen und als die Stunde kam, gingen ſie zu-
ſammen hinaus auf den Acker und der Sohn
machte einen Kreis und ſtellte ſich mit ſeinem Va-
ter hinein. Da kam das ſchwarze Maͤnnchen
und ſprach zu dem Alten: „haſt du, was du mir
verſprochen haſt?“ der ſchwieg aber ſtill und der
Sohn ſprach: „was willſt du hier?“ Da ſagte
das ſchwarze Maͤnnchen: „ich habe mit deinem
Vater zu ſprechen und nicht mit dir.“ — Der
Sohn ſprach: „Du haſt meinen Vater betrogen
und verfuͤhrt, gib die Handſchrift heraus.“ —
„Nein, ſagte das ſchwarze Maͤnnchen, mein Recht
geb ich nicht auf.“ Da redeten ſie noch lange
miteinander, endlich wurden ſie einig, der Sohn,
weil er nicht dem Erbfeind und nicht mehr
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[46/0067] dem Kaufmann ward, ſo daß man ihm die Angſt im Geſicht ſehen konnte. Da fragte ihn der Sohn einmal, was ihm fehle; der Vater wollt’ es nicht ſagen, aber er hielt ſo lange an, bis er ihm endlich ſagte, er habe ihn ohne daß er es ge- wußt, einem ſchwarzen Maͤnnchen verſprochen fuͤr vieles Geld und habe ſeine Handſchrift mit Siegel daruͤber gegeben, und nun muͤſſe er ihn, wenn zwoͤlf Jahre jetzt herum waͤren, ausliefern. Da ſprach der Sohn: „o Vater, laßt euch nicht bang ſeyn, das ſoll ſchon gut werden, der Schwarze hat keine Macht uͤber mich.“ Da ließ ſich der Sohn von dem Geiſtlichen ſegnen und als die Stunde kam, gingen ſie zu- ſammen hinaus auf den Acker und der Sohn machte einen Kreis und ſtellte ſich mit ſeinem Va- ter hinein. Da kam das ſchwarze Maͤnnchen und ſprach zu dem Alten: „haſt du, was du mir verſprochen haſt?“ der ſchwieg aber ſtill und der Sohn ſprach: „was willſt du hier?“ Da ſagte das ſchwarze Maͤnnchen: „ich habe mit deinem Vater zu ſprechen und nicht mit dir.“ — Der Sohn ſprach: „Du haſt meinen Vater betrogen und verfuͤhrt, gib die Handſchrift heraus.“ — „Nein, ſagte das ſchwarze Maͤnnchen, mein Recht geb ich nicht auf.“ Da redeten ſie noch lange miteinander, endlich wurden ſie einig, der Sohn, weil er nicht dem Erbfeind und nicht mehr ſeinem Vater zugehoͤre, ſolle ſich in ein Schiffchen

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/67>, abgerufen am 09.05.2024.