eine graue Katze bei einem Topf am Feuer und kochte. Sie gingen weiter und fanden viele präch- tige Zimmer, die waren alle leer, in einem aber stand ein Tisch mit Essen und Trinken reichlich besetzt. Weil sie nun großen Hunger hatten, machten sie sich daran und ließen sich's gut schmecken. Dar- nach sprach der Soldat: "wenn du gegessen hast und satt worden bist, sollst du schlafen gehen!" machte eine Kammer auf, darin standen zwei schöne Betten. Sie legten sich, aber als sie eben einschlafen wollten, fiel dem Furchtsamen ein, daß sie noch nicht gebetet hätten, da stand er auf und sah in der Wand einen Schrank, den schloß er auf und war da ein Crucifix mit zwei Gebetbü- chern dabei. Gleich weckte er den Soldaten, daß er aufstehen mußte und sie knieten beide nieder und thaten ihr Gebet; darnach schliefen sie ruhig ein. Am andern Morgen kriegte der Soldat einen heftigen Stoß, daß er in die Höhe fuhr: "du, was schlägst du mich" rief er dem andern zu, der aber hatte auch einen Stoß gekriegt und sprach: "was stößt du mich, ich stoß dich nicht!" Da sagte der Soldat: "es wird wohl ein Zeichen seyn, daß wir hervor sollen." Wie sie nun heraus- kamen, stand schon ein Frühstück auf dem Tisch, der Furchtsame sprach aber: "eh' wir es anrüh- ren, wollen wir erst nach einem Menschen suchen." "Ja, sagte der Soldat, ich mein' auch immer, die
eine graue Katze bei einem Topf am Feuer und kochte. Sie gingen weiter und fanden viele praͤch- tige Zimmer, die waren alle leer, in einem aber ſtand ein Tiſch mit Eſſen und Trinken reichlich beſetzt. Weil ſie nun großen Hunger hatten, machten ſie ſich daran und ließen ſich’s gut ſchmecken. Dar- nach ſprach der Soldat: „wenn du gegeſſen haſt und ſatt worden biſt, ſollſt du ſchlafen gehen!“ machte eine Kammer auf, darin ſtanden zwei ſchoͤne Betten. Sie legten ſich, aber als ſie eben einſchlafen wollten, fiel dem Furchtſamen ein, daß ſie noch nicht gebetet haͤtten, da ſtand er auf und ſah in der Wand einen Schrank, den ſchloß er auf und war da ein Crucifix mit zwei Gebetbuͤ- chern dabei. Gleich weckte er den Soldaten, daß er aufſtehen mußte und ſie knieten beide nieder und thaten ihr Gebet; darnach ſchliefen ſie ruhig ein. Am andern Morgen kriegte der Soldat einen heftigen Stoß, daß er in die Hoͤhe fuhr: „du, was ſchlaͤgſt du mich“ rief er dem andern zu, der aber hatte auch einen Stoß gekriegt und ſprach: „was ſtoͤßt du mich, ich ſtoß dich nicht!“ Da ſagte der Soldat: „es wird wohl ein Zeichen ſeyn, daß wir hervor ſollen.“ Wie ſie nun heraus- kamen, ſtand ſchon ein Fruͤhſtuͤck auf dem Tiſch, der Furchtſame ſprach aber: „eh’ wir es anruͤh- ren, wollen wir erſt nach einem Menſchen ſuchen.“ „Ja, ſagte der Soldat, ich mein’ auch immer, die
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eine graue Katze bei einem Topf am Feuer und
kochte. Sie gingen weiter und fanden viele praͤch-
tige Zimmer, die waren alle leer, in einem aber
ſtand ein Tiſch mit Eſſen und Trinken reichlich beſetzt.
Weil ſie nun großen Hunger hatten, machten ſie
ſich daran und ließen ſich’s gut ſchmecken. Dar-
nach ſprach der Soldat: „wenn du gegeſſen haſt
und ſatt worden biſt, ſollſt du ſchlafen gehen!“
machte eine Kammer auf, darin ſtanden zwei
ſchoͤne Betten. Sie legten ſich, aber als ſie eben
einſchlafen wollten, fiel dem Furchtſamen ein, daß
ſie noch nicht gebetet haͤtten, da ſtand er auf und
ſah in der Wand einen Schrank, den ſchloß er
auf und war da ein Crucifix mit zwei Gebetbuͤ-
chern dabei. Gleich weckte er den Soldaten, daß
er aufſtehen mußte und ſie knieten beide nieder
und thaten ihr Gebet; darnach ſchliefen ſie ruhig
ein. Am andern Morgen kriegte der Soldat
einen heftigen Stoß, daß er in die Hoͤhe fuhr:
„du, was ſchlaͤgſt du mich“ rief er dem andern
zu, der aber hatte auch einen Stoß gekriegt und
ſprach: „was ſtoͤßt du mich, ich ſtoß dich nicht!“
Da ſagte der Soldat: „es wird wohl ein Zeichen
ſeyn, daß wir hervor ſollen.“ Wie ſie nun heraus-
kamen, ſtand ſchon ein Fruͤhſtuͤck auf dem Tiſch,
der Furchtſame ſprach aber: „eh’ wir es anruͤh-
ren, wollen wir erſt nach einem Menſchen ſuchen.“
„Ja, ſagte der Soldat, ich mein’ auch immer, die
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/250>, abgerufen am 19.12.2024.
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