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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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Katze hätt's gekocht und eingebrockt, da vergeht
mir alle Lust."

Sie gingen also wieder von unten bis oben
durch's Schloß, fanden aber keine Seele, endlich
sagte der Soldat: "wir wollen auch in den Keller
steigen." Wie sie die Treppe herunter waren,
sahen sie vor dem ersten Keller eine alte Frau
sitzen; sie redeten sie an und sprachen: "guten
Tag! hat sie uns das gute Essen gekocht?" --
"Ja, Kinder, hat's euch geschmeckt?" Da gin-
gen sie weiter und kamen zum zweiten Keller,
davor saß ein Jüngling von 14 Jahren, den
grüßten sie auch, er gab ihnen aber keine Antwort.
Endlich kamen sie in den dritten Keller, davor saß
ein Mädchen von zwölf Jahren, das antwortete
ihnen auch nicht auf ihren Gruß. Sie gingen
noch weiter durch alle Keller, fanden aber weiter
niemand. Wie sie nun wieder zurückkamen, war
das Mädchen von seinem Sitz aufgestanden, da
sagten sie zu ihm: "willst du mit uns hinaufge-
hen?" Es sprach aber: "ist der rothe Schwan
noch oben auf dem Teich?" -- "Ja, wir haben
ihn beim Eingang gesehen." -- "Das ist traurig,
so kann ich nicht mitgehen." Der Jüngling war
auch aufgestanden und als sie zu ihm kamen,
fragten sie ihn: "willst du mit uns hinauf gehen?"
Er aber sprach: "ist der schwarze Hund noch
auf dem Hof?" -- "Ja, wir haben ihn beim
Eingang gesehen." -- "Das ist traurig, so kann

Katze haͤtt’s gekocht und eingebrockt, da vergeht
mir alle Luſt.“

Sie gingen alſo wieder von unten bis oben
durch’s Schloß, fanden aber keine Seele, endlich
ſagte der Soldat: „wir wollen auch in den Keller
ſteigen.“ Wie ſie die Treppe herunter waren,
ſahen ſie vor dem erſten Keller eine alte Frau
ſitzen; ſie redeten ſie an und ſprachen: „guten
Tag! hat ſie uns das gute Eſſen gekocht?“ —
„Ja, Kinder, hat’s euch geſchmeckt?“ Da gin-
gen ſie weiter und kamen zum zweiten Keller,
davor ſaß ein Juͤngling von 14 Jahren, den
gruͤßten ſie auch, er gab ihnen aber keine Antwort.
Endlich kamen ſie in den dritten Keller, davor ſaß
ein Maͤdchen von zwoͤlf Jahren, das antwortete
ihnen auch nicht auf ihren Gruß. Sie gingen
noch weiter durch alle Keller, fanden aber weiter
niemand. Wie ſie nun wieder zuruͤckkamen, war
das Maͤdchen von ſeinem Sitz aufgeſtanden, da
ſagten ſie zu ihm: „willſt du mit uns hinaufge-
hen?“ Es ſprach aber: „iſt der rothe Schwan
noch oben auf dem Teich?“ — „Ja, wir haben
ihn beim Eingang geſehen.“ — „Das iſt traurig,
ſo kann ich nicht mitgehen.“ Der Juͤngling war
auch aufgeſtanden und als ſie zu ihm kamen,
fragten ſie ihn: „willſt du mit uns hinauf gehen?“
Er aber ſprach: „iſt der ſchwarze Hund noch
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[230/0251] Katze haͤtt’s gekocht und eingebrockt, da vergeht mir alle Luſt.“ Sie gingen alſo wieder von unten bis oben durch’s Schloß, fanden aber keine Seele, endlich ſagte der Soldat: „wir wollen auch in den Keller ſteigen.“ Wie ſie die Treppe herunter waren, ſahen ſie vor dem erſten Keller eine alte Frau ſitzen; ſie redeten ſie an und ſprachen: „guten Tag! hat ſie uns das gute Eſſen gekocht?“ — „Ja, Kinder, hat’s euch geſchmeckt?“ Da gin- gen ſie weiter und kamen zum zweiten Keller, davor ſaß ein Juͤngling von 14 Jahren, den gruͤßten ſie auch, er gab ihnen aber keine Antwort. Endlich kamen ſie in den dritten Keller, davor ſaß ein Maͤdchen von zwoͤlf Jahren, das antwortete ihnen auch nicht auf ihren Gruß. Sie gingen noch weiter durch alle Keller, fanden aber weiter niemand. Wie ſie nun wieder zuruͤckkamen, war das Maͤdchen von ſeinem Sitz aufgeſtanden, da ſagten ſie zu ihm: „willſt du mit uns hinaufge- hen?“ Es ſprach aber: „iſt der rothe Schwan noch oben auf dem Teich?“ — „Ja, wir haben ihn beim Eingang geſehen.“ — „Das iſt traurig, ſo kann ich nicht mitgehen.“ Der Juͤngling war auch aufgeſtanden und als ſie zu ihm kamen, fragten ſie ihn: „willſt du mit uns hinauf gehen?“ Er aber ſprach: „iſt der ſchwarze Hund noch auf dem Hof?“ — „Ja, wir haben ihn beim Eingang geſehen.“ — „Das iſt traurig, ſo kann

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/251>, abgerufen am 17.09.2024.