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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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und sprach 'lege dich neben mich, ich muß ein wenig schlafen, und wenn was kommt, so wecke mich auf.' Da setzte sich der Hase neben ihn, aber der arme Has war auch müde, und hatte niemand, den er zur Wache herbeirufen konnte, und schlief ein. Da schlief nun die Königstochter, der Jäger, der Löwe, der Bär, der Wolf, der Fuchs und der Has, und schliefen alle einen festen Schlaf.

Der Marschall aber, der von weitem hatte zuschauen sollen, als er den Drachen nicht mit der Jungfrau fortfliegen sah, und alles auf dem Berg ruhig ward, nahm sich ein Herz, und stieg hinauf. Da lag der Drache zerstückt und zerrissen auf der Erde, und nicht weit davon die Königstochter und ein Jäger mit seinen Thieren, die waren alle in tiefen Schlaf versunken. Und weil er bös und gottlos war, so nahm er sein Schwert und hieb dem Jäger das Haupt ab, und faßte die Jungfrau auf den Arm, und trug sie den Berg hinab. Da erwachte sie und erschrak, aber der Marschall sprach 'du bist in meinen Händen, du sollst sagen daß ich es gewesen bin, der den Drachen getödtet hat.' 'Das kann ich nicht,' antwortete sie, 'denn ein Jäger mit seinen Thieren hats gethan.' Da zog er sein Schwert, und drohte sie zu tödten, wo sie ihm nicht gehorchte, und zwang sie damit daß sie es versprach. Darauf brachte er sie vor den König, der sich vor Freuden nicht zu lassen wußte, als er sein liebes Kind wieder lebend erblickte, das er von dem Unthier zerrissen glaubte. Der Marschall sprach zu ihm 'ich habe den Drachen getödtet, und die Jungfrau und das ganze Reich befreit, darum fordere ich sie zur Gemahlin, so wie es zugesagt ist.' Der König fragte die Jungfrau 'ist das wahr,

und sprach ‘lege dich neben mich, ich muß ein wenig schlafen, und wenn was kommt, so wecke mich auf.’ Da setzte sich der Hase neben ihn, aber der arme Has war auch müde, und hatte niemand, den er zur Wache herbeirufen konnte, und schlief ein. Da schlief nun die Königstochter, der Jäger, der Löwe, der Bär, der Wolf, der Fuchs und der Has, und schliefen alle einen festen Schlaf.

Der Marschall aber, der von weitem hatte zuschauen sollen, als er den Drachen nicht mit der Jungfrau fortfliegen sah, und alles auf dem Berg ruhig ward, nahm sich ein Herz, und stieg hinauf. Da lag der Drache zerstückt und zerrissen auf der Erde, und nicht weit davon die Königstochter und ein Jäger mit seinen Thieren, die waren alle in tiefen Schlaf versunken. Und weil er bös und gottlos war, so nahm er sein Schwert und hieb dem Jäger das Haupt ab, und faßte die Jungfrau auf den Arm, und trug sie den Berg hinab. Da erwachte sie und erschrak, aber der Marschall sprach ‘du bist in meinen Händen, du sollst sagen daß ich es gewesen bin, der den Drachen getödtet hat.’ ‘Das kann ich nicht,’ antwortete sie, ‘denn ein Jäger mit seinen Thieren hats gethan.’ Da zog er sein Schwert, und drohte sie zu tödten, wo sie ihm nicht gehorchte, und zwang sie damit daß sie es versprach. Darauf brachte er sie vor den König, der sich vor Freuden nicht zu lassen wußte, als er sein liebes Kind wieder lebend erblickte, das er von dem Unthier zerrissen glaubte. Der Marschall sprach zu ihm ‘ich habe den Drachen getödtet, und die Jungfrau und das ganze Reich befreit, darum fordere ich sie zur Gemahlin, so wie es zugesagt ist.’ Der König fragte die Jungfrau ‘ist das wahr,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/410>, abgerufen am 10.05.2024.