Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche und that alle schlechte Arbeit. Da lebte Allerlei-Rauh lange Zeit recht armselig. Ach! du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch: "darf ich ein wenig hinaufgehen und zusehen; ich will mich außen vor die Thüre stellen." Antwortete der Koch: "ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn und die Asche zusammentragen." Da nahm sie ihr Oehllämpchen, ging in ihr Ställchen und zog den Pelzrock aus und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, daß ihre Schönheit hervorkam, recht wie die Sonne aus den Wolken. Dann machte sie die Nuß auf und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, ging sie hinauf zum Fest und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie und meinten nicht anders, als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen und reichte ihr die Hand und tanzte mit ihr und dachte in seinem Herzen: "so schön habe ich noch keine gesehen." Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich und wie sich der König umsah, war sie verschwunden und niemand wußte wohin. Die Wächter wurden gerufen, die vor dem Schlosse standen, aber sie hatten niemand erblickt. Sie war aber in ihr Ställchen gelaufen, hatte geschwind ihr Kleid ausgezogen, Gesicht und Hände schwarz gemacht und den Pelzmantel umgethan, und war wieder Allerlei-Rauh. Als sie nun in die Küche kam und an ihre Arbeit gehen und die Asche Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemuͤs, kehrte die Asche und that alle schlechte Arbeit. Da lebte Allerlei-Rauh lange Zeit recht armselig. Ach! du schoͤne Koͤnigstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch: „darf ich ein wenig hinaufgehen und zusehen; ich will mich außen vor die Thuͤre stellen.“ Antwortete der Koch: „ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn und die Asche zusammentragen.“ Da nahm sie ihr Oehllaͤmpchen, ging in ihr Staͤllchen und zog den Pelzrock aus und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Haͤnden ab, daß ihre Schoͤnheit hervorkam, recht wie die Sonne aus den Wolken. Dann machte sie die Nuß auf und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glaͤnzte. Und wie das geschehen war, ging sie hinauf zum Fest und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie und meinten nicht anders, als daß es eine Koͤnigstochter waͤre. Der Koͤnig aber kam ihr entgegen und reichte ihr die Hand und tanzte mit ihr und dachte in seinem Herzen: „so schoͤn habe ich noch keine gesehen.“ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich und wie sich der Koͤnig umsah, war sie verschwunden und niemand wußte wohin. Die Waͤchter wurden gerufen, die vor dem Schlosse standen, aber sie hatten niemand erblickt. Sie war aber in ihr Staͤllchen gelaufen, hatte geschwind ihr Kleid ausgezogen, Gesicht und Haͤnde schwarz gemacht und den Pelzmantel umgethan, und war wieder Allerlei-Rauh. Als sie nun in die Kuͤche kam und an ihre Arbeit gehen und die Asche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0423" n="359"/> Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemuͤs, kehrte die Asche und that alle schlechte Arbeit.</p><lb/> <p>Da lebte Allerlei-Rauh lange Zeit recht armselig. Ach! du schoͤne Koͤnigstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch: „darf ich ein wenig hinaufgehen und zusehen; ich will mich außen vor die Thuͤre stellen.“ Antwortete der Koch: „ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn und die Asche zusammentragen.“ Da nahm sie ihr Oehllaͤmpchen, ging in ihr Staͤllchen und zog den Pelzrock aus und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Haͤnden ab, daß ihre Schoͤnheit hervorkam, recht wie die Sonne aus den Wolken. Dann machte sie die Nuß auf und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glaͤnzte. Und wie das geschehen war, ging sie hinauf zum Fest und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie und meinten nicht anders, als daß es eine Koͤnigstochter waͤre. Der Koͤnig aber kam ihr entgegen und reichte ihr die Hand und tanzte mit ihr und dachte in seinem Herzen: „so schoͤn habe ich noch keine gesehen.“ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich und wie sich der Koͤnig umsah, war sie verschwunden und niemand wußte wohin. Die Waͤchter wurden gerufen, die vor dem Schlosse standen, aber sie hatten niemand erblickt.</p><lb/> <p>Sie war aber in ihr Staͤllchen gelaufen, hatte geschwind ihr Kleid ausgezogen, Gesicht und Haͤnde schwarz gemacht und den Pelzmantel umgethan, und war wieder Allerlei-Rauh. Als sie nun in die Kuͤche kam und an ihre Arbeit gehen und die Asche </p> </div> </body> </text> </TEI> [359/0423]
Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemuͤs, kehrte die Asche und that alle schlechte Arbeit.
Da lebte Allerlei-Rauh lange Zeit recht armselig. Ach! du schoͤne Koͤnigstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch: „darf ich ein wenig hinaufgehen und zusehen; ich will mich außen vor die Thuͤre stellen.“ Antwortete der Koch: „ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn und die Asche zusammentragen.“ Da nahm sie ihr Oehllaͤmpchen, ging in ihr Staͤllchen und zog den Pelzrock aus und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Haͤnden ab, daß ihre Schoͤnheit hervorkam, recht wie die Sonne aus den Wolken. Dann machte sie die Nuß auf und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glaͤnzte. Und wie das geschehen war, ging sie hinauf zum Fest und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie und meinten nicht anders, als daß es eine Koͤnigstochter waͤre. Der Koͤnig aber kam ihr entgegen und reichte ihr die Hand und tanzte mit ihr und dachte in seinem Herzen: „so schoͤn habe ich noch keine gesehen.“ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich und wie sich der Koͤnig umsah, war sie verschwunden und niemand wußte wohin. Die Waͤchter wurden gerufen, die vor dem Schlosse standen, aber sie hatten niemand erblickt.
Sie war aber in ihr Staͤllchen gelaufen, hatte geschwind ihr Kleid ausgezogen, Gesicht und Haͤnde schwarz gemacht und den Pelzmantel umgethan, und war wieder Allerlei-Rauh. Als sie nun in die Kuͤche kam und an ihre Arbeit gehen und die Asche
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |