Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche und sein trübes Oehllämpchen brannte im Schornstein. Denn es war geschwind durch das Taubenhaus gesprungen und zu dem Haselbäumchen gegangen, da hatte es die schönen Kleider ausgethan und aufs Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder weggenommen, es aber hatte sich in seinem grauen Kittelchen in die Küche zur Asche gesetzt. Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach: "Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich!
wirf Gold und Silber über mich!" da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab, als am vorigen Tag. Als es damit auf die Hochzeit kam, erstaunte jedermann über seine Schönheit, der Königssohn aber hatte schon auf es gewartet, nahm es bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Wenn die andern kamen und es aufforderten sprach er: "das ist meine Tänzerin." Als es nun Abend war, wollte es fort und der Königssohn ging mit und wollte sehen, in welches Haus es ginge, aber es sprang ihm fort und in den Garten hinter dem Haus. Darin stand ein schöner, großer Birnbaum voll herrlichem Obst, auf den stieg es gar behend und der Königssohn wußte nicht, wo es hingekommen war. Er wartete aber, bis der Vater kam und sprach zu ihm: "das fremde Mädchen ist mir entwischt und ich glaube, daß es auf den Birnbaum gesprungen ist." Der Vater dachte, sollte es Aschenputtel seyn! und in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche und sein truͤbes Oehllaͤmpchen brannte im Schornstein. Denn es war geschwind durch das Taubenhaus gesprungen und zu dem Haselbaͤumchen gegangen, da hatte es die schoͤnen Kleider ausgethan und aufs Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder weggenommen, es aber hatte sich in seinem grauen Kittelchen in die Kuͤche zur Asche gesetzt. Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach: „Baͤumchen, ruͤttel dich und schuͤttel dich!
wirf Gold und Silber uͤber mich!“ da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab, als am vorigen Tag. Als es damit auf die Hochzeit kam, erstaunte jedermann uͤber seine Schoͤnheit, der Koͤnigssohn aber hatte schon auf es gewartet, nahm es bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Wenn die andern kamen und es aufforderten sprach er: „das ist meine Taͤnzerin.“ Als es nun Abend war, wollte es fort und der Koͤnigssohn ging mit und wollte sehen, in welches Haus es ginge, aber es sprang ihm fort und in den Garten hinter dem Haus. Darin stand ein schoͤner, großer Birnbaum voll herrlichem Obst, auf den stieg es gar behend und der Koͤnigssohn wußte nicht, wo es hingekommen war. Er wartete aber, bis der Vater kam und sprach zu ihm: „das fremde Maͤdchen ist mir entwischt und ich glaube, daß es auf den Birnbaum gesprungen ist.“ Der Vater dachte, sollte es Aschenputtel seyn! und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0183" n="119"/> in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche und sein truͤbes Oehllaͤmpchen brannte im Schornstein. Denn es war geschwind durch das Taubenhaus gesprungen und zu dem Haselbaͤumchen gegangen, da hatte es die schoͤnen Kleider ausgethan und aufs Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder weggenommen, es aber hatte sich in seinem grauen Kittelchen in die Kuͤche zur Asche gesetzt.</p><lb/> <p>Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Baͤumchen, ruͤttel dich und schuͤttel dich!</l><lb/> <l>wirf Gold und Silber uͤber mich!“</l><lb/> </lg> <p>da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab, als am vorigen Tag. Als es damit auf die Hochzeit kam, erstaunte jedermann uͤber seine Schoͤnheit, der Koͤnigssohn aber hatte schon auf es gewartet, nahm es bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Wenn die andern kamen und es aufforderten sprach er: „das ist meine Taͤnzerin.“ Als es nun Abend war, wollte es fort und der Koͤnigssohn ging mit und wollte sehen, in welches Haus es ginge, aber es sprang ihm fort und in den Garten hinter dem Haus. Darin stand ein schoͤner, großer Birnbaum voll herrlichem Obst, auf den stieg es gar behend und der Koͤnigssohn wußte nicht, wo es hingekommen war. Er wartete aber, bis der Vater kam und sprach zu ihm: „das fremde Maͤdchen ist mir entwischt und ich glaube, daß es auf den Birnbaum gesprungen ist.“ Der Vater dachte, sollte es Aschenputtel seyn! und </p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0183]
in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche und sein truͤbes Oehllaͤmpchen brannte im Schornstein. Denn es war geschwind durch das Taubenhaus gesprungen und zu dem Haselbaͤumchen gegangen, da hatte es die schoͤnen Kleider ausgethan und aufs Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder weggenommen, es aber hatte sich in seinem grauen Kittelchen in die Kuͤche zur Asche gesetzt.
Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach:
„Baͤumchen, ruͤttel dich und schuͤttel dich!
wirf Gold und Silber uͤber mich!“
da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab, als am vorigen Tag. Als es damit auf die Hochzeit kam, erstaunte jedermann uͤber seine Schoͤnheit, der Koͤnigssohn aber hatte schon auf es gewartet, nahm es bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Wenn die andern kamen und es aufforderten sprach er: „das ist meine Taͤnzerin.“ Als es nun Abend war, wollte es fort und der Koͤnigssohn ging mit und wollte sehen, in welches Haus es ginge, aber es sprang ihm fort und in den Garten hinter dem Haus. Darin stand ein schoͤner, großer Birnbaum voll herrlichem Obst, auf den stieg es gar behend und der Koͤnigssohn wußte nicht, wo es hingekommen war. Er wartete aber, bis der Vater kam und sprach zu ihm: „das fremde Maͤdchen ist mir entwischt und ich glaube, daß es auf den Birnbaum gesprungen ist.“ Der Vater dachte, sollte es Aschenputtel seyn! und
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/183>, abgerufen am 22.07.2024. |