Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

uns nur schämen." Darauf ging sie mit ihren zwei Töchtern fort.

Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief:

"Bäumchen rüttel dich und schüttel dich!
wirf Gold und Silber über mich!"

da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter, und mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffeln. Das zog es an und ging zur Hochzeit. Jhre Schwestern aber und die Stiefmutter kannten es nicht und meinten es müßt ein fremdes Königsfräulein seyn, so schön sah es in den reichen Kleidern aus. An Aschenputtel dachten sie gar nicht, und glaubten es läg daheim im Schmutz. Der Königssohn kam ihm entgegen und nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte auch mit sonst niemand tanzen, also daß er ihm die Hand nicht los ließ und wenn ein anderer kam, es aufzufordern, sprach er: "das ist meine Tänzerin."

Es tanzte bis Abend war, da wollte es nun nach Haus gehen. Der Königssohn aber sprach: "ich gehe mit und begleite dich" denn er wollte sehen, wem das schöne Mädchen angehörte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun wartete der Königssohn, bis der Vater kam, und sagte ihm, das fremde Mädchen wär in das Taubenhaus gesprungen. Da dachte er: sollte es Aschenputtel sein, und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er das Taubenhaus entzwei schlagen konnte; aber es war niemand darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel

uns nur schaͤmen.“ Darauf ging sie mit ihren zwei Toͤchtern fort.

Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief:

„Baͤumchen ruͤttel dich und schuͤttel dich!
wirf Gold und Silber uͤber mich!“

da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter, und mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffeln. Das zog es an und ging zur Hochzeit. Jhre Schwestern aber und die Stiefmutter kannten es nicht und meinten es muͤßt ein fremdes Koͤnigsfraͤulein seyn, so schoͤn sah es in den reichen Kleidern aus. An Aschenputtel dachten sie gar nicht, und glaubten es laͤg daheim im Schmutz. Der Koͤnigssohn kam ihm entgegen und nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte auch mit sonst niemand tanzen, also daß er ihm die Hand nicht los ließ und wenn ein anderer kam, es aufzufordern, sprach er: „das ist meine Taͤnzerin.“

Es tanzte bis Abend war, da wollte es nun nach Haus gehen. Der Koͤnigssohn aber sprach: „ich gehe mit und begleite dich“ denn er wollte sehen, wem das schoͤne Maͤdchen angehoͤrte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun wartete der Koͤnigssohn, bis der Vater kam, und sagte ihm, das fremde Maͤdchen waͤr in das Taubenhaus gesprungen. Da dachte er: sollte es Aschenputtel sein, und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er das Taubenhaus entzwei schlagen konnte; aber es war niemand darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0182" n="118"/>
uns nur scha&#x0364;men.&#x201C; Darauf ging sie mit ihren zwei To&#x0364;chtern fort.</p><lb/>
        <p>Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x201E;Ba&#x0364;umchen ru&#x0364;ttel dich und schu&#x0364;ttel dich!</l><lb/>
          <l>wirf Gold und Silber u&#x0364;ber mich!&#x201C;</l><lb/>
        </lg>
        <p>da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter, und mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffeln. Das zog es an und ging zur Hochzeit. Jhre Schwestern aber und die Stiefmutter kannten es nicht und meinten es mu&#x0364;ßt ein fremdes Ko&#x0364;nigsfra&#x0364;ulein seyn, so scho&#x0364;n sah es in den reichen Kleidern aus. An Aschenputtel dachten sie gar nicht, und glaubten es la&#x0364;g daheim im Schmutz. Der Ko&#x0364;nigssohn kam ihm entgegen und nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte auch mit sonst niemand tanzen, also daß er ihm die Hand nicht los ließ und wenn ein anderer kam, es aufzufordern, sprach er: &#x201E;das ist meine Ta&#x0364;nzerin.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Es tanzte bis Abend war, da wollte es nun nach Haus gehen. Der Ko&#x0364;nigssohn aber sprach: &#x201E;ich gehe mit und begleite dich&#x201C; denn er wollte sehen, wem das scho&#x0364;ne Ma&#x0364;dchen angeho&#x0364;rte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun wartete der Ko&#x0364;nigssohn, bis der Vater kam, und sagte ihm, das fremde Ma&#x0364;dchen wa&#x0364;r in das Taubenhaus gesprungen. Da dachte er: sollte es Aschenputtel sein, und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er das Taubenhaus entzwei schlagen konnte; aber es war niemand darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0182] uns nur schaͤmen.“ Darauf ging sie mit ihren zwei Toͤchtern fort. Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief: „Baͤumchen ruͤttel dich und schuͤttel dich! wirf Gold und Silber uͤber mich!“ da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter, und mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffeln. Das zog es an und ging zur Hochzeit. Jhre Schwestern aber und die Stiefmutter kannten es nicht und meinten es muͤßt ein fremdes Koͤnigsfraͤulein seyn, so schoͤn sah es in den reichen Kleidern aus. An Aschenputtel dachten sie gar nicht, und glaubten es laͤg daheim im Schmutz. Der Koͤnigssohn kam ihm entgegen und nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte auch mit sonst niemand tanzen, also daß er ihm die Hand nicht los ließ und wenn ein anderer kam, es aufzufordern, sprach er: „das ist meine Taͤnzerin.“ Es tanzte bis Abend war, da wollte es nun nach Haus gehen. Der Koͤnigssohn aber sprach: „ich gehe mit und begleite dich“ denn er wollte sehen, wem das schoͤne Maͤdchen angehoͤrte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun wartete der Koͤnigssohn, bis der Vater kam, und sagte ihm, das fremde Maͤdchen waͤr in das Taubenhaus gesprungen. Da dachte er: sollte es Aschenputtel sein, und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er das Taubenhaus entzwei schlagen konnte; aber es war niemand darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/182
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/182>, abgerufen am 06.05.2024.