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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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unterdrückt es, wo sie kann. Im Wald in einer
Höhle wohnen sieben Zwerge, die tödten jedes
Mädchen, das sich ihnen naht. Das weiß die Kö-
nigin, und weil sie Sneewittchen nicht geradezu
tödten will, hofft sie es dadurch los zu werden,
daß sie es hinaus vor die Höhle führt und zu
ihm sagt; "geh da hinein und wart bis ich wie-
der komme. Dann geht sie fort, Sneewittchen
aber getrost in die Höhle. Die Zwerge kommen
und wollen es anfangs tödten, weil es aber so
schön ist, lassen sie es leben und sagen, es solle
ihnen dafür den Haushalt führen. Sneewittchen
hatte aber einen Hund, der hieß Spiegel, wie es
nun fort ist, liegt der traurig im Schloß, die Kö-
nigin fragt ihn:

"Spiegel unter der Bank,
sieh in dieses Land, sieh in jenes Land:
wer ist die schönste in Engelland?"

Der Hund antwortet: "Sneewittchen ist schöner
bei seinen sieben Zwergen, als die Frau Königin
mit ihren drei Töchtern." Da sieht sie, daß es
noch lebt und macht einen giftigen Schnürriemen.
Damit geht sie zur Höhle, ruft Sneewittchen, es
solle ihr aufmachen. Sneewittchen will nicht,
weil die sieben Zwerge ihm streng verboten, kei-
nen Menschen hereinzulassen, auch seine Stiefmut-
ter nicht, die es habe verderben wollen. Sie sagt
aber zu Sneewittchen, sie habe keine Töchter mehr,
ein Ritter habe sie ihr entführt, da wolle sie bei
ihm leben und es putzen. Sneewittchen wird mitlei-
dig und läßt sie herein, da schnürt sie es mit dem
giftigen Schnürriemen, daß es todt zur Erde fällt,
und geht fort. Die sieben Zwerge aber kommen,
nehmen ein Messer und schneiden den Schnürrie-
men entzwei, da ist es wieder lebendig. Die Kö-
nigin fragt nun den Spiegel unter der Bank, der
giebt ihr dieselbe Antwort. Da macht sie ein gifti-
ges Kopfband, geht mit dem hinaus und redet zu
Sneewittchen so beweglich, daß es sie noch einmal
einläßt: sie bindet ihm das Kopfband um, und es
fällt todt nieder. Aber die sieben Zwerge sehen,
was geschehen ist, schneiden das Kopfband ab und
es hat das Leben wieder. Zum drittenmal fragt

Kindermärchen. C

unterdruͤckt es, wo ſie kann. Im Wald in einer
Hoͤhle wohnen ſieben Zwerge, die toͤdten jedes
Maͤdchen, das ſich ihnen naht. Das weiß die Koͤ-
nigin, und weil ſie Sneewittchen nicht geradezu
toͤdten will, hofft ſie es dadurch los zu werden,
daß ſie es hinaus vor die Hoͤhle fuͤhrt und zu
ihm ſagt; „geh da hinein und wart bis ich wie-
der komme. Dann geht ſie fort, Sneewittchen
aber getroſt in die Hoͤhle. Die Zwerge kommen
und wollen es anfangs toͤdten, weil es aber ſo
ſchoͤn iſt, laſſen ſie es leben und ſagen, es ſolle
ihnen dafuͤr den Haushalt fuͤhren. Sneewittchen
hatte aber einen Hund, der hieß Spiegel, wie es
nun fort iſt, liegt der traurig im Schloß, die Koͤ-
nigin fragt ihn:

„Spiegel unter der Bank,
ſieh in dieſes Land, ſieh in jenes Land:
wer iſt die ſchoͤnſte in Engelland?“

Der Hund antwortet: „Sneewittchen iſt ſchoͤner
bei ſeinen ſieben Zwergen, als die Frau Koͤnigin
mit ihren drei Toͤchtern.“ Da ſieht ſie, daß es
noch lebt und macht einen giftigen Schnuͤrriemen.
Damit geht ſie zur Hoͤhle, ruft Sneewittchen, es
ſolle ihr aufmachen. Sneewittchen will nicht,
weil die ſieben Zwerge ihm ſtreng verboten, kei-
nen Menſchen hereinzulaſſen, auch ſeine Stiefmut-
ter nicht, die es habe verderben wollen. Sie ſagt
aber zu Sneewittchen, ſie habe keine Toͤchter mehr,
ein Ritter habe ſie ihr entfuͤhrt, da wolle ſie bei
ihm leben und es putzen. Sneewittchen wird mitlei-
dig und laͤßt ſie herein, da ſchnuͤrt ſie es mit dem
giftigen Schnuͤrriemen, daß es todt zur Erde faͤllt,
und geht fort. Die ſieben Zwerge aber kommen,
nehmen ein Meſſer und ſchneiden den Schnuͤrrie-
men entzwei, da iſt es wieder lebendig. Die Koͤ-
nigin fragt nun den Spiegel unter der Bank, der
giebt ihr dieſelbe Antwort. Da macht ſie ein gifti-
ges Kopfband, geht mit dem hinaus und redet zu
Sneewittchen ſo beweglich, daß es ſie noch einmal
einlaͤßt: ſie bindet ihm das Kopfband um, und es
faͤllt todt nieder. Aber die ſieben Zwerge ſehen,
was geſchehen iſt, ſchneiden das Kopfband ab und
es hat das Leben wieder. Zum drittenmal fragt

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[XXXIII/0455] unterdruͤckt es, wo ſie kann. Im Wald in einer Hoͤhle wohnen ſieben Zwerge, die toͤdten jedes Maͤdchen, das ſich ihnen naht. Das weiß die Koͤ- nigin, und weil ſie Sneewittchen nicht geradezu toͤdten will, hofft ſie es dadurch los zu werden, daß ſie es hinaus vor die Hoͤhle fuͤhrt und zu ihm ſagt; „geh da hinein und wart bis ich wie- der komme. Dann geht ſie fort, Sneewittchen aber getroſt in die Hoͤhle. Die Zwerge kommen und wollen es anfangs toͤdten, weil es aber ſo ſchoͤn iſt, laſſen ſie es leben und ſagen, es ſolle ihnen dafuͤr den Haushalt fuͤhren. Sneewittchen hatte aber einen Hund, der hieß Spiegel, wie es nun fort iſt, liegt der traurig im Schloß, die Koͤ- nigin fragt ihn: „Spiegel unter der Bank, ſieh in dieſes Land, ſieh in jenes Land: wer iſt die ſchoͤnſte in Engelland?“ Der Hund antwortet: „Sneewittchen iſt ſchoͤner bei ſeinen ſieben Zwergen, als die Frau Koͤnigin mit ihren drei Toͤchtern.“ Da ſieht ſie, daß es noch lebt und macht einen giftigen Schnuͤrriemen. Damit geht ſie zur Hoͤhle, ruft Sneewittchen, es ſolle ihr aufmachen. Sneewittchen will nicht, weil die ſieben Zwerge ihm ſtreng verboten, kei- nen Menſchen hereinzulaſſen, auch ſeine Stiefmut- ter nicht, die es habe verderben wollen. Sie ſagt aber zu Sneewittchen, ſie habe keine Toͤchter mehr, ein Ritter habe ſie ihr entfuͤhrt, da wolle ſie bei ihm leben und es putzen. Sneewittchen wird mitlei- dig und laͤßt ſie herein, da ſchnuͤrt ſie es mit dem giftigen Schnuͤrriemen, daß es todt zur Erde faͤllt, und geht fort. Die ſieben Zwerge aber kommen, nehmen ein Meſſer und ſchneiden den Schnuͤrrie- men entzwei, da iſt es wieder lebendig. Die Koͤ- nigin fragt nun den Spiegel unter der Bank, der giebt ihr dieſelbe Antwort. Da macht ſie ein gifti- ges Kopfband, geht mit dem hinaus und redet zu Sneewittchen ſo beweglich, daß es ſie noch einmal einlaͤßt: ſie bindet ihm das Kopfband um, und es faͤllt todt nieder. Aber die ſieben Zwerge ſehen, was geſchehen iſt, ſchneiden das Kopfband ab und es hat das Leben wieder. Zum drittenmal fragt Kindermärchen. C

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XXXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/455>, abgerufen am 26.11.2024.