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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Gelüsten, ging zur Maus und sprach: "ich bin
aufs neue zu Gevatter gebeten, das Kind hat
einen weißen Ring um den Leib, da kann ichs
nicht abschlagen, du mußt mir den Gefallen
thun und allein die Wirthschaft treiben." Die
Maus sagte ja, die Katze aber ging hin und
fraß den Fetttopf bis zur Hälfte leer. Als sie
heim kam, fragte die Maus: "wie ist denn
dieser Pathe getauft worden?" -- "Halb-
aus
" -- "Halbaus? was du sagst! den Na-
men hab' ich gar noch nicht gehört, der steht
gewiß nicht im Calender."

Die Katze aber konnte den Fetttopf nicht
vergessen: "ich bin zum drittenmal zu Gevat-
ter gebeten, das Kind ist schwarz und hat bloß
weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am gan-
zen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur ein-
mal, du läßt mich doch ausgehen?" -- Haut-
ab, Halbaus, sagte die Maus, es sind so ku-
riose Namen, die machen mich so nachdenksam,
doch geh nur hin." Die Maus hielt alles in
Ordnung und räumte auf, dieweil fraß die
Katze den Fetttopf rein aus und kam satt und
dick erst in der Nacht wieder. "Wie heißt denn
das dritte Kind?" -- "Ganzaus" -- Ganz-
aus! ei! ei! Das ist der allerbedenklichste Na-
men, sagte die Maus; Ganzaus? was soll der
bedeuten? "gedruckt ist er mir noch nicht vorge-

Geluͤſten, ging zur Maus und ſprach: „ich bin
aufs neue zu Gevatter gebeten, das Kind hat
einen weißen Ring um den Leib, da kann ichs
nicht abſchlagen, du mußt mir den Gefallen
thun und allein die Wirthſchaft treiben.“ Die
Maus ſagte ja, die Katze aber ging hin und
fraß den Fetttopf bis zur Haͤlfte leer. Als ſie
heim kam, fragte die Maus: „wie iſt denn
dieſer Pathe getauft worden?“ — „Halb-
aus
“ — „Halbaus? was du ſagſt! den Na-
men hab' ich gar noch nicht gehoͤrt, der ſteht
gewiß nicht im Calender.“

Die Katze aber konnte den Fetttopf nicht
vergeſſen: „ich bin zum drittenmal zu Gevat-
ter gebeten, das Kind iſt ſchwarz und hat bloß
weiße Pfoten, ſonſt kein weißes Haar am gan-
zen Leib, das trifft ſich alle paar Jahr nur ein-
mal, du laͤßt mich doch ausgehen?“ — Haut-
ab, Halbaus, ſagte die Maus, es ſind ſo ku-
rioſe Namen, die machen mich ſo nachdenkſam,
doch geh nur hin.“ Die Maus hielt alles in
Ordnung und raͤumte auf, dieweil fraß die
Katze den Fetttopf rein aus und kam ſatt und
dick erſt in der Nacht wieder. „Wie heißt denn
das dritte Kind?“ — „Ganzaus“ — Ganz-
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[7/0041] Geluͤſten, ging zur Maus und ſprach: „ich bin aufs neue zu Gevatter gebeten, das Kind hat einen weißen Ring um den Leib, da kann ichs nicht abſchlagen, du mußt mir den Gefallen thun und allein die Wirthſchaft treiben.“ Die Maus ſagte ja, die Katze aber ging hin und fraß den Fetttopf bis zur Haͤlfte leer. Als ſie heim kam, fragte die Maus: „wie iſt denn dieſer Pathe getauft worden?“ — „Halb- aus“ — „Halbaus? was du ſagſt! den Na- men hab' ich gar noch nicht gehoͤrt, der ſteht gewiß nicht im Calender.“ Die Katze aber konnte den Fetttopf nicht vergeſſen: „ich bin zum drittenmal zu Gevat- ter gebeten, das Kind iſt ſchwarz und hat bloß weiße Pfoten, ſonſt kein weißes Haar am gan- zen Leib, das trifft ſich alle paar Jahr nur ein- mal, du laͤßt mich doch ausgehen?“ — Haut- ab, Halbaus, ſagte die Maus, es ſind ſo ku- rioſe Namen, die machen mich ſo nachdenkſam, doch geh nur hin.“ Die Maus hielt alles in Ordnung und raͤumte auf, dieweil fraß die Katze den Fetttopf rein aus und kam ſatt und dick erſt in der Nacht wieder. „Wie heißt denn das dritte Kind?“ — „Ganzaus“ — Ganz- aus! ei! ei! Das iſt der allerbedenklichſte Na- men, ſagte die Maus; Ganzaus? was ſoll der bedeuten? „gedruckt iſt er mir noch nicht vorge-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/41>, abgerufen am 23.11.2024.