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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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"Wenn du nur hören willst, soll es schon ge-
hen, antwortete der Fuchs. Wenn du nun
zum König kommst, der die wunderschöne Prin-
zessin verlangt, so sag ihm: hier wäre sie. Dar-
auf wird gräßliche Freude seyn; sodann setz dich
aufs Pferd, das sie dir geben müssen, und reich
allen zum Abschied die Hand, der Prinzessin
aber zuletzt, und zieh sie dann mit einem
Schwung hinauf aufs Pferd und gieb die
Sporen.

Dies alles geschah so. Da sprach der Fuchs
weiter: jetzt, wenn wir vors Schloß kommen,
wo der Vogel ist, so bleibe ich mit der Prin-
zessin vor dem Thor stehen, und du reitest hin-
ein und sprichst: sie sähen doch nun, daß dies
das rechte Pferd wäre, so werden sie den Vo-
gel bringen, du aber bleib sitzen, und sag du
wolltest sehen, ob es auch der rechte Vogel wä-
re, und wenn du ihn in der Hand hast, so
jage fort.

Alles ging gut, und wie er den Vogel hat-
te, setzte sich die Prinzessin wieder auf, und sie
ritten weiter bis in einen großen Wald. Da
kam der Fuchs und bat: "er möchte ihn doch todt-
schießen, und ihm Kopf und Pfoten abhauen."
Allein der Jüngling wollte es durchaus nicht
thun. "So will ich dir wenigstens einen gu-
ten Rath geben: vor zwei Stücken hüte dich,
kauf kein Galgenfleisch und setz dich an keinen

„Wenn du nur hoͤren willſt, ſoll es ſchon ge-
hen, antwortete der Fuchs. Wenn du nun
zum Koͤnig kommſt, der die wunderſchoͤne Prin-
zeſſin verlangt, ſo ſag ihm: hier waͤre ſie. Dar-
auf wird graͤßliche Freude ſeyn; ſodann ſetz dich
aufs Pferd, das ſie dir geben muͤſſen, und reich
allen zum Abſchied die Hand, der Prinzeſſin
aber zuletzt, und zieh ſie dann mit einem
Schwung hinauf aufs Pferd und gieb die
Sporen.

Dies alles geſchah ſo. Da ſprach der Fuchs
weiter: jetzt, wenn wir vors Schloß kommen,
wo der Vogel iſt, ſo bleibe ich mit der Prin-
zeſſin vor dem Thor ſtehen, und du reiteſt hin-
ein und ſprichſt: ſie ſaͤhen doch nun, daß dies
das rechte Pferd waͤre, ſo werden ſie den Vo-
gel bringen, du aber bleib ſitzen, und ſag du
wollteſt ſehen, ob es auch der rechte Vogel waͤ-
re, und wenn du ihn in der Hand haſt, ſo
jage fort.

Alles ging gut, und wie er den Vogel hat-
te, ſetzte ſich die Prinzeſſin wieder auf, und ſie
ritten weiter bis in einen großen Wald. Da
kam der Fuchs und bat: „er moͤchte ihn doch todt-
ſchießen, und ihm Kopf und Pfoten abhauen.“
Allein der Juͤngling wollte es durchaus nicht
thun. „So will ich dir wenigſtens einen gu-
ten Rath geben: vor zwei Stuͤcken huͤte dich,
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[267/0301] „Wenn du nur hoͤren willſt, ſoll es ſchon ge- hen, antwortete der Fuchs. Wenn du nun zum Koͤnig kommſt, der die wunderſchoͤne Prin- zeſſin verlangt, ſo ſag ihm: hier waͤre ſie. Dar- auf wird graͤßliche Freude ſeyn; ſodann ſetz dich aufs Pferd, das ſie dir geben muͤſſen, und reich allen zum Abſchied die Hand, der Prinzeſſin aber zuletzt, und zieh ſie dann mit einem Schwung hinauf aufs Pferd und gieb die Sporen. Dies alles geſchah ſo. Da ſprach der Fuchs weiter: jetzt, wenn wir vors Schloß kommen, wo der Vogel iſt, ſo bleibe ich mit der Prin- zeſſin vor dem Thor ſtehen, und du reiteſt hin- ein und ſprichſt: ſie ſaͤhen doch nun, daß dies das rechte Pferd waͤre, ſo werden ſie den Vo- gel bringen, du aber bleib ſitzen, und ſag du wollteſt ſehen, ob es auch der rechte Vogel waͤ- re, und wenn du ihn in der Hand haſt, ſo jage fort. Alles ging gut, und wie er den Vogel hat- te, ſetzte ſich die Prinzeſſin wieder auf, und ſie ritten weiter bis in einen großen Wald. Da kam der Fuchs und bat: „er moͤchte ihn doch todt- ſchießen, und ihm Kopf und Pfoten abhauen.“ Allein der Juͤngling wollte es durchaus nicht thun. „So will ich dir wenigſtens einen gu- ten Rath geben: vor zwei Stuͤcken huͤte dich, kauf kein Galgenfleiſch und ſetz dich an keinen

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/301>, abgerufen am 22.11.2024.