Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

König, Ihr gelangt hier in das Schloß meines
Herrn, des Grafen, den diese Ehre für sein
Lebtag glücklich machen wird." Der König
stieg aus und verwunderte sich über das präch-
tige Gebäude, das fast größer und schöner war,
als sein Schloß; der Graf aber führte die
Prinzessin die Treppe hinauf in den Saal, der
ganz von Gold und Edelsteinen flimmerte.

Da ward die Prinzessin mit dem Grafen
versprochen, und als der König starb, ward
er König, der gestiefelte Kater aber erster Mi-
nister.

34.
Hansens Trine.

Hansens Trine war faul und wollte nichts
thun. Sie sprach zu sich selber: "was thu'
ich? eß ich, oder schlaf ich, oder arbeit ich? --
Ach! ich will erst essen!" -- Als sie sich dick
satt gegessen hatte, sprach sie wieder: "was
thu' ich? arbeit ich, oder schlaf ich? -- Ach!
ich will erst ein bischen schlafen." Dann leg-
te sie sich hin und schlief, und wenn sie auf-
wachte, war es Nacht, da konnte sie nicht mehr
zur Arbeit ausgehen. Einmal kam der Hans
Nachmittags nach Haus und fand die Trine
wieder in der Kammer liegen und schlafen, da
nahm er sein Messer und schnitt ihr den Rock

Koͤnig, Ihr gelangt hier in das Schloß meines
Herrn, des Grafen, den dieſe Ehre fuͤr ſein
Lebtag gluͤcklich machen wird.“ Der Koͤnig
ſtieg aus und verwunderte ſich uͤber das praͤch-
tige Gebaͤude, das faſt groͤßer und ſchoͤner war,
als ſein Schloß; der Graf aber fuͤhrte die
Prinzeſſin die Treppe hinauf in den Saal, der
ganz von Gold und Edelſteinen flimmerte.

Da ward die Prinzeſſin mit dem Grafen
verſprochen, und als der Koͤnig ſtarb, ward
er Koͤnig, der geſtiefelte Kater aber erſter Mi-
niſter.

34.
Hanſens Trine.

Hanſens Trine war faul und wollte nichts
thun. Sie ſprach zu ſich ſelber: „was thu'
ich? eß ich, oder ſchlaf ich, oder arbeit ich? —
Ach! ich will erſt eſſen!“ — Als ſie ſich dick
ſatt gegeſſen hatte, ſprach ſie wieder: „was
thu' ich? arbeit ich, oder ſchlaf ich? — Ach!
ich will erſt ein bischen ſchlafen.“ Dann leg-
te ſie ſich hin und ſchlief, und wenn ſie auf-
wachte, war es Nacht, da konnte ſie nicht mehr
zur Arbeit ausgehen. Einmal kam der Hans
Nachmittags nach Haus und fand die Trine
wieder in der Kammer liegen und ſchlafen, da
nahm er ſein Meſſer und ſchnitt ihr den Rock

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="155"/>
Ko&#x0364;nig, Ihr gelangt hier in das Schloß meines<lb/>
Herrn, des Grafen, den die&#x017F;e Ehre fu&#x0364;r &#x017F;ein<lb/>
Lebtag glu&#x0364;cklich machen wird.&#x201C; Der Ko&#x0364;nig<lb/>
&#x017F;tieg aus und verwunderte &#x017F;ich u&#x0364;ber das pra&#x0364;ch-<lb/>
tige Geba&#x0364;ude, das fa&#x017F;t gro&#x0364;ßer und &#x017F;cho&#x0364;ner war,<lb/>
als &#x017F;ein Schloß; der Graf aber fu&#x0364;hrte die<lb/>
Prinze&#x017F;&#x017F;in die Treppe hinauf in den Saal, der<lb/>
ganz von Gold und Edel&#x017F;teinen flimmerte.</p><lb/>
        <p>Da ward die Prinze&#x017F;&#x017F;in mit dem Grafen<lb/>
ver&#x017F;prochen, und als der Ko&#x0364;nig &#x017F;tarb, ward<lb/>
er Ko&#x0364;nig, der ge&#x017F;tiefelte Kater aber er&#x017F;ter Mi-<lb/>
ni&#x017F;ter.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>34.<lb/><hi rendition="#g">Han&#x017F;ens Trine</hi>.</head><lb/>
        <p>Han&#x017F;ens Trine war faul und wollte nichts<lb/>
thun. Sie &#x017F;prach zu &#x017F;ich &#x017F;elber: &#x201E;was thu'<lb/>
ich? eß ich, oder &#x017F;chlaf ich, oder arbeit ich? &#x2014;<lb/>
Ach! ich will er&#x017F;t e&#x017F;&#x017F;en!&#x201C; &#x2014; Als &#x017F;ie &#x017F;ich dick<lb/>
&#x017F;att gege&#x017F;&#x017F;en hatte, &#x017F;prach &#x017F;ie wieder: &#x201E;was<lb/>
thu' ich? arbeit ich, <choice><sic>ober</sic><corr>oder</corr></choice> &#x017F;chlaf ich? &#x2014; Ach!<lb/>
ich will er&#x017F;t ein bischen &#x017F;chlafen.&#x201C; Dann leg-<lb/>
te &#x017F;ie &#x017F;ich hin und &#x017F;chlief, und wenn &#x017F;ie auf-<lb/>
wachte, war es Nacht, da konnte &#x017F;ie nicht mehr<lb/>
zur Arbeit ausgehen. Einmal kam der Hans<lb/>
Nachmittags nach Haus und fand die Trine<lb/>
wieder in der Kammer liegen und &#x017F;chlafen, da<lb/>
nahm er &#x017F;ein Me&#x017F;&#x017F;er und &#x017F;chnitt ihr den Rock<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0189] Koͤnig, Ihr gelangt hier in das Schloß meines Herrn, des Grafen, den dieſe Ehre fuͤr ſein Lebtag gluͤcklich machen wird.“ Der Koͤnig ſtieg aus und verwunderte ſich uͤber das praͤch- tige Gebaͤude, das faſt groͤßer und ſchoͤner war, als ſein Schloß; der Graf aber fuͤhrte die Prinzeſſin die Treppe hinauf in den Saal, der ganz von Gold und Edelſteinen flimmerte. Da ward die Prinzeſſin mit dem Grafen verſprochen, und als der Koͤnig ſtarb, ward er Koͤnig, der geſtiefelte Kater aber erſter Mi- niſter. 34. Hanſens Trine. Hanſens Trine war faul und wollte nichts thun. Sie ſprach zu ſich ſelber: „was thu' ich? eß ich, oder ſchlaf ich, oder arbeit ich? — Ach! ich will erſt eſſen!“ — Als ſie ſich dick ſatt gegeſſen hatte, ſprach ſie wieder: „was thu' ich? arbeit ich, oder ſchlaf ich? — Ach! ich will erſt ein bischen ſchlafen.“ Dann leg- te ſie ſich hin und ſchlief, und wenn ſie auf- wachte, war es Nacht, da konnte ſie nicht mehr zur Arbeit ausgehen. Einmal kam der Hans Nachmittags nach Haus und fand die Trine wieder in der Kammer liegen und ſchlafen, da nahm er ſein Meſſer und ſchnitt ihr den Rock

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/189
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/189>, abgerufen am 24.11.2024.