andere, wär es, wenn du dich auch in ein so kleines Thier, wie eine Maus ist, verwandeln könntest, du kannst gewiß mehr, als irgend ein Zauberer auf der Welt, aber das wird dir doch zu hoch seyn. Der Zauberer ward ganz freund- lich von den süßen Worten und sagte: "o ja, liebes Kätzchen, das kann ich auch" und sprang als eine Maus im Zimmer herum. Der Ka- ter war hinter ihm her, fing die Maus mit ei- nem Sprung und fraß sie auf.
Der König aber war mit dem Grafen und der Prinzessin weiter spatzieren gefahren, und kam zu der großen Wiese. "Wem gehört das Heu?" fragte der König -- "dem Herrn Gra- fen" -- riefen alle, wie der Kater ihnen be- fohlen hatte. -- "Ihr habt da ein schön Stück Land, Herr Graf," sagte er. Darnach kamen sie an das große Kornfeld. "Wem gehört das Korn, ihr Leute?" -- "Dem Herrn Grafen." -- "Ei! Herr Graf! große, schöne Ländereien!" -- Darauf zu dem Wald: "wem gehört das Holz, ihr Leute?" -- "Dem Herrn Grafen." -- Der König verwunderte sich noch mehr und sagte: "Ihr müßt ein reicher Mann seyn, Herr Graf, ich glaube nicht, daß ich einen so prächtigen Wald habe." Endlich kamen sie an das Schloß, der Kater stand oben an der Trep- pe, und als der Wagen unten hielt, sprang er herab, machte die Thüre auf und sagte: "Herr
andere, waͤr es, wenn du dich auch in ein ſo kleines Thier, wie eine Maus iſt, verwandeln koͤnnteſt, du kannſt gewiß mehr, als irgend ein Zauberer auf der Welt, aber das wird dir doch zu hoch ſeyn. Der Zauberer ward ganz freund- lich von den ſuͤßen Worten und ſagte: „o ja, liebes Kaͤtzchen, das kann ich auch“ und ſprang als eine Maus im Zimmer herum. Der Ka- ter war hinter ihm her, fing die Maus mit ei- nem Sprung und fraß ſie auf.
Der Koͤnig aber war mit dem Grafen und der Prinzeſſin weiter ſpatzieren gefahren, und kam zu der großen Wieſe. „Wem gehoͤrt das Heu?“ fragte der Koͤnig — „dem Herrn Gra- fen“ — riefen alle, wie der Kater ihnen be- fohlen hatte. — „Ihr habt da ein ſchoͤn Stuͤck Land, Herr Graf,“ ſagte er. Darnach kamen ſie an das große Kornfeld. „Wem gehoͤrt das Korn, ihr Leute?“ — „Dem Herrn Grafen.“ — „Ei! Herr Graf! große, ſchoͤne Laͤndereien!“ — Darauf zu dem Wald: „wem gehoͤrt das Holz, ihr Leute?“ — „Dem Herrn Grafen.“ — Der Koͤnig verwunderte ſich noch mehr und ſagte: „Ihr muͤßt ein reicher Mann ſeyn, Herr Graf, ich glaube nicht, daß ich einen ſo praͤchtigen Wald habe.“ Endlich kamen ſie an das Schloß, der Kater ſtand oben an der Trep- pe, und als der Wagen unten hielt, ſprang er herab, machte die Thuͤre auf und ſagte: „Herr
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Zauberer auf der Welt, aber das wird dir doch
zu hoch ſeyn. Der Zauberer ward ganz freund-
lich von den ſuͤßen Worten und ſagte: „o ja,
liebes Kaͤtzchen, das kann ich auch“ und ſprang
als eine Maus im Zimmer herum. Der Ka-
ter war hinter ihm her, fing die Maus mit ei-
nem Sprung und fraß ſie auf.
Der Koͤnig aber war mit dem Grafen und
der Prinzeſſin weiter ſpatzieren gefahren, und
kam zu der großen Wieſe. „Wem gehoͤrt das
Heu?“ fragte der Koͤnig — „dem Herrn Gra-
fen“ — riefen alle, wie der Kater ihnen be-
fohlen hatte. — „Ihr habt da ein ſchoͤn Stuͤck
Land, Herr Graf,“ ſagte er. Darnach kamen
ſie an das große Kornfeld. „Wem gehoͤrt das
Korn, ihr Leute?“ — „Dem Herrn Grafen.“
— „Ei! Herr Graf! große, ſchoͤne Laͤndereien!“
— Darauf zu dem Wald: „wem gehoͤrt das
Holz, ihr Leute?“ — „Dem Herrn Grafen.“
— Der Koͤnig verwunderte ſich noch mehr und
ſagte: „Ihr muͤßt ein reicher Mann ſeyn,
Herr Graf, ich glaube nicht, daß ich einen ſo
praͤchtigen Wald habe.“ Endlich kamen ſie an
das Schloß, der Kater ſtand oben an der Trep-
pe, und als der Wagen unten hielt, ſprang er
herab, machte die Thuͤre auf und ſagte: „Herr
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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