Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
ver- an: ver-drießen, ver-sterben. Engl. a-grise (tre-
mere, horrescere); a-light (descendere). Auch diese in-
trans., gleich den vorausgehenden trans., scheinen erst
späterhin den begriff des beginns hervorzuheben, er-la-
chen, er-weiuen, anheben zu lachen und zu weinen, er-
seufzen eben den seufzer ausstoßen, während z. b. das
ags. a-hlog nichts als risit, gavisus est ausdrückt. Bei den
unter 3. verhandelten inchoativis ist die bedeutung des
werdens stärker, sie gehen auch alle nach dritter schw.
conj.; die gegenwärtigen intr. können stark oder nach
jeder schw. conj. flectiert werden. Sie berühren sich fer-
ner mit den inchoativis auf ent- (s. 813.), das mhd. er-
brinnen ist nhd. ent-brennen, wie das trans. er-zünden
ent-zünden. -- 7) privative bedeutungen des er- ent-
wickeln sich auf mehr als einem wege: a) nach einer
auch an andern wörtern bemerklichen identität der be-
griffe anfang und ende, drückt die part. zuweilen nicht
den beginn, sondern den schluß und ausgang der hand-
lung aus, hauptsächlich bei den wörtern gehen und schrei-
ten. Goth. us-leithan (transire, praeterire, abire); us-
tiuhan (consummare, perficere, educere). Ahd. ir-gan-
gan (peragere, evolvere) mons. 320. 360. 395. ar-gangan
(consummare, finire) T. 7, 1. ir-leidan (transire) mons. 393.
erliten (confectus) N. Cap. 128; ir-peran (conficere, per-
ficere) ir-bar N. Boeth. 211; ir-seihan (excolare, prorsus
exhaurire) ir-siwan (vacuefactus) mons. 317; ir-screitan
(praetergredi) O. I. 5, 17; ir-weihan (conficere) ir-wigan
(confectus, decrepitus) mons. (wo?); ir-wintan (deesse ali-
cui) O. II. 9, 102. Ags. a-gangan (evanescere): a-irnan
(excurrere, emetiri); a-singan (finire cantum) Beov. 88.
Mhd. er-gen, er-gan (exire = finire) Nib. 1873. Wigal.;
er-leiden (transire) Parc. 21a; er-seihen Wigal. 286. 402;
er-wihen (conficere) Wigal. 286. Nib. 9517; er-winden
(finire. cessare) Wh. 2, 89a Barl. Nhd. finde ich dergl.
wörter nicht, man sagt ver-gehen, ver-bluten (oder aus-
bluten) aus-singen, doch könnte er-tragen für aushalten,
er-schöpfen f. aus-schöpfen dahin gerechnet werden, wie
überhaupt diese bedeutung der des wirklichen erlangens
(s. 828.) begegnet. b) die part. drückt verderben oder
misgriff aus. Goth. us-kiusan (apodokimazein und apo-
dokimasthenai
); us-qviman (perire, umkommen, verkom-
men) und trans. mit dem dativ (perdere, interficere).
Ahd. ar-klihhon (exstinguere) ker. 253. vgl. zi-kleckan
(frangere); ir-likan (deficere) ker. 95. 113. mons. 380. 398;
ir-quepan (mori, marcescere)? ich keune bloß das part.

III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
ver- an: ver-drießen, ver-ſterben. Engl. a-griſe (tre-
mere, horreſcere); a-light (deſcendere). Auch dieſe in-
tranſ., gleich den vorausgehenden tranſ., ſcheinen erſt
ſpäterhin den begriff des beginns hervorzuheben, er-la-
chen, er-weiuen, anheben zu lachen und zu weinen, er-
ſeufzen eben den ſeufzer ausſtoßen, während z. b. das
agſ. â-hlôg nichts als riſit, gaviſus eſt ausdrückt. Bei den
unter 3. verhandelten inchoativis iſt die bedeutung des
werdens ſtärker, ſie gehen auch alle nach dritter ſchw.
conj.; die gegenwärtigen intr. können ſtark oder nach
jeder ſchw. conj. flectiert werden. Sie berühren ſich fer-
ner mit den inchoativis auf ent- (ſ. 813.), das mhd. er-
brinnen iſt nhd. ent-brennen, wie das tranſ. er-zünden
ent-zünden. — 7) privative bedeutungen des er- ent-
wickeln ſich auf mehr als einem wege: α) nach einer
auch an andern wörtern bemerklichen identität der be-
griffe anfang und ende, drückt die part. zuweilen nicht
den beginn, ſondern den ſchluß und ausgang der hand-
lung aus, hauptſächlich bei den wörtern gehen und ſchrei-
ten. Goth. us-leiþan (tranſire, praeterire, abire); us-
tiuhan (conſummare, perficere, educere). Ahd. ir-gan-
gan (peragere, evolvere) monſ. 320. 360. 395. ar-gangan
(conſummare, finire) T. 7, 1. ir-lîdan (tranſire) monſ. 393.
erliten (confectus) N. Cap. 128; ir-përan (conficere, per-
ficere) ir-bar N. Boeth. 211; ir-ſîhan (excolare, prorſus
exhaurire) ir-ſiwan (vacuefactus) monſ. 317; ir-ſcrîtan
(praetergredi) O. I. 5, 17; ir-wîhan (conficere) ir-wigan
(confectus, decrepitus) monſ. (wo?); ir-wintan (deeſſe ali-
cui) O. II. 9, 102. Agſ. â-gangan (evaneſcere): â-irnan
(excurrere, emetiri); â-ſingan (finire cantum) Beov. 88.
Mhd. er-gên, er-gân (exire = finire) Nib. 1873. Wigal.;
er-lîden (tranſire) Parc. 21a; er-ſîhen Wigal. 286. 402;
er-wihen (conficere) Wigal. 286. Nib. 9517; er-winden
(finire. ceſſare) Wh. 2, 89a Barl. Nhd. finde ich dergl.
wörter nicht, man ſagt ver-gehen, ver-bluten (oder aus-
bluten) aus-ſingen, doch könnte er-tragen für aushalten,
er-ſchöpfen f. aus-ſchöpfen dahin gerechnet werden, wie
überhaupt dieſe bedeutung der des wirklichen erlangens
(ſ. 828.) begegnet. β) die part. drückt verderben oder
misgriff aus. Goth. us-kiuſan (ἀποδοκιμάζειν und ἀπο-
δοκιμαςθῆναι
); us-qviman (perire, umkommen, verkom-
men) und tranſ. mit dem dativ (perdere, interficere).
Ahd. ar-klihhôn (exſtinguere) ker. 253. vgl. zi-kleckan
(frangere); ir-likan (deficere) ker. 95. 113. monſ. 380. 398;
ir-quëpan (mori, marceſcere)? ich keune bloß das part.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0847" n="829"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">partikelcomp. &#x2014; untr. part. mit verb.</hi></hi></fw><lb/>
ver- an: ver-drießen, ver-&#x017F;terben. Engl. a-gri&#x017F;e (tre-<lb/>
mere, horre&#x017F;cere); a-light (de&#x017F;cendere). Auch die&#x017F;e in-<lb/>
tran&#x017F;., gleich den vorausgehenden tran&#x017F;., &#x017F;cheinen er&#x017F;t<lb/>
&#x017F;päterhin den begriff des <hi rendition="#i">beginns</hi> hervorzuheben, er-la-<lb/>
chen, er-weiuen, anheben zu lachen und zu weinen, er-<lb/>
&#x017F;eufzen eben den &#x017F;eufzer aus&#x017F;toßen, während z. b. das<lb/>
ag&#x017F;. â-hlôg nichts als ri&#x017F;it, gavi&#x017F;us e&#x017F;t ausdrückt. Bei den<lb/>
unter 3. verhandelten inchoativis i&#x017F;t die bedeutung des<lb/>
werdens &#x017F;tärker, &#x017F;ie gehen auch alle nach dritter &#x017F;chw.<lb/>
conj.; die gegenwärtigen intr. können &#x017F;tark oder nach<lb/>
jeder &#x017F;chw. conj. flectiert werden. Sie berühren &#x017F;ich fer-<lb/>
ner mit den inchoativis auf ent- (&#x017F;. 813.), das mhd. er-<lb/>
brinnen i&#x017F;t nhd. ent-brennen, wie das tran&#x017F;. er-zünden<lb/>
ent-zünden. &#x2014; 7) <hi rendition="#i">privative bedeutungen</hi> des er- ent-<lb/>
wickeln &#x017F;ich auf mehr als einem wege: <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi>) nach einer<lb/>
auch an andern wörtern bemerklichen identität der be-<lb/>
griffe anfang und ende, drückt die part. zuweilen nicht<lb/>
den beginn, &#x017F;ondern den <hi rendition="#i">&#x017F;chluß</hi> und <hi rendition="#i">ausgang</hi> der hand-<lb/>
lung aus, haupt&#x017F;ächlich bei den wörtern gehen und &#x017F;chrei-<lb/>
ten. Goth. us-leiþan (tran&#x017F;ire, praeterire, abire); us-<lb/>
tiuhan (con&#x017F;ummare, perficere, educere). Ahd. ir-gan-<lb/>
gan (peragere, evolvere) mon&#x017F;. 320. 360. 395. ar-gangan<lb/>
(con&#x017F;ummare, finire) T. 7, 1. ir-lîdan (tran&#x017F;ire) mon&#x017F;. 393.<lb/>
erliten (confectus) N. Cap. 128; ir-përan (conficere, per-<lb/>
ficere) ir-bar N. Boeth. 211; ir-&#x017F;îhan (excolare, pror&#x017F;us<lb/>
exhaurire) ir-&#x017F;iwan (vacuefactus) mon&#x017F;. 317; ir-&#x017F;crîtan<lb/>
(praetergredi) O. I. 5, 17; ir-wîhan (conficere) ir-wigan<lb/>
(confectus, decrepitus) mon&#x017F;. (wo?); ir-wintan (dee&#x017F;&#x017F;e ali-<lb/>
cui) O. II. 9, 102. Ag&#x017F;. â-gangan (evane&#x017F;cere): â-irnan<lb/>
(excurrere, emetiri); â-&#x017F;ingan (finire cantum) Beov. 88.<lb/>
Mhd. er-gên, er-gân (exire = finire) Nib. 1873. Wigal.;<lb/>
er-lîden (tran&#x017F;ire) Parc. 21<hi rendition="#sup">a</hi>; er-&#x017F;îhen Wigal. 286. 402;<lb/>
er-wihen (conficere) Wigal. 286. Nib. 9517; er-winden<lb/>
(finire. ce&#x017F;&#x017F;are) Wh. 2, 89<hi rendition="#sup">a</hi> Barl. Nhd. finde ich dergl.<lb/>
wörter nicht, man &#x017F;agt ver-gehen, ver-bluten (oder aus-<lb/>
bluten) aus-&#x017F;ingen, doch könnte er-tragen für aushalten,<lb/>
er-&#x017F;chöpfen f. aus-&#x017F;chöpfen dahin gerechnet werden, wie<lb/>
überhaupt die&#x017F;e bedeutung der des wirklichen erlangens<lb/>
(&#x017F;. 828.) begegnet. <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>) die part. drückt <hi rendition="#i">verderben</hi> oder<lb/><hi rendition="#i">misgriff</hi> aus. Goth. us-kiu&#x017F;an (<hi rendition="#i">&#x1F00;&#x03C0;&#x03BF;&#x03B4;&#x03BF;&#x03BA;&#x03B9;&#x03BC;&#x03AC;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD;</hi> und <hi rendition="#i">&#x1F00;&#x03C0;&#x03BF;-<lb/>
&#x03B4;&#x03BF;&#x03BA;&#x03B9;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C2;&#x03B8;&#x1FC6;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B9;</hi>); us-qviman (perire, umkommen, verkom-<lb/>
men) und tran&#x017F;. mit dem dativ (perdere, interficere).<lb/>
Ahd. ar-klihhôn (ex&#x017F;tinguere) ker. 253. vgl. zi-kleckan<lb/>
(frangere); ir-likan (deficere) ker. 95. 113. mon&#x017F;. 380. 398;<lb/>
ir-quëpan (mori, marce&#x017F;cere)? ich keune bloß das part.<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[829/0847] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. ver- an: ver-drießen, ver-ſterben. Engl. a-griſe (tre- mere, horreſcere); a-light (deſcendere). Auch dieſe in- tranſ., gleich den vorausgehenden tranſ., ſcheinen erſt ſpäterhin den begriff des beginns hervorzuheben, er-la- chen, er-weiuen, anheben zu lachen und zu weinen, er- ſeufzen eben den ſeufzer ausſtoßen, während z. b. das agſ. â-hlôg nichts als riſit, gaviſus eſt ausdrückt. Bei den unter 3. verhandelten inchoativis iſt die bedeutung des werdens ſtärker, ſie gehen auch alle nach dritter ſchw. conj.; die gegenwärtigen intr. können ſtark oder nach jeder ſchw. conj. flectiert werden. Sie berühren ſich fer- ner mit den inchoativis auf ent- (ſ. 813.), das mhd. er- brinnen iſt nhd. ent-brennen, wie das tranſ. er-zünden ent-zünden. — 7) privative bedeutungen des er- ent- wickeln ſich auf mehr als einem wege: α) nach einer auch an andern wörtern bemerklichen identität der be- griffe anfang und ende, drückt die part. zuweilen nicht den beginn, ſondern den ſchluß und ausgang der hand- lung aus, hauptſächlich bei den wörtern gehen und ſchrei- ten. Goth. us-leiþan (tranſire, praeterire, abire); us- tiuhan (conſummare, perficere, educere). Ahd. ir-gan- gan (peragere, evolvere) monſ. 320. 360. 395. ar-gangan (conſummare, finire) T. 7, 1. ir-lîdan (tranſire) monſ. 393. erliten (confectus) N. Cap. 128; ir-përan (conficere, per- ficere) ir-bar N. Boeth. 211; ir-ſîhan (excolare, prorſus exhaurire) ir-ſiwan (vacuefactus) monſ. 317; ir-ſcrîtan (praetergredi) O. I. 5, 17; ir-wîhan (conficere) ir-wigan (confectus, decrepitus) monſ. (wo?); ir-wintan (deeſſe ali- cui) O. II. 9, 102. Agſ. â-gangan (evaneſcere): â-irnan (excurrere, emetiri); â-ſingan (finire cantum) Beov. 88. Mhd. er-gên, er-gân (exire = finire) Nib. 1873. Wigal.; er-lîden (tranſire) Parc. 21a; er-ſîhen Wigal. 286. 402; er-wihen (conficere) Wigal. 286. Nib. 9517; er-winden (finire. ceſſare) Wh. 2, 89a Barl. Nhd. finde ich dergl. wörter nicht, man ſagt ver-gehen, ver-bluten (oder aus- bluten) aus-ſingen, doch könnte er-tragen für aushalten, er-ſchöpfen f. aus-ſchöpfen dahin gerechnet werden, wie überhaupt dieſe bedeutung der des wirklichen erlangens (ſ. 828.) begegnet. β) die part. drückt verderben oder misgriff aus. Goth. us-kiuſan (ἀποδοκιμάζειν und ἀπο- δοκιμαςθῆναι); us-qviman (perire, umkommen, verkom- men) und tranſ. mit dem dativ (perdere, interficere). Ahd. ar-klihhôn (exſtinguere) ker. 253. vgl. zi-kleckan (frangere); ir-likan (deficere) ker. 95. 113. monſ. 380. 398; ir-quëpan (mori, marceſcere)? ich keune bloß das part.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/847
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/847>, abgerufen am 22.11.2024.