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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomposition. -- part. mit nom.
altn. a ist ganz etwas anders, = goth. ahd. ana. Die
länge folgt theils aus der schreibung aabulkii K. 23b aa-
riupo (trux) ker. 276. und N's a-, theils aus unter-
drückung des cons. der ursprünglichen gestalt. Offenbar
ist sie einerlei mit der ahd. praep. ar, or, goth. us (viel-
leicht auch früher oder dialectisch as) und nicht das spä-
tere r scheint weggefallen, sondern das ältere s. Zum
beweis dient 1) daß den hochd. mit dem nomen com-
ponierten a- sächsische or-, 2) den sächs. mit dem ver-
bum componierten a- ahd. ar- begegnen. 3) zuweilen
ahd. ur- neben a- stattfindet, vgl. a-wicgi und ur-wicgi
(avium, devium) ker. 26. a-chust und ur-chust K. 53a.
4) einigemahl ahd. ar- erscheint: ar-custeic (vitiosus) sgall.
194. ar-chusteic (fraudulentus) hrab. 960b 968b ar-chustei-
gon (callere), aber ark-chusteic mons. 408. arg-chustig N. Boeth.
80. arg-choson N. 108, 29. 5) die bedeutung des lat. ex-, wel-
chem a- mehr, als dem verneinenden in- entspricht. Man
könnte versucht werden, a- von der praep. goth. af, ahd. apa
zu leiten, wie sich das lat. ab in a kürzt und in a-vium
(= de-vium, in-vium) gebraucht wird, wirklich hat ker.
218. ab-keßal (obliviosus) statt des sonstigen a-keßal
[vgl. bei ab- noch andere wörter]. Allein zur deutschen
lautlehre schickt sich ein ausfall der spirans, nicht der
labialis *) und ab-keßal ist nichts als die neben a-keßal
gültige, gleichbedeutige zusammensetzung mit einer ver-
wandten partikel. Die ahd. hierher gehörigen belege
sind: a-p-anst (invidia, aemulatio) K. 24a ker. 20. mons.
386. 407. a-p-ansteic (invidus) ker. 20. sgall. 194. (wo -an-
stinc) falls es decompositum ist, wofür das mit dem verbum
componierte ar-p-unnan spricht, man kann es aber auch
für einfach mit ap- componiert halten (s. hernach bei
ap-), den zweifel würde N. durch die schreibung abanst
oder abanst lösen; a-chambi (stupa) aug. 120b das ausge-
kämmte; a-chosunga (deliramentum) lindenbr. 994b (wo
hacosunge) setzt a-choson (delirare) und a-chosi? (deli-
rium) voraus; a-chust (vitium) K. 40b 46b 52a 58a mons.
322. 385. N. 41, 2. 136, 8. Boeth. 52. 82. 191. a-kust O. I.
1, 60. III. 7, 125. V. 2, 12. a-chusteic (vitiosus) K. 56a;
a-danch (argumentum) a-dencha (adinventiones) jun. 195;
a-varo (decoloratus); a-fermi (squalor) hrab. 966a 975a,

*) ich wüste nicht, daß im ahd. mhd. oder in der heutigen
schriftsprache jemahls p oder b unterdrückt würden; gemeine
volksmundarten gestatten wohl a-nehmen und dergl. für ab-nehmen.
Y y

III. partikelcompoſition. — part. mit nom.
altn. â iſt ganz etwas anders, = goth. ahd. ana. Die
länge folgt theils aus der ſchreibung aabulkii K. 23b aa-
riupo (trux) ker. 276. und N’s â-, theils aus unter-
drückung des conſ. der urſprünglichen geſtalt. Offenbar
iſt ſie einerlei mit der ahd. praep. ar, or, goth. us (viel-
leicht auch früher oder dialectiſch as) und nicht das ſpä-
tere r ſcheint weggefallen, ſondern das ältere s. Zum
beweis dient 1) daß den hochd. mit dem nomen com-
ponierten â- ſächſiſche or-, 2) den ſächſ. mit dem ver-
bum componierten â- ahd. ar- begegnen. 3) zuweilen
ahd. ur- neben â- ſtattfindet, vgl. â-wicgi und ur-wicgi
(avium, devium) ker. 26. â-chuſt und ur-chuſt K. 53a.
4) einigemahl ahd. ar- erſcheint: ar-cuſtîc (vitioſus) ſgall.
194. ar-chuſtîc (fraudulentus) hrab. 960b 968b ar-chuſtî-
gôn (callere), aber ark-chuſtîc monſ. 408. arg-chuſtig N. Boeth.
80. arg-chôſôn N. 108, 29. 5) die bedeutung des lat. ex-, wel-
chem â- mehr, als dem verneinenden in- entſpricht. Man
könnte verſucht werden, â- von der praep. goth. af, ahd. apa
zu leiten, wie ſich das lat. ab in a kürzt und in a-vium
(= de-vium, in-vium) gebraucht wird, wirklich hat ker.
218. ab-këƷƷal (oblivioſus) ſtatt des ſonſtigen â-këƷƷal
[vgl. bei ab- noch andere wörter]. Allein zur deutſchen
lautlehre ſchickt ſich ein ausfall der ſpirans, nicht der
labialis *) und ab-këƷƷal iſt nichts als die neben â-këƷƷal
gültige, gleichbedeutige zuſammenſetzung mit einer ver-
wandten partikel. Die ahd. hierher gehörigen belege
ſind: â-p-anſt (invidia, aemulatio) K. 24a ker. 20. monſ.
386. 407. â-p-anſtîc (invidus) ker. 20. ſgall. 194. (wo -an-
ſtinc) falls es decompoſitum iſt, wofür das mit dem verbum
componierte ar-p-unnan ſpricht, man kann es aber auch
für einfach mit ap- componiert halten (ſ. hernach bei
ap-), den zweifel würde N. durch die ſchreibung âbanſt
oder abanſt löſen; â-chambi (ſtupa) aug. 120b das ausge-
kämmte; â-chôſunga (deliramentum) lindenbr. 994b (wo
hacoſunge) ſetzt â-chôſôn (delirare) und â-chôſi? (deli-
rium) voraus; â-chuſt (vitium) K. 40b 46b 52a 58a monſ.
322. 385. N. 41, 2. 136, 8. Boeth. 52. 82. 191. â-kuſt O. I.
1, 60. III. 7, 125. V. 2, 12. â-chuſtîc (vitioſus) K. 56a;
â-danch (argumentum) â-denchâ (adinventiones) jun. 195;
â-varo (decoloratus); â-fërmi (ſqualor) hrab. 966a 975a,

*) ich wüſte nicht, daß im ahd. mhd. oder in der heutigen
ſchriftſprache jemahls p oder b unterdrückt würden; gemeine
volksmundarten geſtatten wohl â-nehmen und dergl. für ab-nehmen.
Y y
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[705/0723] III. partikelcompoſition. — part. mit nom. altn. â iſt ganz etwas anders, = goth. ahd. ana. Die länge folgt theils aus der ſchreibung aabulkii K. 23b aa- riupo (trux) ker. 276. und N’s â-, theils aus unter- drückung des conſ. der urſprünglichen geſtalt. Offenbar iſt ſie einerlei mit der ahd. praep. ar, or, goth. us (viel- leicht auch früher oder dialectiſch as) und nicht das ſpä- tere r ſcheint weggefallen, ſondern das ältere s. Zum beweis dient 1) daß den hochd. mit dem nomen com- ponierten â- ſächſiſche or-, 2) den ſächſ. mit dem ver- bum componierten â- ahd. ar- begegnen. 3) zuweilen ahd. ur- neben â- ſtattfindet, vgl. â-wicgi und ur-wicgi (avium, devium) ker. 26. â-chuſt und ur-chuſt K. 53a. 4) einigemahl ahd. ar- erſcheint: ar-cuſtîc (vitioſus) ſgall. 194. ar-chuſtîc (fraudulentus) hrab. 960b 968b ar-chuſtî- gôn (callere), aber ark-chuſtîc monſ. 408. arg-chuſtig N. Boeth. 80. arg-chôſôn N. 108, 29. 5) die bedeutung des lat. ex-, wel- chem â- mehr, als dem verneinenden in- entſpricht. Man könnte verſucht werden, â- von der praep. goth. af, ahd. apa zu leiten, wie ſich das lat. ab in a kürzt und in a-vium (= de-vium, in-vium) gebraucht wird, wirklich hat ker. 218. ab-këƷƷal (oblivioſus) ſtatt des ſonſtigen â-këƷƷal [vgl. bei ab- noch andere wörter]. Allein zur deutſchen lautlehre ſchickt ſich ein ausfall der ſpirans, nicht der labialis *) und ab-këƷƷal iſt nichts als die neben â-këƷƷal gültige, gleichbedeutige zuſammenſetzung mit einer ver- wandten partikel. Die ahd. hierher gehörigen belege ſind: â-p-anſt (invidia, aemulatio) K. 24a ker. 20. monſ. 386. 407. â-p-anſtîc (invidus) ker. 20. ſgall. 194. (wo -an- ſtinc) falls es decompoſitum iſt, wofür das mit dem verbum componierte ar-p-unnan ſpricht, man kann es aber auch für einfach mit ap- componiert halten (ſ. hernach bei ap-), den zweifel würde N. durch die ſchreibung âbanſt oder abanſt löſen; â-chambi (ſtupa) aug. 120b das ausge- kämmte; â-chôſunga (deliramentum) lindenbr. 994b (wo hacoſunge) ſetzt â-chôſôn (delirare) und â-chôſi? (deli- rium) voraus; â-chuſt (vitium) K. 40b 46b 52a 58a monſ. 322. 385. N. 41, 2. 136, 8. Boeth. 52. 82. 191. â-kuſt O. I. 1, 60. III. 7, 125. V. 2, 12. â-chuſtîc (vitioſus) K. 56a; â-danch (argumentum) â-denchâ (adinventiones) jun. 195; â-varo (decoloratus); â-fërmi (ſqualor) hrab. 966a 975a, *) ich wüſte nicht, daß im ahd. mhd. oder in der heutigen ſchriftſprache jemahls p oder b unterdrückt würden; gemeine volksmundarten geſtatten wohl â-nehmen und dergl. für ab-nehmen. Y y

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/723>, abgerufen am 22.11.2024.