vyrhta, nhd. macher; (für servus) goth. skalks, thius, ags. thegen, secg, vgl. lad-theov mit mhd. leit-sage; (für socius) ahd. ginoß, gisello, gisindo, gistallo, girauno. Viele sind nicht angeführt worden, z. b. das neben -baira und baura geltende ahd. -trago in golt-trago (auriser) zwetl. 112b swert-trago (spatharius) lindenbr. 1001a unnuzi-trago (nugigerulus) hrab. 965a lieht-trage (lucerna) Ernst 40b.
13) zweifel, ob das zweite wort subst. oder adj. sei (wie bei dem ersten wort, oben unter 8.) kann weniger eintreten, insofern die flexionen bald das eine oder das andere kundgeben, vgl. das ags. hägsteald (s. 527.) und unter 9. die bemerkung über -wart. Ein compositum, dessen zweites wort kein deutliches subst. gewährt, ist formell keine wahre substantivzus. setzung. Das nhd. sorg- falt (sollicitudo) erscheint also völlig abnorm, denn un- sere sprache kennt nur ein adj. -falt (plex), kein subst., ja die frühere nicht einmahl sorg-valt (sollicitus), wohl aber ein-valt (simplex) manic-valt (multiplex). Wie sich nun aus einvalt das ahd. subst. einvaltei (simplicitas) er- zeugt, so gilt auch im mhd. diu einvalte Barl. 179, 38. Trist. 16937. ohne umlaut, weil ihn die formel alt ver- meidet (1, 332. 942.), daher auch einvaltec lieber zur -eic, als zur ac-form gehört (oben s. 294.). Aus diesem mhd. subst. hätte nun ein nhd. einfälte werden können (nach analogie von kälte, güte und nach dem umlaut in einfäl- tig, sorgfältig) allein der alte unumlaut setzte sich durch (wie in manigfaltig) und man schnitt noch dazu den ab- leitungsvocal hinten weg, einfalt st. einfalte, ebenso sorgfalt st. sorgfalte, vgl. demuth st. demüthe, und schon mhd. diemuot. Resultat: die nhd. subst. einfalt, sorgfalt, demuth setzen adj. voraus, von denen sie herstammen und gehören insofern gar nicht hierher.
14) obgleich schon einfache wörter im geschlecht schwanken und noch mehr abgeleitete, so scheint doch die zusammensetzung vorzüglich herbeizuführen, daß das zweite wort hintereinander als masc. fem. und neutr. auf- tritt. Je lebloser und abstracter seine bedeutung wird, desto mehr ist das der fall, vgl. z. b. -skaft und -rat. Und da in den eigennamen offenbar der sinnliche inhalt bei- der wörter am meisten erlischt, so erklärt sich, wie ganz sächliche begriffe (z. b. -feld, -stein, berg) welches ge- schlechts sie auch formell seien, zu mannsnamen, wie einzelne (z. b. -rat) bald zu männlichen, bald zu weib- lichen gebraucht werden können. Weitere betrachtun- gen hierüber fallen in cap. VI.
M m
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
vyrhta, nhd. macher; (für ſervus) goth. ſkalks, þius, agſ. þëgen, ſecg, vgl. lâd-þëóv mit mhd. leit-ſage; (für ſocius) ahd. ginôƷ, giſello, giſindo, giſtallo, girûno. Viele ſind nicht angeführt worden, z. b. das neben -baíra und baúra geltende ahd. -trago in golt-trago (auriſer) zwetl. 112b ſwërt-trago (ſpatharius) lindenbr. 1001a unnuzi-trago (nugigerulus) hrab. 965a lieht-trage (lucerna) Ernſt 40b.
13) zweifel, ob das zweite wort ſubſt. oder adj. ſei (wie bei dem erſten wort, oben unter 8.) kann weniger eintreten, inſofern die flexionen bald das eine oder das andere kundgeben, vgl. das agſ. hägſtëald (ſ. 527.) und unter 9. die bemerkung über -wart. Ein compoſitum, deſſen zweites wort kein deutliches ſubſt. gewährt, iſt formell keine wahre ſubſtantivzuſ. ſetzung. Das nhd. ſorg- falt (ſollicitudo) erſcheint alſo völlig abnorm, denn un- ſere ſprache kennt nur ein adj. -falt (plex), kein ſubſt., ja die frühere nicht einmahl ſorg-valt (ſollicitus), wohl aber ein-valt (ſimplex) manic-valt (multiplex). Wie ſich nun aus einvalt das ahd. ſubſt. einvaltî (ſimplicitas) er- zeugt, ſo gilt auch im mhd. diu einvalte Barl. 179, 38. Triſt. 16937. ohne umlaut, weil ihn die formel alt ver- meidet (1, 332. 942.), daher auch einvaltec lieber zur -îc, als zur ac-form gehört (oben ſ. 294.). Aus dieſem mhd. ſubſt. hätte nun ein nhd. einfälte werden können (nach analogie von kälte, güte und nach dem umlaut in einfäl- tig, ſorgfältig) allein der alte unumlaut ſetzte ſich durch (wie in manigfaltig) und man ſchnitt noch dazu den ab- leitungsvocal hinten weg, einfalt ſt. einfalte, ebenſo ſorgfalt ſt. ſorgfalte, vgl. dêmuth ſt. demüthe, und ſchon mhd. diemuot. Reſultat: die nhd. ſubſt. einfalt, ſorgfalt, dêmuth ſetzen adj. voraus, von denen ſie herſtammen und gehören inſofern gar nicht hierher.
14) obgleich ſchon einfache wörter im geſchlecht ſchwanken und noch mehr abgeleitete, ſo ſcheint doch die zuſammenſetzung vorzüglich herbeizuführen, daß das zweite wort hintereinander als maſc. fem. und neutr. auf- tritt. Je lebloſer und abſtracter ſeine bedeutung wird, deſto mehr iſt das der fall, vgl. z. b. -ſkaft und -rât. Und da in den eigennamen offenbar der ſinnliche inhalt bei- der wörter am meiſten erliſcht, ſo erklärt ſich, wie ganz ſächliche begriffe (z. b. -feld, -ſtein, berg) welches ge- ſchlechts ſie auch formell ſeien, zu mannsnamen, wie einzelne (z. b. -rât) bald zu männlichen, bald zu weib- lichen gebraucht werden können. Weitere betrachtun- gen hierüber fallen in cap. VI.
M m
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0563"n="545"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">ſubſt. eigentl. comp. —ſubſt. mit ſubſt.</hi></hi></fw><lb/>
vyrhta, nhd. macher; (für ſervus) goth. ſkalks, þius,<lb/>
agſ. þëgen, ſecg, vgl. lâd-þëóv mit mhd. leit-ſage; (für<lb/>ſocius) ahd. ginôƷ, giſello, giſindo, giſtallo, girûno. Viele<lb/>ſind nicht angeführt worden, z. b. das neben -baíra und<lb/>
baúra geltende ahd. -trago in golt-trago (auriſer) zwetl.<lb/>
112<hirendition="#sup">b</hi>ſwërt-trago (ſpatharius) lindenbr. 1001<hirendition="#sup">a</hi> unnuzi-trago<lb/>
(nugigerulus) hrab. 965<hirendition="#sup">a</hi> lieht-trage (lucerna) Ernſt 40<hirendition="#sup">b</hi>.</p><lb/><p>13) zweifel, ob das zweite wort ſubſt. oder adj. ſei<lb/>
(wie bei dem erſten wort, oben unter 8.) kann weniger<lb/>
eintreten, inſofern die flexionen bald das eine oder das<lb/>
andere kundgeben, vgl. das agſ. hägſtëald (ſ. 527.) und<lb/>
unter 9. die bemerkung über -wart. Ein compoſitum,<lb/>
deſſen zweites wort kein deutliches ſubſt. gewährt, iſt<lb/>
formell keine wahre ſubſtantivzuſ. ſetzung. Das nhd. <hirendition="#i">ſorg-<lb/>
falt</hi> (ſollicitudo) erſcheint alſo völlig abnorm, denn un-<lb/>ſere ſprache kennt nur ein adj. -falt (plex), kein ſubſt.,<lb/>
ja die frühere nicht einmahl ſorg-valt (ſollicitus), wohl<lb/>
aber ein-valt (ſimplex) manic-valt (multiplex). Wie ſich<lb/>
nun aus einvalt das ahd. ſubſt. einvaltî (ſimplicitas) er-<lb/>
zeugt, ſo gilt auch im mhd. diu einvalte Barl. 179, 38.<lb/>
Triſt. 16937. ohne umlaut, weil ihn die formel <hirendition="#i">alt</hi> ver-<lb/>
meidet (1, 332. 942.), daher auch einvaltec lieber zur -îc,<lb/>
als zur ac-form gehört (oben ſ. 294.). Aus dieſem mhd.<lb/>ſubſt. hätte nun ein nhd. einfälte werden können (nach<lb/>
analogie von kälte, güte und nach dem umlaut in einfäl-<lb/>
tig, ſorgfältig) allein der alte unumlaut ſetzte ſich durch<lb/>
(wie in manigfaltig) und man ſchnitt noch dazu den ab-<lb/>
leitungsvocal hinten weg, einfalt ſt. einfalte, ebenſo<lb/>ſorgfalt ſt. ſorgfalte, vgl. dêmuth ſt. demüthe, und ſchon<lb/>
mhd. diemuot. Reſultat: die nhd. ſubſt. einfalt, ſorgfalt,<lb/>
dêmuth ſetzen adj. voraus, von denen ſie herſtammen<lb/>
und gehören inſofern gar nicht hierher.</p><lb/><p>14) obgleich ſchon einfache wörter im geſchlecht<lb/>ſchwanken und noch mehr abgeleitete, ſo ſcheint doch<lb/>
die zuſammenſetzung vorzüglich herbeizuführen, daß das<lb/>
zweite wort hintereinander als maſc. fem. und neutr. auf-<lb/>
tritt. Je lebloſer und abſtracter ſeine bedeutung wird,<lb/>
deſto mehr iſt das der fall, vgl. z. b. -ſkaft und -rât. Und<lb/>
da in den eigennamen offenbar der ſinnliche inhalt bei-<lb/>
der wörter am meiſten erliſcht, ſo erklärt ſich, wie ganz<lb/>ſächliche begriffe (z. b. -feld, -ſtein, berg) welches ge-<lb/>ſchlechts ſie auch formell ſeien, zu mannsnamen, wie<lb/>
einzelne (z. b. -rât) bald zu männlichen, bald zu weib-<lb/>
lichen gebraucht werden können. Weitere betrachtun-<lb/>
gen hierüber fallen in cap. VI.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">M m</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[545/0563]
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
vyrhta, nhd. macher; (für ſervus) goth. ſkalks, þius,
agſ. þëgen, ſecg, vgl. lâd-þëóv mit mhd. leit-ſage; (für
ſocius) ahd. ginôƷ, giſello, giſindo, giſtallo, girûno. Viele
ſind nicht angeführt worden, z. b. das neben -baíra und
baúra geltende ahd. -trago in golt-trago (auriſer) zwetl.
112b ſwërt-trago (ſpatharius) lindenbr. 1001a unnuzi-trago
(nugigerulus) hrab. 965a lieht-trage (lucerna) Ernſt 40b.
13) zweifel, ob das zweite wort ſubſt. oder adj. ſei
(wie bei dem erſten wort, oben unter 8.) kann weniger
eintreten, inſofern die flexionen bald das eine oder das
andere kundgeben, vgl. das agſ. hägſtëald (ſ. 527.) und
unter 9. die bemerkung über -wart. Ein compoſitum,
deſſen zweites wort kein deutliches ſubſt. gewährt, iſt
formell keine wahre ſubſtantivzuſ. ſetzung. Das nhd. ſorg-
falt (ſollicitudo) erſcheint alſo völlig abnorm, denn un-
ſere ſprache kennt nur ein adj. -falt (plex), kein ſubſt.,
ja die frühere nicht einmahl ſorg-valt (ſollicitus), wohl
aber ein-valt (ſimplex) manic-valt (multiplex). Wie ſich
nun aus einvalt das ahd. ſubſt. einvaltî (ſimplicitas) er-
zeugt, ſo gilt auch im mhd. diu einvalte Barl. 179, 38.
Triſt. 16937. ohne umlaut, weil ihn die formel alt ver-
meidet (1, 332. 942.), daher auch einvaltec lieber zur -îc,
als zur ac-form gehört (oben ſ. 294.). Aus dieſem mhd.
ſubſt. hätte nun ein nhd. einfälte werden können (nach
analogie von kälte, güte und nach dem umlaut in einfäl-
tig, ſorgfältig) allein der alte unumlaut ſetzte ſich durch
(wie in manigfaltig) und man ſchnitt noch dazu den ab-
leitungsvocal hinten weg, einfalt ſt. einfalte, ebenſo
ſorgfalt ſt. ſorgfalte, vgl. dêmuth ſt. demüthe, und ſchon
mhd. diemuot. Reſultat: die nhd. ſubſt. einfalt, ſorgfalt,
dêmuth ſetzen adj. voraus, von denen ſie herſtammen
und gehören inſofern gar nicht hierher.
14) obgleich ſchon einfache wörter im geſchlecht
ſchwanken und noch mehr abgeleitete, ſo ſcheint doch
die zuſammenſetzung vorzüglich herbeizuführen, daß das
zweite wort hintereinander als maſc. fem. und neutr. auf-
tritt. Je lebloſer und abſtracter ſeine bedeutung wird,
deſto mehr iſt das der fall, vgl. z. b. -ſkaft und -rât. Und
da in den eigennamen offenbar der ſinnliche inhalt bei-
der wörter am meiſten erliſcht, ſo erklärt ſich, wie ganz
ſächliche begriffe (z. b. -feld, -ſtein, berg) welches ge-
ſchlechts ſie auch formell ſeien, zu mannsnamen, wie
einzelne (z. b. -rât) bald zu männlichen, bald zu weib-
lichen gebraucht werden können. Weitere betrachtun-
gen hierüber fallen in cap. VI.
M m
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/563>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.