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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. th.
oths, habaiths, gen. daupidis, salbodis, habaidis), desgl.
im praet. ind. (daupida, salboda, habaida) während es in-
lautend in verschiedenen ableitungen haftet (in den fem.
auf -itha) nicht in allen (haubidis, liuhadis von haubith,
liuhath). Organische form der praet. ind. scheint also
auch -itha, -aitha, -otha gewesen zu sein. Das bestätigt 1)
das lat. -t der part. lectus, auditus, amatus. 2) das -th
des anomalen goth. kun-tha (novi) kun-ths (notus) nicht
kunda, kunds; ahd. chon-da, chun-d; ags. cu-de, cu-d
(cau-de, cau-d?); altn. kun-ni, kun-nr. Hier ist kein i
ausgeworfen, wie ich bereits 1, 853. richtig sah, aber
vielleicht ein a (wie finthan, vairthan = finathan, vaira-
than) kunnatha, kunnaths? In scul-da, mun-da (1, 852.
gegen den C. A. muntha) hat sich das th schon in d ge-
schwächt, daher auch altn. sculdi, mundi (nicht sculli,
munni). In thaurf-ta, mos-ta, daurs-ta, oh-ta, mah-ta,
aih-ta steht hingegen das uralte -t, für thaurb-atha, mot-
atha, daur-atha, og-atha, mag-atha, aig-atha? vis-sa = vis-
ta, für vit-atha? 3) die ahd. praet. und part. fünfter
anomalie (1, 885.) chrata, pluota, tatun entsprechen sicht-
bar den subst. chrat, pluot, tat; da aber vorhin gezeigt
worden ist, daß letztere f. chrad, pluod, tod stehen (be-
weis: chradum, nadala, ruodar etc.) so folgt, daß auch
jene praet. früher lauteten chrada, pluoda, tadun, sada,
mithin goth. -th hatten, wie die subst. seths etc. -- Ver-
halten sich diese annahmen richtig, so durfen viele no-
mina entw. mit uraltem ft, st, ht, oder mit organischem
-th, oder mit geschwächtem -d, für verbalia erklärt wer-
den, d. h. für entsprungen aus praeteritivischen -th (lat.
t-) der schwachen conjugation. Hiervon und von subst.
oder adj. der n-form, die mit verbalem -n der starken
conj. zus. hängen, handle ich weiter unten. Es gibt aber
außer diesen verbalien, die ich verborgene, ungefühlte
nennen möchte, substantiva und zwar weibliche die fühl-
bar von part. praet. schwacher conj. hergeleitet werden
müßen, allein bloß im ahd. dialect. Nämlich wie er fem.
auf -anei bildet (oben s. 161. 162.), hat er auch fem. auf
-iti, -otei, -etei. Warum sind sie jedoch viel seltner? ich weiß
nicht mehr als folgende: un-var-dew-itei (indigeries) K.
43b; ir-pur-itei (tumor); mons. 384. ein-vleiß-ti (sagina)
mons. 412. f. ein-vleisc-itei? vielleicht ein-veiß-iti? vgl.
veiß-ten (saginare) Vreig. 18a; er-wel-itei (electio) K. 56b;
nam-otei (nominatio, invocatio) von namon, nam-atei O.
II. 23, 51. [wie thionata, korata 1, 879.] assim. nam-itei O.
I. 9, 27; upar-vankal-otei (excessus) mons. 374. 387; ki-

III. conſonantiſche ableitungen. þ.
ôþs, habáiþs, gen. dáupidis, ſalbôdis, habáidis), desgl.
im praet. ind. (dáupida, ſalbôda, habáida) während es in-
lautend in verſchiedenen ableitungen haftet (in den fem.
auf -iþa) nicht in allen (háubidis, liuhadis von háubiþ,
liuhaþ). Organiſche form der praet. ind. ſcheint alſo
auch -iþa, -áiþa, -ôþa geweſen zu ſein. Das beſtätigt 1)
das lat. -t der part. lectus, auditus, amatus. 2) das -þ
des anomalen goth. kun-þa (novi) kun-þs (notus) nicht
kunda, kunds; ahd. chon-da, chun-d; agſ. cu-ðe, cu-ð
(cû-ðe, cû-ð?); altn. kun-ni, kun-nr. Hier iſt kein i
ausgeworfen, wie ich bereits 1, 853. richtig ſah, aber
vielleicht ein a (wie finþan, vaírþan = finaþan, vaíra-
þan) kunnaþa, kunnaþs? In ſcul-da, mun-da (1, 852.
gegen den C. A. munþa) hat ſich das þ ſchon in d ge-
ſchwächt, daher auch altn. ſculdi, mundi (nicht ſculli,
munni). In þaúrf-ta, môſ-ta, daúrſ-ta, ôh-ta, mah-ta,
áih-ta ſteht hingegen das uralte -t, für þaúrb-aþa, môt-
aþa, daúr-aþa, ôg-aþa, mag-aþa, aíg-aþa? viſ-ſa = viſ-
ta, für vit-aþa? 3) die ahd. praet. und part. fünfter
anomalie (1, 885.) chrâta, pluota, tâtun entſprechen ſicht-
bar den ſubſt. chrât, pluot, tât; da aber vorhin gezeigt
worden iſt, daß letztere f. chrâd, pluod, tôd ſtehen (be-
weis: chradum, nâdala, ruodar etc.) ſo folgt, daß auch
jene praet. früher lauteten chrâda, pluoda, tâdun, ſâda,
mithin goth. -þ hatten, wie die ſubſt. ſêþs etc. — Ver-
halten ſich dieſe annahmen richtig, ſo durfen viele no-
mina entw. mit uraltem ft, ſt, ht, oder mit organiſchem
-þ, oder mit geſchwächtem -d, für verbalia erklärt wer-
den, d. h. für entſprungen aus praeteritiviſchen -þ (lat.
t-) der ſchwachen conjugation. Hiervon und von ſubſt.
oder adj. der n-form, die mit verbalem -n der ſtarken
conj. zuſ. hängen, handle ich weiter unten. Es gibt aber
außer dieſen verbalien, die ich verborgene, ungefühlte
nennen möchte, ſubſtantiva und zwar weibliche die fühl-
bar von part. praet. ſchwacher conj. hergeleitet werden
müßen, allein bloß im ahd. dialect. Nämlich wie er fem.
auf -anî bildet (oben ſ. 161. 162.), hat er auch fem. auf
-itì, -ôtî, -êtî. Warum ſind ſie jedoch viel ſeltner? ich weiß
nicht mehr als folgende: un-var-dew-itî (indigeries) K.
43b; ir-pur-itî (tumor); monſ. 384. ein-vleiƷ-ti (ſagina)
monſ. 412. f. ein-vleiſc-itî? vielleicht ein-veiƷ-iti? vgl.
veiƷ-ten (ſaginare) Vrîg. 18a; er-wel-itî (electio) K. 56b;
nam-ôtî (nominatio, invocatio) von namôn, nam-âtî O.
II. 23, 51. [wie thionâta, korâta 1, 879.] aſſim. nam-itî O.
I. 9, 27; upar-vankal-ôtî (exceſſus) monſ. 374. 387; ki-

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[261/0279] III. conſonantiſche ableitungen. þ. ôþs, habáiþs, gen. dáupidis, ſalbôdis, habáidis), desgl. im praet. ind. (dáupida, ſalbôda, habáida) während es in- lautend in verſchiedenen ableitungen haftet (in den fem. auf -iþa) nicht in allen (háubidis, liuhadis von háubiþ, liuhaþ). Organiſche form der praet. ind. ſcheint alſo auch -iþa, -áiþa, -ôþa geweſen zu ſein. Das beſtätigt 1) das lat. -t der part. lectus, auditus, amatus. 2) das -þ des anomalen goth. kun-þa (novi) kun-þs (notus) nicht kunda, kunds; ahd. chon-da, chun-d; agſ. cu-ðe, cu-ð (cû-ðe, cû-ð?); altn. kun-ni, kun-nr. Hier iſt kein i ausgeworfen, wie ich bereits 1, 853. richtig ſah, aber vielleicht ein a (wie finþan, vaírþan = finaþan, vaíra- þan) kunnaþa, kunnaþs? In ſcul-da, mun-da (1, 852. gegen den C. A. munþa) hat ſich das þ ſchon in d ge- ſchwächt, daher auch altn. ſculdi, mundi (nicht ſculli, munni). In þaúrf-ta, môſ-ta, daúrſ-ta, ôh-ta, mah-ta, áih-ta ſteht hingegen das uralte -t, für þaúrb-aþa, môt- aþa, daúr-aþa, ôg-aþa, mag-aþa, aíg-aþa? viſ-ſa = viſ- ta, für vit-aþa? 3) die ahd. praet. und part. fünfter anomalie (1, 885.) chrâta, pluota, tâtun entſprechen ſicht- bar den ſubſt. chrât, pluot, tât; da aber vorhin gezeigt worden iſt, daß letztere f. chrâd, pluod, tôd ſtehen (be- weis: chradum, nâdala, ruodar etc.) ſo folgt, daß auch jene praet. früher lauteten chrâda, pluoda, tâdun, ſâda, mithin goth. -þ hatten, wie die ſubſt. ſêþs etc. — Ver- halten ſich dieſe annahmen richtig, ſo durfen viele no- mina entw. mit uraltem ft, ſt, ht, oder mit organiſchem -þ, oder mit geſchwächtem -d, für verbalia erklärt wer- den, d. h. für entſprungen aus praeteritiviſchen -þ (lat. t-) der ſchwachen conjugation. Hiervon und von ſubſt. oder adj. der n-form, die mit verbalem -n der ſtarken conj. zuſ. hängen, handle ich weiter unten. Es gibt aber außer dieſen verbalien, die ich verborgene, ungefühlte nennen möchte, ſubſtantiva und zwar weibliche die fühl- bar von part. praet. ſchwacher conj. hergeleitet werden müßen, allein bloß im ahd. dialect. Nämlich wie er fem. auf -anî bildet (oben ſ. 161. 162.), hat er auch fem. auf -itì, -ôtî, -êtî. Warum ſind ſie jedoch viel ſeltner? ich weiß nicht mehr als folgende: un-var-dew-itî (indigeries) K. 43b; ir-pur-itî (tumor); monſ. 384. ein-vleiƷ-ti (ſagina) monſ. 412. f. ein-vleiſc-itî? vielleicht ein-veiƷ-iti? vgl. veiƷ-ten (ſaginare) Vrîg. 18a; er-wel-itî (electio) K. 56b; nam-ôtî (nominatio, invocatio) von namôn, nam-âtî O. II. 23, 51. [wie thionâta, korâta 1, 879.] aſſim. nam-itî O. I. 9, 27; upar-vankal-ôtî (exceſſus) monſ. 374. 387; ki-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/279>, abgerufen am 10.05.2024.