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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. th.
peßir-otei (aedificatio) mons. 350; vir-wehsal-otei (vicissi-
tudo) mons. 368. (wo der gen. sg. -otei, -tudinis); ki-
hasn-etei (linitio) mons. 357; terhin-etei (color) mons. 389.
vir-terhin-etei (praetextus) mons. 374. 387. Diese fem.
-itei, -otei, -etei (obwohl ursprünglich -idei, -odei, -edei) sind
den vorhin abgehandelten bildungen -ida, -od ungleich,
in welchen kein participiales -t fühlbar ist, daher auch
nicht die characteristischen conjugationsvocale auftreten.
Einzelne wörter mögen aber zweifelhaft sein, z. b. uparvan-
kalotei dürfte auch genommen werden für den pl. masc.
von uparvankalod.

f) noch einiges über die schwächung des th in d (ahd.
d in t). Sie tritt oft in den verschiednen erscheinungen
eines wortes ein, vgl. 1, 252. 408. 867. ahd. werdan,
wurtun; meidan, mitun. Gerade so altn. finna, part. fun-
dinn (nicht funninn) = ahd. vindan, vuntan; goth. sinths
und sandjan, altn. sinn, senda, ahd. sind, sentan. Hier
stimmen die dialecte, aber es hat auch einer, was der
andere nicht, z. b. goth. dauthus (mors) dauths (mortuus),
altn. daudi (mors) daudr (mortuus); hingegen ahd. tod
(mors) tot (mortuus), ags. dead (mors) dead (mortuus),
nhd. tod, todt, engl. death, dead, eine vielleicht nütz-
liche, aber unorg. unterscheidung, noch tadelhafter ist
O's tod und dot (1, 157.) wiewohl IV. 36, 16. bei vor-
ausgehendem s toter stehet. In allen diesen und vielen
ähnlichen wörtern ist -th (-d) die ursprüngliche ableitung.
In andern nehme ich aber auch organische -d (-t) an,
z. b. goth. kalds, ahd. chalter, altn. kaldr und nicht kalths,
chalder, kallr. Man unterscheide voneinander kunths (no-
tus) kunds (-gena); ahd. endi (frons) enti (finis) wie altn.
enni (frons) endir (finis); der wurzel nach sind sie frei-
lich verwandt.

g) mit andern ableitungscons. wechselt -th kaum; eini-
gemahl scheint es gleichbedeutig mit -l, ahd. scef-id (crea-
tor) und scef-il; mhd. weis-et (dux, besonders apum) MS.
2, 3a (in zwei hss.) und häufiger weis-el Mar. 204. Wilh.
1, 114b Loh. 39. [ahd. einfache schw. form weiso trev.
15a blas. 74a]; also nur zwischen persönlichen masc. auf
-iths, -ils. Oder läßt sich auch die bildung jungidi (foe-
tus) vergleichen mit vugilili (foetus) und ähnlichen? Be-
kanntlich wechseln im latein d und l, doch mehr in wur-
zeln, als in der ableitung (Schn. 1, 255-257.)


III. conſonantiſche ableitungen. þ.
peƷir-ôtî (aedificatio) monſ. 350; vir-wëhſal-ôtî (viciſſi-
tudo) monſ. 368. (wo der gen. ſg. -ôtî, -tudinis); ki-
haſn-êtî (linitio) monſ. 357; terhin-êtî (color) monſ. 389.
vir-terhin-êtî (praetextus) monſ. 374. 387. Dieſe fem.
-itî, -ôtî, -êtî (obwohl urſprünglich -idî, -ôdî, -êdî) ſind
den vorhin abgehandelten bildungen -ida, -ôd ungleich,
in welchen kein participiales -t fühlbar iſt, daher auch
nicht die characteriſtiſchen conjugationsvocale auftreten.
Einzelne wörter mögen aber zweifelhaft ſein, z. b. uparvan-
kalôtî dürfte auch genommen werden für den pl. maſc.
von uparvankalôd.

f) noch einiges über die ſchwächung des þ in d (ahd.
d in t). Sie tritt oft in den verſchiednen erſcheinungen
eines wortes ein, vgl. 1, 252. 408. 867. ahd. wërdan,
wurtun; mîdan, mitun. Gerade ſo altn. finna, part. fun-
dinn (nicht funninn) = ahd. vindan, vuntan; goth. ſinþs
und ſandjan, altn. ſinn, ſenda, ahd. ſind, ſentan. Hier
ſtimmen die dialecte, aber es hat auch einer, was der
andere nicht, z. b. goth. dáuþus (mors) dáuþs (mortuus),
altn. dauði (mors) dauðr (mortuus); hingegen ahd. tôd
(mors) tôt (mortuus), agſ. deáð (mors) deád (mortuus),
nhd. tôd, tôdt, engl. death, dead, eine vielleicht nütz-
liche, aber unorg. unterſcheidung, noch tadelhafter iſt
O’s tôd und dôt (1, 157.) wiewohl IV. 36, 16. bei vor-
ausgehendem s tôtêr ſtehet. In allen dieſen und vielen
ähnlichen wörtern iſt -þ (-d) die urſprüngliche ableitung.
In andern nehme ich aber auch organiſche -d (-t) an,
z. b. goth. kalds, ahd. chaltêr, altn. kaldr und nicht kalþs,
chaldêr, kallr. Man unterſcheide voneinander kunþs (no-
tus) kunds (-gena); ahd. endi (frons) enti (finis) wie altn.
enni (frons) endir (finis); der wurzel nach ſind ſie frei-
lich verwandt.

g) mit andern ableitungsconſ. wechſelt -þ kaum; eini-
gemahl ſcheint es gleichbedeutig mit -l, ahd. ſcef-id (crea-
tor) und ſcef-il; mhd. wîſ-et (dux, beſonders apum) MS.
2, 3a (in zwei hſſ.) und häufiger wîſ-el Mar. 204. Wilh.
1, 114b Loh. 39. [ahd. einfache ſchw. form wîſo trev.
15a blaſ. 74a]; alſo nur zwiſchen perſönlichen maſc. auf
-iþs, -ils. Oder läßt ſich auch die bildung jungidi (foe-
tus) vergleichen mit vugilili (foetus) und ähnlichen? Be-
kanntlich wechſeln im latein d und l, doch mehr in wur-
zeln, als in der ableitung (Schn. 1, 255-257.)


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[262/0280] III. conſonantiſche ableitungen. þ. peƷir-ôtî (aedificatio) monſ. 350; vir-wëhſal-ôtî (viciſſi- tudo) monſ. 368. (wo der gen. ſg. -ôtî, -tudinis); ki- haſn-êtî (linitio) monſ. 357; terhin-êtî (color) monſ. 389. vir-terhin-êtî (praetextus) monſ. 374. 387. Dieſe fem. -itî, -ôtî, -êtî (obwohl urſprünglich -idî, -ôdî, -êdî) ſind den vorhin abgehandelten bildungen -ida, -ôd ungleich, in welchen kein participiales -t fühlbar iſt, daher auch nicht die characteriſtiſchen conjugationsvocale auftreten. Einzelne wörter mögen aber zweifelhaft ſein, z. b. uparvan- kalôtî dürfte auch genommen werden für den pl. maſc. von uparvankalôd. f) noch einiges über die ſchwächung des þ in d (ahd. d in t). Sie tritt oft in den verſchiednen erſcheinungen eines wortes ein, vgl. 1, 252. 408. 867. ahd. wërdan, wurtun; mîdan, mitun. Gerade ſo altn. finna, part. fun- dinn (nicht funninn) = ahd. vindan, vuntan; goth. ſinþs und ſandjan, altn. ſinn, ſenda, ahd. ſind, ſentan. Hier ſtimmen die dialecte, aber es hat auch einer, was der andere nicht, z. b. goth. dáuþus (mors) dáuþs (mortuus), altn. dauði (mors) dauðr (mortuus); hingegen ahd. tôd (mors) tôt (mortuus), agſ. deáð (mors) deád (mortuus), nhd. tôd, tôdt, engl. death, dead, eine vielleicht nütz- liche, aber unorg. unterſcheidung, noch tadelhafter iſt O’s tôd und dôt (1, 157.) wiewohl IV. 36, 16. bei vor- ausgehendem s tôtêr ſtehet. In allen dieſen und vielen ähnlichen wörtern iſt -þ (-d) die urſprüngliche ableitung. In andern nehme ich aber auch organiſche -d (-t) an, z. b. goth. kalds, ahd. chaltêr, altn. kaldr und nicht kalþs, chaldêr, kallr. Man unterſcheide voneinander kunþs (no- tus) kunds (-gena); ahd. endi (frons) enti (finis) wie altn. enni (frons) endir (finis); der wurzel nach ſind ſie frei- lich verwandt. g) mit andern ableitungsconſ. wechſelt -þ kaum; eini- gemahl ſcheint es gleichbedeutig mit -l, ahd. ſcef-id (crea- tor) und ſcef-il; mhd. wîſ-et (dux, beſonders apum) MS. 2, 3a (in zwei hſſ.) und häufiger wîſ-el Mar. 204. Wilh. 1, 114b Loh. 39. [ahd. einfache ſchw. form wîſo trev. 15a blaſ. 74a]; alſo nur zwiſchen perſönlichen maſc. auf -iþs, -ils. Oder läßt ſich auch die bildung jungidi (foe- tus) vergleichen mit vugilili (foetus) und ähnlichen? Be- kanntlich wechſeln im latein d und l, doch mehr in wur- zeln, als in der ableitung (Schn. 1, 255-257.)

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/280>, abgerufen am 10.05.2024.