der wurzel hat *), sind: ahd. viur, altn. syr (ignis) f. viuw-ar? ags. tear f. täh-er, ahd. zah-ar, goth. tag-rs, gr. dak-ru, lat. lac-rima; engl. fair f. fah-r, fag-r, ags. fäg-er, goth. fag-rs und fah-rjan; engl. stair, ags. stäg- er; dän. seir, sejr (victoria) f. sig-er. --
b) häufiger als das l fehlt das ableitende r der einen mundart, während es die andere besitzt, bei gleichen bedeu- tungen. Das goth. vat-o lautet ahd. waß-ar, ags. vät-er; das goth. vulth-us ahd. wold-ar, ags. vuld-or; das altn. oeg-ir (gen. oegis) ags. eg-or (vgl. lat. aequ-or); das ags. meard (martes) ahd. mard-ar; das ahd. sik-u ags. sig-or, altn. sig-r (gen. sigrs); das mhd. heß (vestitus) ags. hät-er; das nnl. mes (culter) nhd. mess-er; das ags. secg ahd. sah-ar; das nhd. mord goth. maurth-r, ahd. mord-ar; das altn. last ahd. last-ar; das ags. vulf (lupus) besteht neben vulf-er (lupus) mist-rjan (caligare) neben mist-jan etc. Die beispiele lehren, daß kein dialect dem -r gerade geneigt oder abgeneigt sei; jeder hegt oder verwirft es für einzelne wör- ter. Wie alt muß es daher sein, wenn es ohne dem ge- nauen sinn abzubrechen in ihnen bald haften, bald fehlen darf. Die meisten r-ableitungen führen es freilich durch alle dialecte; ein mod, muot f. modor, muotar würde in keiner deutschen sprache verstanden werden, so wenig als mat im lat. für mater, doch dem Litthauer ist mote, dem Slaven mati (wenigstens im nom.) ohne r zuläßig. --
c) wechsel mit andern ableitungsconsonanten. Zwi- schen r und l; davon oben s. 119., hier noch einige bei- spiele: statt des ags. bremel, brembel (rubus) steht Cädm. 63. 2. brember; das nhd. schüttern, erschüttern ist stärker als schutteln, doch stammeln einerlei mit stammern das mhd. wispeln (sibilare, vgl. slangen-wifpel weltchr. cass. 31c, wis- pel-wort MS. 2, 202b) das engl. whisper ags. hvisprjan (su- surrare); das ags. hvästrjan (murmurare) verwandt mit hvistljan, engl. whistle (sibilare) vgl. die nhd. lispeln, flispern, flüstern; für viscera, intestina gilt der ahd. ausdruck inno- dilu (pl. neutr. vom sg. innodili) jun. 209. T. 4. 18. **)
*) ahd. tio-r, altn. dy-r (fera) scheint dem S. zu gehören vgl. goth. diuh-s? mehr davon an seinem ort.
**) inobli doc. 221a schiene verderbt, wenn nicht altn. inneifli vorkäme; die wurzel ist inn (das innere, innerste) wovon ohne l oder r ableitung ags. innod, pl. innodas (viscera), vgl. innodi jun. 231. innadir (?) doc. 221a ob eine compos. inn-adara eintrete? bezweifle ich. Vielleicht klärt auch das noch ungewisse goth. hairthra (splagkhna), hilem. 5, 12. auf, vom sg. hairthr.
III. conſonantiſche ableitungen. R.
der wurzel hat *), ſind: ahd. viur, altn. ſŷr (ignis) f. viuw-ar? agſ. tëar f. täh-er, ahd. zah-ar, goth. tag-rs, gr. δάκ-ρυ, lat. lac-rima; engl. fair f. fah-r, fag-r, agſ. fäg-er, goth. fag-rs und fah-rjan; engl. ſtair, agſ. ſtäg- er; dän. ſeir, ſejr (victoria) f. ſig-er. —
b) häufiger als das l fehlt das ableitende r der einen mundart, während es die andere beſitzt, bei gleichen bedeu- tungen. Das goth. vat-ô lautet ahd. waƷ-ar, agſ. vät-er; das goth. vulþ-us ahd. wold-ar, agſ. vuld-or; das altn. œg-ir (gen. œgis) agſ. êg-or (vgl. lat. aequ-or); das agſ. mearð (martes) ahd. mard-ar; das ahd. ſik-u agſ. ſig-or, altn. ſig-r (gen. ſigrs); das mhd. heƷ (veſtitus) agſ. hät-er; das nnl. mes (culter) nhd. meſſ-er; das agſ. ſecg ahd. ſah-ar; das nhd. mord goth. maúrþ-r, ahd. mord-ar; das altn. laſt ahd. laſt-ar; das agſ. vulf (lupus) beſteht neben vulf-er (lupus) miſt-rjan (caligare) neben miſt-jan etc. Die beiſpiele lehren, daß kein dialect dem -r gerade geneigt oder abgeneigt ſei; jeder hegt oder verwirft es für einzelne wör- ter. Wie alt muß es daher ſein, wenn es ohne dem ge- nauen ſinn abzubrechen in ihnen bald haften, bald fehlen darf. Die meiſten r-ableitungen führen es freilich durch alle dialecte; ein môd, muot f. môdor, muotar würde in keiner deutſchen ſprache verſtanden werden, ſo wenig als mat im lat. für mater, doch dem Litthauer iſt mote, dem Slaven mati (wenigſtens im nom.) ohne r zuläßig. —
c) wechſel mit andern ableitungsconſonanten. Zwi- ſchen r und l; davon oben ſ. 119., hier noch einige bei- ſpiele: ſtatt des agſ. bremel, brembel (rubus) ſteht Cädm. 63. 2. brember; das nhd. ſchüttern, erſchüttern iſt ſtärker als ſchutteln, doch ſtammeln einerlei mit ſtammern das mhd. wiſpeln (ſibilare, vgl. ſlangen-wifpel weltchr. caſſ. 31c, wiſ- pel-wort MS. 2, 202b) das engl. whiſper agſ. hviſprjan (ſu- ſurrare); das agſ. hväſtrjan (murmurare) verwandt mit hviſtljan, engl. whiſtle (ſibilare) vgl. die nhd. liſpeln, fliſpern, flüſtern; für viſcera, inteſtina gilt der ahd. ausdruck innô- dilu (pl. neutr. vom ſg. innôdili) jun. 209. T. 4. 18. **)
*) ahd. tio-r, altn. dŷ-r (fera) ſcheint dem S. zu gehören vgl. goth. diuh-s? mehr davon an ſeinem ort.
**) inôbli doc. 221a ſchiene verderbt, wenn nicht altn. innîfli vorkäme; die wurzel iſt inn (das innere, innerſte) wovon ohne l oder r ableitung agſ. innôð, pl. innôðas (viſcera), vgl. innôdi jun. 231. innadir (?) doc. 221a ob eine compoſ. inn-âdara eintrete? bezweifle ich. Vielleicht klärt auch das noch ungewiſſe goth. haírþra (σπλάγχνα), hilem. 5, 12. auf, vom ſg. haírþr.
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III. conſonantiſche ableitungen. R.
der wurzel hat *), ſind: ahd. viur, altn. ſŷr (ignis) f.
viuw-ar? agſ. tëar f. täh-er, ahd. zah-ar, goth. tag-rs,
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fäg-er, goth. fag-rs und fah-rjan; engl. ſtair, agſ. ſtäg-
er; dän. ſeir, ſejr (victoria) f. ſig-er. —
b) häufiger als das l fehlt das ableitende r der einen
mundart, während es die andere beſitzt, bei gleichen bedeu-
tungen. Das goth. vat-ô lautet ahd. waƷ-ar, agſ. vät-er; das
goth. vulþ-us ahd. wold-ar, agſ. vuld-or; das altn. œg-ir
(gen. œgis) agſ. êg-or (vgl. lat. aequ-or); das agſ. mearð
(martes) ahd. mard-ar; das ahd. ſik-u agſ. ſig-or, altn.
ſig-r (gen. ſigrs); das mhd. heƷ (veſtitus) agſ. hät-er;
das nnl. mes (culter) nhd. meſſ-er; das agſ. ſecg ahd.
ſah-ar; das nhd. mord goth. maúrþ-r, ahd. mord-ar;
das altn. laſt ahd. laſt-ar; das agſ. vulf (lupus) beſteht neben
vulf-er (lupus) miſt-rjan (caligare) neben miſt-jan etc. Die
beiſpiele lehren, daß kein dialect dem -r gerade geneigt oder
abgeneigt ſei; jeder hegt oder verwirft es für einzelne wör-
ter. Wie alt muß es daher ſein, wenn es ohne dem ge-
nauen ſinn abzubrechen in ihnen bald haften, bald fehlen
darf. Die meiſten r-ableitungen führen es freilich durch
alle dialecte; ein môd, muot f. môdor, muotar würde in
keiner deutſchen ſprache verſtanden werden, ſo wenig als
mat im lat. für mater, doch dem Litthauer iſt mote, dem
Slaven mati (wenigſtens im nom.) ohne r zuläßig. —
c) wechſel mit andern ableitungsconſonanten. Zwi-
ſchen r und l; davon oben ſ. 119., hier noch einige bei-
ſpiele: ſtatt des agſ. bremel, brembel (rubus) ſteht Cädm.
63. 2. brember; das nhd. ſchüttern, erſchüttern iſt ſtärker
als ſchutteln, doch ſtammeln einerlei mit ſtammern das mhd.
wiſpeln (ſibilare, vgl. ſlangen-wifpel weltchr. caſſ. 31c, wiſ-
pel-wort MS. 2, 202b) das engl. whiſper agſ. hviſprjan (ſu-
ſurrare); das agſ. hväſtrjan (murmurare) verwandt mit
hviſtljan, engl. whiſtle (ſibilare) vgl. die nhd. liſpeln, fliſpern,
flüſtern; für viſcera, inteſtina gilt der ahd. ausdruck innô-
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*) ahd. tio-r, altn. dŷ-r (fera) ſcheint dem S. zu gehören
vgl. goth. diuh-s? mehr davon an ſeinem ort.
**) inôbli doc. 221a ſchiene verderbt, wenn nicht altn. innîfli
vorkäme; die wurzel iſt inn (das innere, innerſte) wovon ohne l
oder r ableitung agſ. innôð, pl. innôðas (viſcera), vgl. innôdi
jun. 231. innadir (?) doc. 221a ob eine compoſ. inn-âdara eintrete?
bezweifle ich. Vielleicht klärt auch das noch ungewiſſe goth. haírþra
(σπλάγχνα), hilem. 5, 12. auf, vom ſg. haírþr.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/161>, abgerufen am 04.10.2024.
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