nicht Vriged. 1833. ein mhd. durstert zu lesen, das freilich der bestätigung bedarf (ahd. mih durstit, sla- fot), und enthielten nicht auch einige der angeführten altn. verba solch ein zwischengeschoßnes -r mit factiti- ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra. Vgl. vorhin s. 119. über -l. --
g) dritter schwacher conjugation, intransitiva, wie es scheint, bloß aus adj. gebildet; ahd. hlaut-ar-en (liquefieri) mhd. laut-er-n Trist. 8149. (verschie- den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlaut-ar-jan); ir- munt-ar-en (excitari); ir-seig-ar-en (languescere) mons. 343; wohl auch pit-ar-en (amarescere) Vriged. 1612. mir bittert. Späterhin verlieren und vermischen sich diese bildungen. --
[IR] dieses bildungsprincip, wenn es anders überhaupt statt findet, ist von ganz geringem umfang. Die goth. sprache läßt kein ir zu, sondern statt dessen -air, aber nirgends weder beim nomen noch verbum wird air zur ableitung verwandt, daß ai vor dem r weggefallen sei, läßt sich nicht annehmen. Warum sollte ein ahd. hualira auf goth. nicht hvalaira lauten dürfen? Wir werden auch unter den ableitungen mit zwei consonanten hernach einem goth. -airna begegnen. Im ahd. ist kein adj. mit -ir aufzuweisen, einige subst. und verba schei- nen es anzusprechen. Man muß aber gegen ahd. ir in wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig sein, sie könnten aus goth. is, iz entspringen und gehören dann gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (spica) mhd. eher steht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich also, daß unter den ahd. ir noch einige unbekannte is stecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliso lautete? Diese schwierigkeit des cons. beiseite gesetzt, kann das ir fehlerhaft für ar stehen (z. b. in der schreibung flastir f. flastar, emplastrum) und iri aus ari durch assim. entspringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt daher fast das einzige merkmahl und selbst er beweiset kein ir, so oft ein ableitungs-i weggefallen sein darf. Die wörter, welche hier in betracht kommen, sind fol- gende: das ags. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. aeb-er (oben s. 51. nr. 540.) Parc. 29a wäre als starkes masc. oder neu- tr. ahd. ab-ir; für das geschlecht streitet der spätere aus-
III. conſonantiſche ableitungen. R.
nicht Vriged. 1833. ein mhd. durſtert zu leſen, das freilich der beſtätigung bedarf (ahd. mih durſtit, ſlâ- fôt), und enthielten nicht auch einige der angeführten altn. verba ſolch ein zwiſchengeſchoßnes -r mit factiti- ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra. Vgl. vorhin ſ. 119. über -l. —
γ) dritter ſchwacher conjugation, intranſitiva, wie es ſcheint, bloß aus adj. gebildet; ahd. hlût-ar-ên (liquefieri) mhd. lût-er-n Triſt. 8149. (verſchie- den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlût-ar-jan); ir- munt-ar-ên (excitari); ir-ſeig-ar-ên (langueſcere) monſ. 343; wohl auch pit-ar-ên (amareſcere) Vriged. 1612. mir bittert. Späterhin verlieren und vermiſchen ſich dieſe bildungen. —
[IR] dieſes bildungsprincip, wenn es anders überhaupt ſtatt findet, iſt von ganz geringem umfang. Die goth. ſprache läßt kein ir zu, ſondern ſtatt deſſen -aír, aber nirgends weder beim nomen noch verbum wird aír zur ableitung verwandt, daß aí vor dem r weggefallen ſei, läßt ſich nicht annehmen. Warum ſollte ein ahd. hualira auf goth. nicht hvalaíra lauten dürfen? Wir werden auch unter den ableitungen mit zwei conſonanten hernach einem goth. -aírna begegnen. Im ahd. iſt kein adj. mit -ir aufzuweiſen, einige ſubſt. und verba ſchei- nen es anzuſprechen. Man muß aber gegen ahd. ir in wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig ſein, ſie könnten aus goth. is, iz entſpringen und gehören dann gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (ſpica) mhd. eher ſteht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich alſo, daß unter den ahd. ir noch einige unbekannte is ſtecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliſô lautete? Dieſe ſchwierigkeit des conſ. beiſeite geſetzt, kann das ir fehlerhaft für ar ſtehen (z. b. in der ſchreibung flaſtir f. flaſtar, emplaſtrum) und iri aus ari durch aſſim. entſpringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt daher faſt das einzige merkmahl und ſelbſt er beweiſet kein ir, ſo oft ein ableitungs-i weggefallen ſein darf. Die wörter, welche hier in betracht kommen, ſind fol- gende: das agſ. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. æb-er (oben ſ. 51. nr. 540.) Parc. 29a wäre als ſtarkes maſc. oder neu- tr. ahd. âb-ir; für das geſchlecht ſtreitet der ſpätere aus-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0157"n="139"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">conſonantiſche ableitungen. R.</hi></hi></fw><lb/>
nicht Vriged. 1833. ein mhd. durſtert zu leſen,<lb/>
das freilich der beſtätigung bedarf (ahd. mih durſtit, ſlâ-<lb/>
fôt), und enthielten nicht auch einige der angeführten<lb/>
altn. verba ſolch ein zwiſchengeſchoßnes -r mit factiti-<lb/>
ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra.<lb/>
Vgl. vorhin ſ. 119. über -l. —</p><lb/><p><hirendition="#i">γ</hi>) <hirendition="#i">dritter ſchwacher conjugation</hi>,<lb/>
intranſitiva, wie es ſcheint, bloß aus adj. gebildet; ahd.<lb/>
hlût-ar-ên (liquefieri) mhd. lût-er-n Triſt. 8149. (verſchie-<lb/>
den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlût-ar-jan); ir-<lb/>
munt-ar-ên (excitari); ir-ſeig-ar-ên (langueſcere) monſ.<lb/>
343; wohl auch pit-ar-ên (amareſcere) Vriged. 1612.<lb/>
mir bittert. Späterhin verlieren und vermiſchen ſich<lb/>
dieſe bildungen. —</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>[IR] dieſes bildungsprincip, wenn es anders überhaupt<lb/>ſtatt findet, iſt von ganz geringem umfang. Die goth.<lb/>ſprache läßt kein <hirendition="#i">ir</hi> zu, ſondern ſtatt deſſen <hirendition="#i">-aír</hi>, aber<lb/>
nirgends weder beim nomen noch verbum wird <hirendition="#i">aír</hi><lb/>
zur ableitung verwandt, daß aí vor dem r weggefallen<lb/>ſei, läßt ſich nicht annehmen. Warum ſollte ein ahd.<lb/>
hualira auf goth. nicht hvalaíra lauten dürfen? Wir<lb/>
werden auch unter den ableitungen mit zwei conſonanten<lb/>
hernach einem goth. -aírna begegnen. Im ahd. iſt kein<lb/>
adj. mit <hirendition="#i">-ir</hi> aufzuweiſen, einige ſubſt. und verba ſchei-<lb/>
nen es anzuſprechen. Man muß aber gegen ahd. <hirendition="#i">ir</hi> in<lb/>
wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig ſein, ſie<lb/>
könnten aus goth. is, iz entſpringen und gehören dann<lb/>
gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (ſpica) mhd. eher<lb/>ſteht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich<lb/>
alſo, daß unter den ahd. <hirendition="#i">ir</hi> noch einige unbekannte <hirendition="#i">is</hi><lb/>ſtecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliſô lautete?<lb/>
Dieſe ſchwierigkeit des conſ. beiſeite geſetzt, kann das<lb/><hirendition="#i">ir</hi> fehlerhaft für <hirendition="#i">ar</hi>ſtehen (z. b. in der ſchreibung<lb/>
flaſtir f. flaſtar, emplaſtrum) und <hirendition="#i">iri</hi> aus <hirendition="#i">ari</hi> durch aſſim.<lb/>
entſpringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt<lb/>
daher faſt das einzige merkmahl und ſelbſt er beweiſet<lb/>
kein <hirendition="#i">ir</hi>, ſo oft ein ableitungs-i weggefallen ſein darf.<lb/>
Die wörter, welche hier in betracht kommen, ſind fol-<lb/>
gende: das agſ. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren<lb/>
bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. æb-er (oben<lb/>ſ. 51. nr. 540.) Parc. 29<hirendition="#sup">a</hi> wäre als ſtarkes maſc. oder neu-<lb/>
tr. ahd. âb-ir; für das geſchlecht ſtreitet der ſpätere aus-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[139/0157]
III. conſonantiſche ableitungen. R.
nicht Vriged. 1833. ein mhd. durſtert zu leſen,
das freilich der beſtätigung bedarf (ahd. mih durſtit, ſlâ-
fôt), und enthielten nicht auch einige der angeführten
altn. verba ſolch ein zwiſchengeſchoßnes -r mit factiti-
ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra.
Vgl. vorhin ſ. 119. über -l. —
γ) dritter ſchwacher conjugation,
intranſitiva, wie es ſcheint, bloß aus adj. gebildet; ahd.
hlût-ar-ên (liquefieri) mhd. lût-er-n Triſt. 8149. (verſchie-
den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlût-ar-jan); ir-
munt-ar-ên (excitari); ir-ſeig-ar-ên (langueſcere) monſ.
343; wohl auch pit-ar-ên (amareſcere) Vriged. 1612.
mir bittert. Späterhin verlieren und vermiſchen ſich
dieſe bildungen. —
[IR] dieſes bildungsprincip, wenn es anders überhaupt
ſtatt findet, iſt von ganz geringem umfang. Die goth.
ſprache läßt kein ir zu, ſondern ſtatt deſſen -aír, aber
nirgends weder beim nomen noch verbum wird aír
zur ableitung verwandt, daß aí vor dem r weggefallen
ſei, läßt ſich nicht annehmen. Warum ſollte ein ahd.
hualira auf goth. nicht hvalaíra lauten dürfen? Wir
werden auch unter den ableitungen mit zwei conſonanten
hernach einem goth. -aírna begegnen. Im ahd. iſt kein
adj. mit -ir aufzuweiſen, einige ſubſt. und verba ſchei-
nen es anzuſprechen. Man muß aber gegen ahd. ir in
wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig ſein, ſie
könnten aus goth. is, iz entſpringen und gehören dann
gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (ſpica) mhd. eher
ſteht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich
alſo, daß unter den ahd. ir noch einige unbekannte is
ſtecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliſô lautete?
Dieſe ſchwierigkeit des conſ. beiſeite geſetzt, kann das
ir fehlerhaft für ar ſtehen (z. b. in der ſchreibung
flaſtir f. flaſtar, emplaſtrum) und iri aus ari durch aſſim.
entſpringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt
daher faſt das einzige merkmahl und ſelbſt er beweiſet
kein ir, ſo oft ein ableitungs-i weggefallen ſein darf.
Die wörter, welche hier in betracht kommen, ſind fol-
gende: das agſ. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren
bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. æb-er (oben
ſ. 51. nr. 540.) Parc. 29a wäre als ſtarkes maſc. oder neu-
tr. ahd. âb-ir; für das geſchlecht ſtreitet der ſpätere aus-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/157>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.