Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.II. mittelhochd erste schwache conjugation. gekehrt jenes lautgesetz durch, das praet. läßt sein eder flexion fahren und bewahrt das tonlose e der ablei- tung; so liest man Georg 41a b. kündct (uuntiavit): en- zündet mit apocopiertem stummem e st. kündete f. kunte. Fehlerhaft wäre die apocope des e von der gewöhnlichen syncopierten form des praet., außer im vers bei folgen- dem vocal. Ich wüste auch kein beispiel; denn gehaft Parc. 93a: schaft stammt nicht von heften (figere) son- dern haften (figi) zweiter conj., steht aber für hafte (st. haftete) wie gert, erwachet f. gerte, erwachete (unten s. 958. 959.). -- e) wiewohl in der regel leite, huete, note st. der alth. leitta, huotta, notta stehen, d. h. auf arbeite (labore) muote (animo) tote (mor- te) reimen, bleibt doch näher zu forschen, ob nicht einige, zumahl ältere dichter ein mittelh. leitte, huotte, notte beobachten? Zwar geschrieben finde ich es nir- gends und bereits reimen Maria 61. huote: guote, 90 ge- muote: huote, 201 leite: gereite etc. doch könnte man huotte: guote, gemuotte: huote, leitte: gereite für den freieren reim des 12. jahrh. nehmen. Wolfr. Reinb. und Conr. scheinen jene praet. -eitte, -uotte, -otte nur aufeinander zu reimen, vgl. Parc. 57a 194b beitte, ar- beitte: bereitte, Wilh. 2, 165b leitte: bereitte, 50a totte: notte, troj. 72a Georg 38b wuotte: huotte; desgl. andere -eite, -uote, -ote nur aufeinander, als Parc. 61c ge- reite: breite, 75b gereite: arbeite, Wilh. 2, 187b bereite (parati): geleite 157b arbeiten: leiten etc. Für die mei- sten dichter läßt sich -eite, -uote, -ote, -aute bewei- sen, Klage 3771. gereite: beite, Iw. 36c bluoten: ruo- ten, Trist. 44a Flore 41a Wigal. 313. guote: behuote, M. S. 1, 45a muote: wuote Trist. 21a leiten: bereiten, Kolocz 140. laute: traute etc. -- z) spuren der s. 874. 4. an- gemerkten gemination, wie es scheint mit vocalkürzung, in wenne, wennet, wennen st. waene, waenet, waenen M. S. 1, 47a Bon 35, 49. 42. 56. 69, 55. vermuthlich im praet. wante, wande st. wante? -- e) den unterschied von lang- silbigen verbis zweiter conj. begründen folgende kenn- zeichen, deren keines an und für sich betrachtet völlig sicher ist: a) transitive bedeutung der wörter erster, in- transitive derjenigen zweiter conj., mit ausnahmen auf beiden seiten. b) umlaut und rückumlaut umlautbarer verba der ersten also im praes. nur e, ü, ae, oe, iu, ue (kein a, u, a, o, au, uo) im praet. aber a, u, a, o, au, uo (nicht e, ü. ae, oe, in, ue) mit den ausnahmen a. b. Verba zweiter haben selten uml., nie rückumlaut. II. mittelhochd erſte ſchwache conjugation. gekehrt jenes lautgeſetz durch, das praet. läßt ſein eder flexion fahren und bewahrt das tonloſe e der ablei- tung; ſo lieſt man Georg 41a b. kündct (uuntiavit): en- zündet mit apocopiertem ſtummem e ſt. kündete f. kunte. Fehlerhaft wäre die apocope des e von der gewöhnlichen ſyncopierten form des praet., außer im vers bei folgen- dem vocal. Ich wüſte auch kein beiſpiel; denn gehaft Parc. 93a: ſchaft ſtammt nicht von heften (figere) ſon- dern haften (figi) zweiter conj., ſteht aber für hafte (ſt. haftete) wie gert, erwachet f. gërte, erwachete (unten ſ. 958. 959.). — ε) wiewohl in der regel leite, huete, nôte ſt. der alth. leitta, huotta, nôtta ſtehen, d. h. auf arbeite (labore) muote (animo) tôte (mor- te) reimen, bleibt doch näher zu forſchen, ob nicht einige, zumahl ältere dichter ein mittelh. leitte, huotte, nôtte beobachten? Zwar geſchrieben finde ich es nir- gends und bereits reimen Maria 61. huote: guote, 90 ge- muote: huote, 201 leite: gereite etc. doch könnte man huotte: guote, gemuotte: huote, leitte: gereite für den freieren reim des 12. jahrh. nehmen. Wolfr. Reinb. und Conr. ſcheinen jene praet. -eitte, -uotte, -ôtte nur aufeinander zu reimen, vgl. Parc. 57a 194b beitte, ar- beitte: bereitte, Wilh. 2, 165b leitte: bereitte, 50a tôtte: nôtte, troj. 72a Georg 38b wuotte: huotte; desgl. andere -eite, -uote, -ôte nur aufeinander, als Parc. 61c ge- reite: breite, 75b gereite: arbeite, Wilh. 2, 187b bereite (parati): geleite 157b arbeiten: leiten etc. Für die mei- ſten dichter läßt ſich -eite, -uote, -ôte, -ûte bewei- ſen, Klage 3771. gereite: beite, Iw. 36c bluoten: ruo- ten, Triſt. 44a Flore 41a Wigal. 313. guote: behuote, M. S. 1, 45a muote: wuote Triſt. 21a leiten: bereiten, Kolocz 140. lûte: trûte etc. — ζ) ſpuren der ſ. 874. 4. an- gemerkten gemination, wie es ſcheint mit vocalkürzung, in wenne, wennet, wennen ſt. wæne, wænet, wænen M. S. 1, 47a Bon 35, 49. 42. 56. 69, 55. vermuthlich im praet. wante, wande ſt. wànte? — η) den unterſchied von lang- ſilbigen verbis zweiter conj. begründen folgende kenn- zeichen, deren keines an und für ſich betrachtet völlig ſicher iſt: a) tranſitive bedeutung der wörter erſter, in- tranſitive derjenigen zweiter conj., mit ausnahmen auf beiden ſeiten. b) umlaut und rückumlaut umlautbarer verba der erſten alſo im praeſ. nur e, ü, æ, œ, iu, ue (kein a, u, â, ô, û, uo) im praet. aber a, u, â, ô, û, uo (nicht e, ü. æ, œ, in, ue) mit den ausnahmen α. β. 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II. mittelhochd erſte ſchwache conjugation.
gekehrt jenes lautgeſetz durch, das praet. läßt ſein e
der flexion fahren und bewahrt das tonloſe e der ablei-
tung; ſo lieſt man Georg 41a b. kündct (uuntiavit): en-
zündet mit apocopiertem ſtummem e ſt. kündete f. kunte.
Fehlerhaft wäre die apocope des e von der gewöhnlichen
ſyncopierten form des praet., außer im vers bei folgen-
dem vocal. Ich wüſte auch kein beiſpiel; denn gehaft
Parc. 93a: ſchaft ſtammt nicht von heften (figere) ſon-
dern haften (figi) zweiter conj., ſteht aber für hafte
(ſt. haftete) wie gert, erwachet f. gërte, erwachete
(unten ſ. 958. 959.). — ε) wiewohl in der regel leite,
huete, nôte ſt. der alth. leitta, huotta, nôtta ſtehen,
d. h. auf arbeite (labore) muote (animo) tôte (mor-
te) reimen, bleibt doch näher zu forſchen, ob nicht
einige, zumahl ältere dichter ein mittelh. leitte, huotte,
nôtte beobachten? Zwar geſchrieben finde ich es nir-
gends und bereits reimen Maria 61. huote: guote, 90 ge-
muote: huote, 201 leite: gereite etc. doch könnte man
huotte: guote, gemuotte: huote, leitte: gereite für den
freieren reim des 12. jahrh. nehmen. Wolfr. Reinb. und
Conr. ſcheinen jene praet. -eitte, -uotte, -ôtte nur
aufeinander zu reimen, vgl. Parc. 57a 194b beitte, ar-
beitte: bereitte, Wilh. 2, 165b leitte: bereitte, 50a tôtte:
nôtte, troj. 72a Georg 38b wuotte: huotte; desgl. andere
-eite, -uote, -ôte nur aufeinander, als Parc. 61c ge-
reite: breite, 75b gereite: arbeite, Wilh. 2, 187b bereite
(parati): geleite 157b arbeiten: leiten etc. Für die mei-
ſten dichter läßt ſich -eite, -uote, -ôte, -ûte bewei-
ſen, Klage 3771. gereite: beite, Iw. 36c bluoten: ruo-
ten, Triſt. 44a Flore 41a Wigal. 313. guote: behuote,
M. S. 1, 45a muote: wuote Triſt. 21a leiten: bereiten,
Kolocz 140. lûte: trûte etc. — ζ) ſpuren der ſ. 874. 4. an-
gemerkten gemination, wie es ſcheint mit vocalkürzung,
in wenne, wennet, wennen ſt. wæne, wænet, wænen M. S.
1, 47a Bon 35, 49. 42. 56. 69, 55. vermuthlich im praet.
wante, wande ſt. wànte? — η) den unterſchied von lang-
ſilbigen verbis zweiter conj. begründen folgende kenn-
zeichen, deren keines an und für ſich betrachtet völlig
ſicher iſt: a) tranſitive bedeutung der wörter erſter, in-
tranſitive derjenigen zweiter conj., mit ausnahmen auf
beiden ſeiten. b) umlaut und rückumlaut umlautbarer
verba der erſten alſo im praeſ. nur e, ü, æ, œ, iu, ue
(kein a, u, â, ô, û, uo) im praet. aber a, u, â, ô, û, uo
(nicht e, ü. æ, œ, in, ue) mit den ausnahmen α. β.
Verba zweiter haben ſelten uml., nie rückumlaut.
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