gels. mäsling, mästling, aurichalcum), sogar mönsche (f. mensche) hör, mör etc.
(UE) ü, umlaut des kurzen u, (wie ue der des uo und in der des au) dessen schon bei dem u gedacht wor- den ist. Sein wirkliches vorhanden seyn beweisen theils die hss. welche es hin und wieder durch ein überge- schriebenes bäckchen, bald dem i. bald dem acutus ähn- lich. ausdrücken, oft auch mit dem iu verwechseln, -- theils ohne solche bezeichnung sicherer die reime, indem sie nur wörter zu verbinden pflegen, denen das dem umlaut zu grund liegende endungs-e (= i, ei) zusteht. Wenn z. b. nicht brunne (fons): kunne (genus) reimt, nicht hunde (canes): unde (fluctus). hingegen kunne (ge- nus): dunne (tenuis) brunne: sunne (sol) hunde: munde (ore) unde: urkunde etc. was ist anders zu schließen, als daß nunmehr künne, ünde, dünne, urkünde unter- schieden von brunne, sunne, hunde, munde gesprochen worden sey? Die sprache bedurfte dieses umlauts zur sonderung einer menge von formen; die alth. bedurfte seiner nicht. Im alth. hieß es z. b. bundun, zugun, conj. bundin, zugin; mittelh. würde bunden, zugen im ind. und conj. stehen, wo nicht letzterer den umlaut bünden, zügen bekommen hätte. Wiederum wäre das alth. tumbo und tumbei im mittelh. tumbe ohne den um- laut verfloßen, welcher das weibl. subst. in tümbe (M. S. 1, 39b) verwandelte. Inzwischen hat dieser grund des bedürfnisses, der auch für die übrigen umlaute ö, ae, ue gilt, nicht allzuviel gewicht, da der umlaut des a in e neben jenen volleren unterscheidenden flexionen schon im alth. bestand; deutlicher aber scheint mir das spätere und allmählige aufkommen des ü mit dem (vorhin bei u) angegebenen schwanken zwischen ü und u bewiesen zu werden. Ein ähnliches schwanken trat im alth. zwi- schen a und e ein, im mittelh. herrscht der umlaut e bis auf wenige spuren (hanget, haltet). Ebenso hört im neuh. das mittelh. schwanken zwischen u und ü auf, d. h. der umlaut herrscht allenthalben. Daß im mittelh. das alte u vorzugsweise in den starken conjunctiven, weniger im pl. der subst. und in ableitungen beharrt. gründet sich vermuthlich auf die höhere bedeutung und darum reinere erhaltung des lautverhältnisses in den ab- lauten; dieselbe ursache schützte in den pl. bunden, zugen das org. u länger vor dem übertritt in o. -- Noch bemerke ich, daß die möglichkeit des umlauts ü zuwei- len eine verwandlung der alten endung a in i voraus-
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I. mittelhochdeutſche vocale.
gelſ. mäſling, mäſtling, aurichalcum), ſogar mönſche (f. menſche) hör, mör etc.
(UE) ü, umlaut des kurzen u, (wie ue der des uo und in der des û) deſſen ſchon bei dem u gedacht wor- den iſt. Sein wirkliches vorhanden ſeyn beweiſen theils die hſſ. welche es hin und wieder durch ein überge- ſchriebenes bäckchen, bald dem i. bald dem acutus ähn- lich. ausdrücken, oft auch mit dem iu verwechſeln, — theils ohne ſolche bezeichnung ſicherer die reime, indem ſie nur wörter zu verbinden pflegen, denen das dem umlaut zu grund liegende endungs-e (= i, î) zuſteht. Wenn z. b. nicht brunne (fons): kunne (genus) reimt, nicht hunde (canes): unde (fluctus). hingegen kunne (ge- nus): dunne (tenuis) brunne: ſunne (ſol) hunde: munde (ore) unde: urkunde etc. was iſt anders zu ſchließen, als daß nunmehr künne, ünde, dünne, urkünde unter- ſchieden von brunne, ſunne, hunde, munde geſprochen worden ſey? Die ſprache bedurfte dieſes umlauts zur ſonderung einer menge von formen; die alth. bedurfte ſeiner nicht. Im alth. hieß es z. b. bundun, zugun, conj. bundin, zugin; mittelh. würde bunden, zugen im ind. und conj. ſtehen, wo nicht letzterer den umlaut bünden, zügen bekommen hätte. Wiederum wäre das alth. tumbo und tumbî im mittelh. tumbe ohne den um- laut verfloßen, welcher das weibl. ſubſt. in tümbe (M. S. 1, 39b) verwandelte. Inzwiſchen hat dieſer grund des bedürfniſſes, der auch für die übrigen umlaute ö, æ, ue gilt, nicht allzuviel gewicht, da der umlaut des a in e neben jenen volleren unterſcheidenden flexionen ſchon im alth. beſtand; deutlicher aber ſcheint mir das ſpätere und allmählige aufkommen des ü mit dem (vorhin bei u) angegebenen ſchwanken zwiſchen ü und u bewieſen zu werden. Ein ähnliches ſchwanken trat im alth. zwi- ſchen a und e ein, im mittelh. herrſcht der umlaut e bis auf wenige ſpuren (hanget, haltet). Ebenſo hört im neuh. das mittelh. ſchwanken zwiſchen u und ü auf, d. h. der umlaut herrſcht allenthalben. Daß im mittelh. das alte u vorzugsweiſe in den ſtarken conjunctiven, weniger im pl. der ſubſt. und in ableitungen beharrt. gründet ſich vermuthlich auf die höhere bedeutung und darum reinere erhaltung des lautverhältniſſes in den ab- lauten; dieſelbe urſache ſchützte in den pl. bunden, zugen das org. u länger vor dem übertritt in o. — Noch bemerke ich, daß die möglichkeit des umlauts ü zuwei- len eine verwandlung der alten endung a in i voraus-
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I. mittelhochdeutſche vocale.
gelſ. mäſling, mäſtling, aurichalcum), ſogar mönſche (f.
menſche) hör, mör etc.
(UE) ü, umlaut des kurzen u, (wie ue der des uo
und in der des û) deſſen ſchon bei dem u gedacht wor-
den iſt. Sein wirkliches vorhanden ſeyn beweiſen theils
die hſſ. welche es hin und wieder durch ein überge-
ſchriebenes bäckchen, bald dem i. bald dem acutus ähn-
lich. ausdrücken, oft auch mit dem iu verwechſeln, —
theils ohne ſolche bezeichnung ſicherer die reime, indem
ſie nur wörter zu verbinden pflegen, denen das dem
umlaut zu grund liegende endungs-e (= i, î) zuſteht.
Wenn z. b. nicht brunne (fons): kunne (genus) reimt,
nicht hunde (canes): unde (fluctus). hingegen kunne (ge-
nus): dunne (tenuis) brunne: ſunne (ſol) hunde: munde
(ore) unde: urkunde etc. was iſt anders zu ſchließen,
als daß nunmehr künne, ünde, dünne, urkünde unter-
ſchieden von brunne, ſunne, hunde, munde geſprochen
worden ſey? Die ſprache bedurfte dieſes umlauts zur
ſonderung einer menge von formen; die alth. bedurfte
ſeiner nicht. Im alth. hieß es z. b. bundun, zugun,
conj. bundin, zugin; mittelh. würde bunden, zugen im
ind. und conj. ſtehen, wo nicht letzterer den umlaut
bünden, zügen bekommen hätte. Wiederum wäre das
alth. tumbo und tumbî im mittelh. tumbe ohne den um-
laut verfloßen, welcher das weibl. ſubſt. in tümbe (M. S.
1, 39b) verwandelte. Inzwiſchen hat dieſer grund des
bedürfniſſes, der auch für die übrigen umlaute ö, æ, ue
gilt, nicht allzuviel gewicht, da der umlaut des a in e
neben jenen volleren unterſcheidenden flexionen ſchon
im alth. beſtand; deutlicher aber ſcheint mir das ſpätere
und allmählige aufkommen des ü mit dem (vorhin bei u)
angegebenen ſchwanken zwiſchen ü und u bewieſen zu
werden. Ein ähnliches ſchwanken trat im alth. zwi-
ſchen a und e ein, im mittelh. herrſcht der umlaut e
bis auf wenige ſpuren (hanget, haltet). Ebenſo hört im
neuh. das mittelh. ſchwanken zwiſchen u und ü auf,
d. h. der umlaut herrſcht allenthalben. Daß im mittelh.
das alte u vorzugsweiſe in den ſtarken conjunctiven,
weniger im pl. der ſubſt. und in ableitungen beharrt.
gründet ſich vermuthlich auf die höhere bedeutung und
darum reinere erhaltung des lautverhältniſſes in den ab-
lauten; dieſelbe urſache ſchützte in den pl. bunden,
zugen das org. u länger vor dem übertritt in o. — Noch
bemerke ich, daß die möglichkeit des umlauts ü zuwei-
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/365>, abgerufen am 22.11.2024.
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