Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.
Kaum auf den Wangen röthlich überstrahl't. -- Schön ist sie wohl! -- Wenn dieses blaue Auge, So ernst und schroff, und doch so feurig auch, Wenn's je -- Ich sage dir, ich hab's geseh'n, Wie sie, im vollen Kreis des ganzen Hofes, Die theilnahmlosen Augen -- blau und groß -- Nach mir hinrichtete, minutenlang, In starrer, wohlgefälliger Betrachtung. Von mir ertapp't, von meinem Blick begegnet, Zog sie den ihren nicht verstohlen ab, Nein, noch verweilend, wie ein kühner Feind, Der nicht den Rücken kehr't, und langsam weich't, Ertrug sie die Begegnung, und erst spät, Willkührlich, nicht gezwungen, kehrte sie Von mir den frost'gen Strahl. -- Es war nicht Liebe, Ich geb' es zu; doch Wohlgefallen war's. Allein, was kümmert's mich? Was frag' ich viel Nach ihr und ihrem Blick! -- Noch and're Weiber, Und schön're Weiber gibt's, und minder spröde. Mich reiz't es nicht, zu schmelzen diesen Schnee, Zu Eis gedämm't in ihres Mannes Gletschern. Den Mann zu ärgern gilt's, der meiner Werbung Durch seine Sicherheit zu spotten schein't. Was sonst sich gibt, als Zuthat nehm' ich's hin. Reich't mir die Zither! Noch den letzten Sturm. (Der Hauptmann des königlichen Schlosses tritt auf, von einem Diener begleitet.) Hauptmann (zum Herzog). Wo weil't der Herzog, Otto von Meran? Ist er zugegen?
Kaum auf den Wangen röthlich überſtrahl’t. — Schön iſt ſie wohl! — Wenn dieſes blaue Auge, So ernſt und ſchroff, und doch ſo feurig auch, Wenn’s je — Ich ſage dir, ich hab’s geſeh’n, Wie ſie, im vollen Kreis des ganzen Hofes, Die theilnahmloſen Augen — blau und groß — Nach mir hinrichtete, minutenlang, In ſtarrer, wohlgefälliger Betrachtung. Von mir ertapp’t, von meinem Blick begegnet, Zog ſie den ihren nicht verſtohlen ab, Nein, noch verweilend, wie ein kühner Feind, Der nicht den Rücken kehr’t, und langſam weich’t, Ertrug ſie die Begegnung, und erſt ſpät, Willkührlich, nicht gezwungen, kehrte ſie Von mir den froſt’gen Strahl. — Es war nicht Liebe, Ich geb’ es zu; doch Wohlgefallen war’s. Allein, was kümmert’s mich? Was frag’ ich viel Nach ihr und ihrem Blick! — Noch and’re Weiber, Und ſchön’re Weiber gibt’s, und minder ſpröde. Mich reiz’t es nicht, zu ſchmelzen dieſen Schnee, Zu Eis gedämm’t in ihres Mannes Gletſchern. Den Mann zu ärgern gilt’s, der meiner Werbung Durch ſeine Sicherheit zu ſpotten ſchein’t. Was ſonſt ſich gibt, als Zuthat nehm’ ich’s hin. Reich’t mir die Zither! Noch den letzten Sturm. (Der Hauptmann des königlichen Schloſſes tritt auf, von einem Diener begleitet.) Hauptmann (zum Herzog). Wo weil’t der Herzog, Otto von Meran? Iſt er zugegen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#OTTO"> <p><pb facs="#f0024" n="16"/> Kaum auf den Wangen röthlich überſtrahl’t. —<lb/> Schön iſt ſie wohl! — Wenn dieſes blaue Auge,<lb/> So ernſt und ſchroff, und doch ſo feurig auch,<lb/> Wenn’s je — Ich ſage dir, ich hab’s geſeh’n,<lb/> Wie ſie, im vollen Kreis des ganzen Hofes,<lb/> Die theilnahmloſen Augen — blau und groß —<lb/> Nach mir hinrichtete, minutenlang,<lb/> In ſtarrer, wohlgefälliger Betrachtung.<lb/> Von mir ertapp’t, von meinem Blick begegnet,<lb/> Zog ſie den ihren nicht verſtohlen ab,<lb/> Nein, noch verweilend, wie ein kühner Feind,<lb/> Der nicht den Rücken kehr’t, und langſam weich’t,<lb/> Ertrug ſie die Begegnung, und erſt ſpät,<lb/> Willkührlich, nicht gezwungen, kehrte ſie<lb/> Von mir den froſt’gen Strahl. — Es war nicht Liebe,<lb/> Ich geb’ es zu; doch Wohlgefallen war’s.<lb/> Allein, was kümmert’s mich? Was frag’ ich viel<lb/> Nach ihr und ihrem Blick! — Noch and’re Weiber,<lb/> Und ſchön’re Weiber gibt’s, und minder ſpröde.<lb/> Mich reiz’t es nicht, zu ſchmelzen dieſen Schnee,<lb/> Zu Eis gedämm’t in ihres Mannes Gletſchern.<lb/> Den Mann zu ärgern gilt’s, der meiner Werbung<lb/> Durch ſeine Sicherheit zu ſpotten ſchein’t.<lb/> Was ſonſt ſich gibt, als Zuthat nehm’ ich’s hin.<lb/> Reich’t mir die Zither! Noch den letzten Sturm.</p><lb/> </sp> <sp> <stage>(Der <hi rendition="#g">Hauptmann</hi> des königlichen Schloſſes tritt auf, von<lb/> einem <hi rendition="#g">Diener</hi> begleitet.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#HAU"> <speaker> <hi rendition="#g">Hauptmann</hi> </speaker> <stage>(zum Herzog).</stage><lb/> <p>Wo weil’t der Herzog, Otto von Meran?<lb/> Iſt er zugegen?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [16/0024]
Kaum auf den Wangen röthlich überſtrahl’t. —
Schön iſt ſie wohl! — Wenn dieſes blaue Auge,
So ernſt und ſchroff, und doch ſo feurig auch,
Wenn’s je — Ich ſage dir, ich hab’s geſeh’n,
Wie ſie, im vollen Kreis des ganzen Hofes,
Die theilnahmloſen Augen — blau und groß —
Nach mir hinrichtete, minutenlang,
In ſtarrer, wohlgefälliger Betrachtung.
Von mir ertapp’t, von meinem Blick begegnet,
Zog ſie den ihren nicht verſtohlen ab,
Nein, noch verweilend, wie ein kühner Feind,
Der nicht den Rücken kehr’t, und langſam weich’t,
Ertrug ſie die Begegnung, und erſt ſpät,
Willkührlich, nicht gezwungen, kehrte ſie
Von mir den froſt’gen Strahl. — Es war nicht Liebe,
Ich geb’ es zu; doch Wohlgefallen war’s.
Allein, was kümmert’s mich? Was frag’ ich viel
Nach ihr und ihrem Blick! — Noch and’re Weiber,
Und ſchön’re Weiber gibt’s, und minder ſpröde.
Mich reiz’t es nicht, zu ſchmelzen dieſen Schnee,
Zu Eis gedämm’t in ihres Mannes Gletſchern.
Den Mann zu ärgern gilt’s, der meiner Werbung
Durch ſeine Sicherheit zu ſpotten ſchein’t.
Was ſonſt ſich gibt, als Zuthat nehm’ ich’s hin.
Reich’t mir die Zither! Noch den letzten Sturm.
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