Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.Wirkungen des Krieges auf Gstasicn Also nicht nur die landeseingesessenen Chinesen und Russen, auch Aus¬ Auch Japan hat auf manchen Lohn, den es von Koltschak erwarten durfte, Sind das Japans wahre Ziele in Sibirien gewesen, so sind sie unwesent¬ Wirkungen des Krieges auf Gstasicn Also nicht nur die landeseingesessenen Chinesen und Russen, auch Aus¬ Auch Japan hat auf manchen Lohn, den es von Koltschak erwarten durfte, Sind das Japans wahre Ziele in Sibirien gewesen, so sind sie unwesent¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0048" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339197"/> <fw type="header" place="top"> Wirkungen des Krieges auf Gstasicn</fw><lb/> <p xml:id="ID_126"> Also nicht nur die landeseingesessenen Chinesen und Russen, auch Aus¬<lb/> länder, insbesondere Amerikaner und Engländer, mißgönnen den Japanern ihre<lb/> ostsibirischen Erfolge, Es gibt amerikanische Ansprüche in jenen Gebieten, die<lb/> noch von der zaristischen Zeit und besonders von der Regierung Kerenskis her¬<lb/> stammen und später von Koltschak erneuert worden sind. Zahlreiche industrielle<lb/> Pläne amerikanischer Unternehmer, insbesondere auch der Ausbau und die Er¬<lb/> neuerung der sibirischen und ostsibirischen Bahn stammen aus jener Zeit. Welche<lb/> Bedeutuug solche» Plänen japanischerseits beigemessen wurde, zeigt nicht nur<lb/> das oben dargestellte Verhalten der japanischen Regierung gegenüber den Vander-<lb/> lipschen Plänen sondern in weiterem Maße noch die Erregung, die im Jahre 1919<lb/> die von der amerikanischen Negierung als Zweig des War Trade Board mit<lb/> einem Kapital von 5 Millionen — gegründete „Russian Trading Company" in<lb/> Japan hervorrief. Solche amerikanischen Pläne scheiterten zumeist schon an der<lb/> zweckmäßig organisierten und finanzierten Überschwemmung Sibiriens mit billigen<lb/> japanischen Fabrikaten. 'Zoll- und Bahnfrachtsätze, die schon immer in der<lb/> industriellen Entwicklung Ostsibiriens eine bedeutende Rolle spielten, sind bei<lb/> ihrer heutigen Unsicherheit noch von größerer Bedeutung geworden, und eine auf<lb/> sie gebaute kaufmännische Berechnung ist eigentlich nur den Angehörigen des¬<lb/> jenigen Staates möglich, der die örtliche Macht über die Bahn- und Zollämter<lb/> in der Hand hat. Wie scharf die Vereinigten Staaten von Amerika auf jeden<lb/> japanischen Machtzuwachs in Ostsibirien achten, zeigt der gegen die japanische Be¬<lb/> setzung Nordsachalins erhobene Einspruch der amerikanische» Regierung; aber<lb/> die ablehnende Selbstverständlichkeit, mit der Japan diesen Einspruch beantwortet<lb/> hat, zeigt auch, wie gering in Wahrheit Amerikas tatsächliche Macht in jenem Weltteil ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_127"> Auch Japan hat auf manchen Lohn, den es von Koltschak erwarten durfte,<lb/> verzichten müssen, oder muß doch, was es kraft völkerrechtlicher Verträge Hütte be¬<lb/> anspruchen können, Leute nur auf seine eigene Macht gestützt, verteidigen. Viel¬<lb/> leicht ist in dieser letzteren Einschränkung das einzige ausgedrückt, was Japan bei<lb/> seinem, räumlich so gewaltig scheinenden Rückzug aus Sibirien eingebüßt hat.<lb/> Vielleicht sind Japans Ziele von vornherein nur diejenigen gewesen, die kurz nach<lb/> Abschluß des europäischen Waffenstillstandes die „Russisch-japanische Handels¬<lb/> gesellschaft" in Osaka aufgestellt hat: 1. Wladiwostok wird Freihafen; 2. Sungciri<lb/> und Amur werden der japanischen Schiffahrt geöffnet; 3. die Ostsibirische Eisen¬<lb/> bahn wird Japans Aufsicht unterstellt; die Ostchinesische Eisenbahn von Changchun<lb/> bis Harbin erhält dieselbe Spurweite wie die Südmandschurische; 4. Aus-<lb/> dehnung der japanischen Fischereirechte in Ostsibirien; 5. Nordsachalin wird von<lb/> Japan gekauft.</p><lb/> <p xml:id="ID_128" next="#ID_129"> Sind das Japans wahre Ziele in Sibirien gewesen, so sind sie unwesent¬<lb/> lichen erreicht, und noch mehr als sie. Japan hat den Weltkrieg benutzt, um,<lb/> den 1905 mit dem Frieden von Portsmouth abgebrochenen Kampf gegen Rußland<lb/> wieder aufzunehmen und mit anderen Mitteln alles und mehr zu erreichen als<lb/> es damals erzielte, ohne Rücksicht auf chinesische Staatshoheitsrechte, wie es<lb/> auch der sonst während des Krieges gegen China befolgten japanischen Politik ent¬<lb/> sprach. Von diesen beiden Gegnern ist jedenfalls zurzeit der russische schwächer<lb/> als der chinesische. Die Mengen der auf den Sungari- und den Amurdampfern<lb/> beförderten Chinesen zeigen, daß sich das chinesische Volk dort nicht verdrängen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
Wirkungen des Krieges auf Gstasicn
Also nicht nur die landeseingesessenen Chinesen und Russen, auch Aus¬
länder, insbesondere Amerikaner und Engländer, mißgönnen den Japanern ihre
ostsibirischen Erfolge, Es gibt amerikanische Ansprüche in jenen Gebieten, die
noch von der zaristischen Zeit und besonders von der Regierung Kerenskis her¬
stammen und später von Koltschak erneuert worden sind. Zahlreiche industrielle
Pläne amerikanischer Unternehmer, insbesondere auch der Ausbau und die Er¬
neuerung der sibirischen und ostsibirischen Bahn stammen aus jener Zeit. Welche
Bedeutuug solche» Plänen japanischerseits beigemessen wurde, zeigt nicht nur
das oben dargestellte Verhalten der japanischen Regierung gegenüber den Vander-
lipschen Plänen sondern in weiterem Maße noch die Erregung, die im Jahre 1919
die von der amerikanischen Negierung als Zweig des War Trade Board mit
einem Kapital von 5 Millionen — gegründete „Russian Trading Company" in
Japan hervorrief. Solche amerikanischen Pläne scheiterten zumeist schon an der
zweckmäßig organisierten und finanzierten Überschwemmung Sibiriens mit billigen
japanischen Fabrikaten. 'Zoll- und Bahnfrachtsätze, die schon immer in der
industriellen Entwicklung Ostsibiriens eine bedeutende Rolle spielten, sind bei
ihrer heutigen Unsicherheit noch von größerer Bedeutung geworden, und eine auf
sie gebaute kaufmännische Berechnung ist eigentlich nur den Angehörigen des¬
jenigen Staates möglich, der die örtliche Macht über die Bahn- und Zollämter
in der Hand hat. Wie scharf die Vereinigten Staaten von Amerika auf jeden
japanischen Machtzuwachs in Ostsibirien achten, zeigt der gegen die japanische Be¬
setzung Nordsachalins erhobene Einspruch der amerikanische» Regierung; aber
die ablehnende Selbstverständlichkeit, mit der Japan diesen Einspruch beantwortet
hat, zeigt auch, wie gering in Wahrheit Amerikas tatsächliche Macht in jenem Weltteil ist.
Auch Japan hat auf manchen Lohn, den es von Koltschak erwarten durfte,
verzichten müssen, oder muß doch, was es kraft völkerrechtlicher Verträge Hütte be¬
anspruchen können, Leute nur auf seine eigene Macht gestützt, verteidigen. Viel¬
leicht ist in dieser letzteren Einschränkung das einzige ausgedrückt, was Japan bei
seinem, räumlich so gewaltig scheinenden Rückzug aus Sibirien eingebüßt hat.
Vielleicht sind Japans Ziele von vornherein nur diejenigen gewesen, die kurz nach
Abschluß des europäischen Waffenstillstandes die „Russisch-japanische Handels¬
gesellschaft" in Osaka aufgestellt hat: 1. Wladiwostok wird Freihafen; 2. Sungciri
und Amur werden der japanischen Schiffahrt geöffnet; 3. die Ostsibirische Eisen¬
bahn wird Japans Aufsicht unterstellt; die Ostchinesische Eisenbahn von Changchun
bis Harbin erhält dieselbe Spurweite wie die Südmandschurische; 4. Aus-
dehnung der japanischen Fischereirechte in Ostsibirien; 5. Nordsachalin wird von
Japan gekauft.
Sind das Japans wahre Ziele in Sibirien gewesen, so sind sie unwesent¬
lichen erreicht, und noch mehr als sie. Japan hat den Weltkrieg benutzt, um,
den 1905 mit dem Frieden von Portsmouth abgebrochenen Kampf gegen Rußland
wieder aufzunehmen und mit anderen Mitteln alles und mehr zu erreichen als
es damals erzielte, ohne Rücksicht auf chinesische Staatshoheitsrechte, wie es
auch der sonst während des Krieges gegen China befolgten japanischen Politik ent¬
sprach. Von diesen beiden Gegnern ist jedenfalls zurzeit der russische schwächer
als der chinesische. Die Mengen der auf den Sungari- und den Amurdampfern
beförderten Chinesen zeigen, daß sich das chinesische Volk dort nicht verdrängen
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