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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Das rein Figurale der mittelalterlichen Malerei entspricht den, rein Spiritualen
Zeitalter und wird in dem naturfremder, rein geistwärts gerichteten Michelangelo
wiedergeboren. Die im Trecento beginnende, in Giorgione, Correggio, Rembrandt,
Goycn, Rubens gipfelnde Gefühlsbeziehung der Figur zu ihrer Umwelt entspricht
dem Pantheismus. Mit Caravaggio, Velasquez, Hals sieht man sich fast un¬
vermittelt dem Naturalismus gegenüber, der Mensch und Außenwelt nicht mehr
als seelische Einheit, sondern nur als Einheit der Naturfaktoren gibt. Wie schwer
diese Typenbildung freilich ist, wie fließend die Grenzen und wie sehr sich dew
Geheimnis der schaffenden Persönlichkeit gegen jede Typenbildung sträubt, empfindet
man, wenn Rost z. B. Dürer an die "Seite Michelangelos stellen will. Man
könnte doch in seinem Werk genug Hinweise auch zu den beiden anderen Grund¬
haltungen finden! In der modernen Kunst finden wir -- gemäß der Aufgelockert-
heit der Weltanschauung -- die drei Typen noch in weit mehr Wechselvervindunge"
untereinander. Aber diesen Schwierigkeiten begegnet schlechterdings jede geistes^
geschichtliche Typenbildung. nobis Verdienst wird durch sie kaum geschmälert.
Sehr fein sind seine Bemerkungen über die Unzulänglichkeiten der modernen Stile,
wo sich etwa ein pantheistischer Stil (Böcklin) oder ein naturalistischer (Corinth)
<in spirituelle Themen (Christus) heranwagt. Der Spiritualismus sucht die göttliche
oder heroische Erscheinung/ der Naturalismus hält sich an die niederen Volks
klaffen (oder die unbeseel'te Natur)/ der Pantheismus sucht die Versöhnung von
Natur und Geist in den einfachsten Beziehungen der Geschlechter, der Familie,
der Lebensalter, der Affekte, des Bacchantischen, der Phantasiegestalten usw. Man
möchte hinzufügen, daß gerade in diesem letzten Typ die unnachahmliche Domäne
der Kunst liegt, während' die spirituale und die naturalistische Weltauffassung die
bildende Kunst nur als sekundäres Ausdrucksmittel gebraucht.

Der pantheistische Stil strebt Harmonie zwischen dem Ganzen und seine"
Teilen an oder greift nach dem Eindruck unendlicher Fülle. Der Naturalismus
dagegen will den Eindruck des Ausschnitts, des Zufälligen geben. Der Spiritus
lismus löst die möglichst vollkommen innerlich durchgebildete Figur von der
direkten Beziehung auf die Wirklichkeit, sucht das Ewige und Ideale, die Ent>
Wicklung des Allgemeingültigen und notwendigen aus dem Besonderen.

Die Spiritualen Künstler sind Einsame, ringen schwer und vollenden wenig.
Die pantheistischen "sprudeln", können Schüler ansetzen, leben sich aus, nicht
empor. Die Naturalisten zeigen gleichmäßigen Fleiß.

Die Spiritualisten brauchen große Formate, die Naturalisten können bis
zur Miniatur gehen. Die Spiritualisten legen den Augenpunkt tief und bevor^
Mgen gemäß diesem Zug nach oben in der Richtungsachse des Bildes selbst die
Vertikale. Bei den Pantheisten steigen die Figuren zum Beschauer herab, bet
den Naturalisten sinken sie noch darunter, werden Objekt des überlegenen
Beschauers wie andere Gegenstände. Entsprechend ist der Rhythmus der Ferne
(Spiritualisten) oder Nähe' (Naturalisten) des Bildes. Bewegung, Licht, Farbe
stehen den, naturalistischen Pol näher. Die Pantheisten gewähren dem Beschauer
vie unmittelbare Einfühlung in das Bild, die Spiritualisten halten ihn in der
Astanz der Ehrfurcht, die Naturalisten in derjenigen der Gleichgültigkeit oder
Überlegenheit, erziehen aber zur Wahrheit der Wirklichkeit.

Nachdem es Rost mit der Analyse der Malerei so Wohl geglückt ist (1908),
M er sich (i9i5) auch dem Stil in der Dichtung und Musik zugewandt. Mit
ven Schillerschen und Dilthchschcn Entdeckungen Ivill er die Nutz-Sieversschen
"ersuche verbinden. Der naturalistische Typus fällt hier fort, da er keine
Ipezchsche Gefühlsäußerung ist. Wohl aber spalten sich bei der rhythmischen Unter-
Mu'ig neben den "unaufhörlich vorwärtsdrängenden" Spiritualisten (Beethoven,
Schüler, Schumann, Treitschke entsprechend Michelangelo) die Pantheisten in zwei
^ppen, deren einer (Mozart, Goethe, Schubert, Ranke entsprechend Naffael)
"suetzt, viae anzuhalten", während der andere Typus (Bach, Hölderlin, Heine,^popa, Wagner, Hegel) "sich in sich selber bewegt, vor und zurück, hin und her,


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Das rein Figurale der mittelalterlichen Malerei entspricht den, rein Spiritualen
Zeitalter und wird in dem naturfremder, rein geistwärts gerichteten Michelangelo
wiedergeboren. Die im Trecento beginnende, in Giorgione, Correggio, Rembrandt,
Goycn, Rubens gipfelnde Gefühlsbeziehung der Figur zu ihrer Umwelt entspricht
dem Pantheismus. Mit Caravaggio, Velasquez, Hals sieht man sich fast un¬
vermittelt dem Naturalismus gegenüber, der Mensch und Außenwelt nicht mehr
als seelische Einheit, sondern nur als Einheit der Naturfaktoren gibt. Wie schwer
diese Typenbildung freilich ist, wie fließend die Grenzen und wie sehr sich dew
Geheimnis der schaffenden Persönlichkeit gegen jede Typenbildung sträubt, empfindet
man, wenn Rost z. B. Dürer an die "Seite Michelangelos stellen will. Man
könnte doch in seinem Werk genug Hinweise auch zu den beiden anderen Grund¬
haltungen finden! In der modernen Kunst finden wir — gemäß der Aufgelockert-
heit der Weltanschauung — die drei Typen noch in weit mehr Wechselvervindunge»
untereinander. Aber diesen Schwierigkeiten begegnet schlechterdings jede geistes^
geschichtliche Typenbildung. nobis Verdienst wird durch sie kaum geschmälert.
Sehr fein sind seine Bemerkungen über die Unzulänglichkeiten der modernen Stile,
wo sich etwa ein pantheistischer Stil (Böcklin) oder ein naturalistischer (Corinth)
<in spirituelle Themen (Christus) heranwagt. Der Spiritualismus sucht die göttliche
oder heroische Erscheinung/ der Naturalismus hält sich an die niederen Volks
klaffen (oder die unbeseel'te Natur)/ der Pantheismus sucht die Versöhnung von
Natur und Geist in den einfachsten Beziehungen der Geschlechter, der Familie,
der Lebensalter, der Affekte, des Bacchantischen, der Phantasiegestalten usw. Man
möchte hinzufügen, daß gerade in diesem letzten Typ die unnachahmliche Domäne
der Kunst liegt, während' die spirituale und die naturalistische Weltauffassung die
bildende Kunst nur als sekundäres Ausdrucksmittel gebraucht.

Der pantheistische Stil strebt Harmonie zwischen dem Ganzen und seine»
Teilen an oder greift nach dem Eindruck unendlicher Fülle. Der Naturalismus
dagegen will den Eindruck des Ausschnitts, des Zufälligen geben. Der Spiritus
lismus löst die möglichst vollkommen innerlich durchgebildete Figur von der
direkten Beziehung auf die Wirklichkeit, sucht das Ewige und Ideale, die Ent>
Wicklung des Allgemeingültigen und notwendigen aus dem Besonderen.

Die Spiritualen Künstler sind Einsame, ringen schwer und vollenden wenig.
Die pantheistischen „sprudeln", können Schüler ansetzen, leben sich aus, nicht
empor. Die Naturalisten zeigen gleichmäßigen Fleiß.

Die Spiritualisten brauchen große Formate, die Naturalisten können bis
zur Miniatur gehen. Die Spiritualisten legen den Augenpunkt tief und bevor^
Mgen gemäß diesem Zug nach oben in der Richtungsachse des Bildes selbst die
Vertikale. Bei den Pantheisten steigen die Figuren zum Beschauer herab, bet
den Naturalisten sinken sie noch darunter, werden Objekt des überlegenen
Beschauers wie andere Gegenstände. Entsprechend ist der Rhythmus der Ferne
(Spiritualisten) oder Nähe' (Naturalisten) des Bildes. Bewegung, Licht, Farbe
stehen den, naturalistischen Pol näher. Die Pantheisten gewähren dem Beschauer
vie unmittelbare Einfühlung in das Bild, die Spiritualisten halten ihn in der
Astanz der Ehrfurcht, die Naturalisten in derjenigen der Gleichgültigkeit oder
Überlegenheit, erziehen aber zur Wahrheit der Wirklichkeit.

Nachdem es Rost mit der Analyse der Malerei so Wohl geglückt ist (1908),
M er sich (i9i5) auch dem Stil in der Dichtung und Musik zugewandt. Mit
ven Schillerschen und Dilthchschcn Entdeckungen Ivill er die Nutz-Sieversschen
«ersuche verbinden. Der naturalistische Typus fällt hier fort, da er keine
Ipezchsche Gefühlsäußerung ist. Wohl aber spalten sich bei der rhythmischen Unter-
Mu'ig neben den „unaufhörlich vorwärtsdrängenden" Spiritualisten (Beethoven,
Schüler, Schumann, Treitschke entsprechend Michelangelo) die Pantheisten in zwei
^ppen, deren einer (Mozart, Goethe, Schubert, Ranke entsprechend Naffael)
"suetzt, viae anzuhalten", während der andere Typus (Bach, Hölderlin, Heine,^popa, Wagner, Hegel) „sich in sich selber bewegt, vor und zurück, hin und her,


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[0297] Ans neuen Büchern Das rein Figurale der mittelalterlichen Malerei entspricht den, rein Spiritualen Zeitalter und wird in dem naturfremder, rein geistwärts gerichteten Michelangelo wiedergeboren. Die im Trecento beginnende, in Giorgione, Correggio, Rembrandt, Goycn, Rubens gipfelnde Gefühlsbeziehung der Figur zu ihrer Umwelt entspricht dem Pantheismus. Mit Caravaggio, Velasquez, Hals sieht man sich fast un¬ vermittelt dem Naturalismus gegenüber, der Mensch und Außenwelt nicht mehr als seelische Einheit, sondern nur als Einheit der Naturfaktoren gibt. Wie schwer diese Typenbildung freilich ist, wie fließend die Grenzen und wie sehr sich dew Geheimnis der schaffenden Persönlichkeit gegen jede Typenbildung sträubt, empfindet man, wenn Rost z. B. Dürer an die "Seite Michelangelos stellen will. Man könnte doch in seinem Werk genug Hinweise auch zu den beiden anderen Grund¬ haltungen finden! In der modernen Kunst finden wir — gemäß der Aufgelockert- heit der Weltanschauung — die drei Typen noch in weit mehr Wechselvervindunge» untereinander. Aber diesen Schwierigkeiten begegnet schlechterdings jede geistes^ geschichtliche Typenbildung. nobis Verdienst wird durch sie kaum geschmälert. Sehr fein sind seine Bemerkungen über die Unzulänglichkeiten der modernen Stile, wo sich etwa ein pantheistischer Stil (Böcklin) oder ein naturalistischer (Corinth) <in spirituelle Themen (Christus) heranwagt. Der Spiritualismus sucht die göttliche oder heroische Erscheinung/ der Naturalismus hält sich an die niederen Volks klaffen (oder die unbeseel'te Natur)/ der Pantheismus sucht die Versöhnung von Natur und Geist in den einfachsten Beziehungen der Geschlechter, der Familie, der Lebensalter, der Affekte, des Bacchantischen, der Phantasiegestalten usw. Man möchte hinzufügen, daß gerade in diesem letzten Typ die unnachahmliche Domäne der Kunst liegt, während' die spirituale und die naturalistische Weltauffassung die bildende Kunst nur als sekundäres Ausdrucksmittel gebraucht. Der pantheistische Stil strebt Harmonie zwischen dem Ganzen und seine» Teilen an oder greift nach dem Eindruck unendlicher Fülle. Der Naturalismus dagegen will den Eindruck des Ausschnitts, des Zufälligen geben. Der Spiritus lismus löst die möglichst vollkommen innerlich durchgebildete Figur von der direkten Beziehung auf die Wirklichkeit, sucht das Ewige und Ideale, die Ent> Wicklung des Allgemeingültigen und notwendigen aus dem Besonderen. Die Spiritualen Künstler sind Einsame, ringen schwer und vollenden wenig. Die pantheistischen „sprudeln", können Schüler ansetzen, leben sich aus, nicht empor. Die Naturalisten zeigen gleichmäßigen Fleiß. Die Spiritualisten brauchen große Formate, die Naturalisten können bis zur Miniatur gehen. Die Spiritualisten legen den Augenpunkt tief und bevor^ Mgen gemäß diesem Zug nach oben in der Richtungsachse des Bildes selbst die Vertikale. Bei den Pantheisten steigen die Figuren zum Beschauer herab, bet den Naturalisten sinken sie noch darunter, werden Objekt des überlegenen Beschauers wie andere Gegenstände. Entsprechend ist der Rhythmus der Ferne (Spiritualisten) oder Nähe' (Naturalisten) des Bildes. Bewegung, Licht, Farbe stehen den, naturalistischen Pol näher. Die Pantheisten gewähren dem Beschauer vie unmittelbare Einfühlung in das Bild, die Spiritualisten halten ihn in der Astanz der Ehrfurcht, die Naturalisten in derjenigen der Gleichgültigkeit oder Überlegenheit, erziehen aber zur Wahrheit der Wirklichkeit. Nachdem es Rost mit der Analyse der Malerei so Wohl geglückt ist (1908), M er sich (i9i5) auch dem Stil in der Dichtung und Musik zugewandt. Mit ven Schillerschen und Dilthchschcn Entdeckungen Ivill er die Nutz-Sieversschen «ersuche verbinden. Der naturalistische Typus fällt hier fort, da er keine Ipezchsche Gefühlsäußerung ist. Wohl aber spalten sich bei der rhythmischen Unter- Mu'ig neben den „unaufhörlich vorwärtsdrängenden" Spiritualisten (Beethoven, Schüler, Schumann, Treitschke entsprechend Michelangelo) die Pantheisten in zwei ^ppen, deren einer (Mozart, Goethe, Schubert, Ranke entsprechend Naffael) "suetzt, viae anzuhalten", während der andere Typus (Bach, Hölderlin, Heine,^popa, Wagner, Hegel) „sich in sich selber bewegt, vor und zurück, hin und her,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/297>, abgerufen am 01.07.2024.