Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.lvege des Wiederaufbaus als diese Geldnot des Reiches die Lage der deutschen Volkswirtschaft in ihren Neuerdings geben Zusammenstellungen, die für die Finanzkonferenz in Danach betrug die Warenausfuhr aus Deutschland von Anfang Jauar 1919 Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob diese Zahlen richtig sind, da die in Eine Untersuchung, die von ol-. Henry Behnsen und Dr-. Werner Aber selbst wenn sich in den letzten Monaten die Einfuhrzahlen wesentlich Aber damit sind die Bedürfnisse der Lebensmitteleinfuhr noch lange nicht Berücksichtigt man weiter, daß wir im großen Umfang Rohstoffe einführen lvege des Wiederaufbaus als diese Geldnot des Reiches die Lage der deutschen Volkswirtschaft in ihren Neuerdings geben Zusammenstellungen, die für die Finanzkonferenz in Danach betrug die Warenausfuhr aus Deutschland von Anfang Jauar 1919 Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob diese Zahlen richtig sind, da die in Eine Untersuchung, die von ol-. Henry Behnsen und Dr-. Werner Aber selbst wenn sich in den letzten Monaten die Einfuhrzahlen wesentlich Aber damit sind die Bedürfnisse der Lebensmitteleinfuhr noch lange nicht Berücksichtigt man weiter, daß wir im großen Umfang Rohstoffe einführen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0159" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338182"/> <fw type="header" place="top"> lvege des Wiederaufbaus</fw><lb/> <p xml:id="ID_585" prev="#ID_584"> als diese Geldnot des Reiches die Lage der deutschen Volkswirtschaft in ihren<lb/> Beziehungen zum Ausland ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_586"> Neuerdings geben Zusammenstellungen, die für die Finanzkonferenz in<lb/> Brüssel gemacht worden sind, ein erschreckendes Bild über die ständige Abnahme<lb/> unseres Volksvermögens gegenüber dem Ausland.</p><lb/> <p xml:id="ID_587"> Danach betrug die Warenausfuhr aus Deutschland von Anfang Jauar 1919<lb/> bis Ende April 1920 27,1 Milliarden Mark, die Einfuhr dagegen 55,3 Milliarden<lb/> Mark. Dabei sind die Einfuhrwerte des Jahres 1920 im wesentlichen nur zu<lb/> den Werten des Jahres 1919, also viel zu niedrig berechnet, und! in den Ausfuhr¬<lb/> ziffern sind Werte enthalten für Lieferungen auf Grund des Friedensvertrages,<lb/> die der Zahlungsbilanz nicht zugute kommen. Die Denkschrift schätzt hiernach<lb/> den Überschuß der Einfuhr über die Ausfuhr seit Ausbruch des Krieges bis Ende<lb/> August 1920 auf etwa 70 Milliarden Mark.</p><lb/> <p xml:id="ID_588"> Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob diese Zahlen richtig sind, da die in<lb/> der amtlichen Statistik angegebenen und auch die der Schätzung zugrunde gelegten<lb/> Einfuhrwerte offenbar viel zu niedrig angenommen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_589"> Eine Untersuchung, die von ol-. Henry Behnsen und Dr-. Werner<lb/> Genzmer vorgenommen worden ist, kommt zu dem Ergebnis, daß der Passiv¬<lb/> saldo der deutschen Handelsbilanz 1919 37,5 Milliarden Mark und der Passiv¬<lb/> saldo der Handelsbilanz vom Januar bis März 1920 25,5 Milliarden beträgt,<lb/> daß also allein in den 15 Monaten vom Januar 1919 bis März 1920 für rund<lb/> V3 Milliarden mehr eingeführt als ausgeführt worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_590"> Aber selbst wenn sich in den letzten Monaten die Einfuhrzahlen wesentlich<lb/> gemindert haben, ist das kein Beweis für die Besserung der Lage. Denn da die Ein¬<lb/> fuhr von Lebensmitteln nicht eingeschränkt werden konnte, zeigt das nur, daß die<lb/> Einfuhr von Rohstoffen fiir die Industrie zurückgegangen ist, daß also die Roh¬<lb/> stoffnot weiter steigen und zu einer schärferen Einschränkung der industriellen Er¬<lb/> zeugung und damit der Ausfuhr führen muß. Es kommt aber weiter hinzu, daß<lb/> eine Einschränkung der Lebensmitteleinfuhr auch im laufenden Erntejahr nicht<lb/> eintreten kann, daß sie im Gegenteil sich erhöhen wird. Die Ernte in Brod¬<lb/> getreide ist ungünstig ausgefallen, und die Erfassung gelingt immer weniger.<lb/> Die Reichsgetreidestelle rechnet nach den bisherigen Ergebnissen damit, daß sie<lb/> aus der inländischen Erzeugung nicht viel mehr als 1 Milliarde Tonnen erfassen<lb/> wird, während der Bedarf nahe an 4 Milliarden Tonnen ist. Wir müßten<lb/> also rund 3 Milliarden Tonnen einführen, was nach den jetzigen Weltmarkt-<lb/> Preisen allein für Brodgetreide gegen 24 Milliarden Mark ausmacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_591"> Aber damit sind die Bedürfnisse der Lebensmitteleinfuhr noch lange nicht<lb/> gedeckt. Wir werden auch in diesem Erntejahr Fett, Fleisch, Fische, besonders<lb/> Heringe, kondensierte Milch und Futtermittel einführen müssen, um die Er-<lb/> nührungswirtschaft aufrechterhalten zu können, und der Ernährungsminister be¬<lb/> rechnet seinen Bedarf an Zahlungsmitteln für die Einfuhr, wie ich höre, auf<lb/> monatlich 4 Milliarden, also rund 50 Milliarden für das Jahr.</p><lb/> <p xml:id="ID_592" next="#ID_593"> Berücksichtigt man weiter, daß wir im großen Umfang Rohstoffe einführen<lb/> müssen, um unsere Industrie nicht zum Erliegen zu bringen, vor allem Baum¬<lb/> wolle, Wolle, Erze u. a., und daß der Wert der Rvhstoffeinfuhr im Jahre 1913<lb/> über 5 Milliarden Goldmark ausmachte, heute also selbst ohne Berücksichtigung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0159]
lvege des Wiederaufbaus
als diese Geldnot des Reiches die Lage der deutschen Volkswirtschaft in ihren
Beziehungen zum Ausland ist.
Neuerdings geben Zusammenstellungen, die für die Finanzkonferenz in
Brüssel gemacht worden sind, ein erschreckendes Bild über die ständige Abnahme
unseres Volksvermögens gegenüber dem Ausland.
Danach betrug die Warenausfuhr aus Deutschland von Anfang Jauar 1919
bis Ende April 1920 27,1 Milliarden Mark, die Einfuhr dagegen 55,3 Milliarden
Mark. Dabei sind die Einfuhrwerte des Jahres 1920 im wesentlichen nur zu
den Werten des Jahres 1919, also viel zu niedrig berechnet, und! in den Ausfuhr¬
ziffern sind Werte enthalten für Lieferungen auf Grund des Friedensvertrages,
die der Zahlungsbilanz nicht zugute kommen. Die Denkschrift schätzt hiernach
den Überschuß der Einfuhr über die Ausfuhr seit Ausbruch des Krieges bis Ende
August 1920 auf etwa 70 Milliarden Mark.
Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob diese Zahlen richtig sind, da die in
der amtlichen Statistik angegebenen und auch die der Schätzung zugrunde gelegten
Einfuhrwerte offenbar viel zu niedrig angenommen sind.
Eine Untersuchung, die von ol-. Henry Behnsen und Dr-. Werner
Genzmer vorgenommen worden ist, kommt zu dem Ergebnis, daß der Passiv¬
saldo der deutschen Handelsbilanz 1919 37,5 Milliarden Mark und der Passiv¬
saldo der Handelsbilanz vom Januar bis März 1920 25,5 Milliarden beträgt,
daß also allein in den 15 Monaten vom Januar 1919 bis März 1920 für rund
V3 Milliarden mehr eingeführt als ausgeführt worden ist.
Aber selbst wenn sich in den letzten Monaten die Einfuhrzahlen wesentlich
gemindert haben, ist das kein Beweis für die Besserung der Lage. Denn da die Ein¬
fuhr von Lebensmitteln nicht eingeschränkt werden konnte, zeigt das nur, daß die
Einfuhr von Rohstoffen fiir die Industrie zurückgegangen ist, daß also die Roh¬
stoffnot weiter steigen und zu einer schärferen Einschränkung der industriellen Er¬
zeugung und damit der Ausfuhr führen muß. Es kommt aber weiter hinzu, daß
eine Einschränkung der Lebensmitteleinfuhr auch im laufenden Erntejahr nicht
eintreten kann, daß sie im Gegenteil sich erhöhen wird. Die Ernte in Brod¬
getreide ist ungünstig ausgefallen, und die Erfassung gelingt immer weniger.
Die Reichsgetreidestelle rechnet nach den bisherigen Ergebnissen damit, daß sie
aus der inländischen Erzeugung nicht viel mehr als 1 Milliarde Tonnen erfassen
wird, während der Bedarf nahe an 4 Milliarden Tonnen ist. Wir müßten
also rund 3 Milliarden Tonnen einführen, was nach den jetzigen Weltmarkt-
Preisen allein für Brodgetreide gegen 24 Milliarden Mark ausmacht.
Aber damit sind die Bedürfnisse der Lebensmitteleinfuhr noch lange nicht
gedeckt. Wir werden auch in diesem Erntejahr Fett, Fleisch, Fische, besonders
Heringe, kondensierte Milch und Futtermittel einführen müssen, um die Er-
nührungswirtschaft aufrechterhalten zu können, und der Ernährungsminister be¬
rechnet seinen Bedarf an Zahlungsmitteln für die Einfuhr, wie ich höre, auf
monatlich 4 Milliarden, also rund 50 Milliarden für das Jahr.
Berücksichtigt man weiter, daß wir im großen Umfang Rohstoffe einführen
müssen, um unsere Industrie nicht zum Erliegen zu bringen, vor allem Baum¬
wolle, Wolle, Erze u. a., und daß der Wert der Rvhstoffeinfuhr im Jahre 1913
über 5 Milliarden Goldmark ausmachte, heute also selbst ohne Berücksichtigung
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |