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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.

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Srohnen
Drohnen
Erinnerung an die erste ReichStagStagung
Hitze schwingt im Saal. Doch unbeirrt
Spricht der Reichsfinanzminister Wirth.
Allen Kriegsgcwinnlern, arbeitsflüchtig
Und vergnügungssüchtig, gibt er's tüchtig.
Während Schweiß'ge Perlen ihm gleich haufen-
Weis in den gestärkten Kragen laufen,
Schildert er glühroten Angesichts
Die Genußgier solches Bösewichts.
In der Nacht-Bar steht er auf, zu Bette
Geht er quasi in dem Kabarette,
schändet deutsches Wesen, dran laut Geibel
Einst die Welt genesen soll. Pfui Deibel! Bon der Juliglut fast aufgelöst,
Hockt ein Herr der Linken da und böse,
Unauffäll'ge Flucht erwägend nur,
Gualt er immer wieder auf die Uhr,
Führt des Taschentuches zartes Bunt
An die Glatze teils, teils an den Mund.
Seit er mal bei "Lear" im ersten Rang weilt'
Hat er sich nie so wie heut gelangweilt.
"Könnt' ich doch", denkt er im halben Wachen,
"Jetzt in Zucker oder Stiebeln machen,
Oder süß' mit Lizzy froh und frei
Bei 'ner dicken Pulte Extra Dry!" Niemals sah man noch, trotz Ben Alldas
Wort, ein solches Prototyp des Schiebers. Unerklärlich huscht dann durch sein Dämmern
Ferngedröhn und Glanz von Eisenhämmern,
Hüttenrauch, der meilenweit sich breitet,
Alles dies von einem Mann geleitet,
Einem Mann, des Arbeit niemals endet,
Der sich keine Freiminute spendet,
Höchstens, daß er nach der Taglast spät
Im Neichswirtschaftsrate mitberät
Und als Sachverftänd'ger überdies
Uns in Spa vertritt und in Paris . . .

Srohnen
Drohnen
Erinnerung an die erste ReichStagStagung
Hitze schwingt im Saal. Doch unbeirrt
Spricht der Reichsfinanzminister Wirth.
Allen Kriegsgcwinnlern, arbeitsflüchtig
Und vergnügungssüchtig, gibt er's tüchtig.
Während Schweiß'ge Perlen ihm gleich haufen-
Weis in den gestärkten Kragen laufen,
Schildert er glühroten Angesichts
Die Genußgier solches Bösewichts.
In der Nacht-Bar steht er auf, zu Bette
Geht er quasi in dem Kabarette,
schändet deutsches Wesen, dran laut Geibel
Einst die Welt genesen soll. Pfui Deibel! Bon der Juliglut fast aufgelöst,
Hockt ein Herr der Linken da und böse,
Unauffäll'ge Flucht erwägend nur,
Gualt er immer wieder auf die Uhr,
Führt des Taschentuches zartes Bunt
An die Glatze teils, teils an den Mund.
Seit er mal bei „Lear" im ersten Rang weilt'
Hat er sich nie so wie heut gelangweilt.
„Könnt' ich doch", denkt er im halben Wachen,
„Jetzt in Zucker oder Stiebeln machen,
Oder süß' mit Lizzy froh und frei
Bei 'ner dicken Pulte Extra Dry!" Niemals sah man noch, trotz Ben Alldas
Wort, ein solches Prototyp des Schiebers. Unerklärlich huscht dann durch sein Dämmern
Ferngedröhn und Glanz von Eisenhämmern,
Hüttenrauch, der meilenweit sich breitet,
Alles dies von einem Mann geleitet,
Einem Mann, des Arbeit niemals endet,
Der sich keine Freiminute spendet,
Höchstens, daß er nach der Taglast spät
Im Neichswirtschaftsrate mitberät
Und als Sachverftänd'ger überdies
Uns in Spa vertritt und in Paris . . .

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[0050] Srohnen Drohnen Erinnerung an die erste ReichStagStagung Hitze schwingt im Saal. Doch unbeirrt Spricht der Reichsfinanzminister Wirth. Allen Kriegsgcwinnlern, arbeitsflüchtig Und vergnügungssüchtig, gibt er's tüchtig. Während Schweiß'ge Perlen ihm gleich haufen- Weis in den gestärkten Kragen laufen, Schildert er glühroten Angesichts Die Genußgier solches Bösewichts. In der Nacht-Bar steht er auf, zu Bette Geht er quasi in dem Kabarette, schändet deutsches Wesen, dran laut Geibel Einst die Welt genesen soll. Pfui Deibel! Bon der Juliglut fast aufgelöst, Hockt ein Herr der Linken da und böse, Unauffäll'ge Flucht erwägend nur, Gualt er immer wieder auf die Uhr, Führt des Taschentuches zartes Bunt An die Glatze teils, teils an den Mund. Seit er mal bei „Lear" im ersten Rang weilt' Hat er sich nie so wie heut gelangweilt. „Könnt' ich doch", denkt er im halben Wachen, „Jetzt in Zucker oder Stiebeln machen, Oder süß' mit Lizzy froh und frei Bei 'ner dicken Pulte Extra Dry!" Niemals sah man noch, trotz Ben Alldas Wort, ein solches Prototyp des Schiebers. Unerklärlich huscht dann durch sein Dämmern Ferngedröhn und Glanz von Eisenhämmern, Hüttenrauch, der meilenweit sich breitet, Alles dies von einem Mann geleitet, Einem Mann, des Arbeit niemals endet, Der sich keine Freiminute spendet, Höchstens, daß er nach der Taglast spät Im Neichswirtschaftsrate mitberät Und als Sachverftänd'ger überdies Uns in Spa vertritt und in Paris . . .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/50>, abgerufen am 01.07.2024.