Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.Die englisch-deutschen Bündnisverhandlungen von 5899--590; usw. weitere Vorgehen Chamberlains, der gemeinsam mit dem Herzog von Devonshire 14*
Die englisch-deutschen Bündnisverhandlungen von 5899—590; usw. weitere Vorgehen Chamberlains, der gemeinsam mit dem Herzog von Devonshire 14*
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Die englisch-deutschen Bündnisverhandlungen von 5899—590; usw.
weitere Vorgehen Chamberlains, der gemeinsam mit dem Herzog von Devonshire
zur Stellungnahme drängte; am 16. Januar 1901 gaben beide Staatsmänner im
Schlosse des Herzogs in der Bibliothek nach dem Essen dem Botschaftsrat von Eckardt-
stein folgende Erklärung ab: „Die Zeit der glänzenden Isolierung ist für England
vorüber. England ist gewillt, sämtliche noch offenen Fragen in der Weltpolitik, vor
allem die chinesische und marokkanische, gemeinschaftlich mit der einen oder der
anderen zur Zeit bestehenden europäischen Völkergruppen zu lösen. Wohl werden
bereits innerhalb des englischen Kabinetts Stimmen laut, die einen Anschluß Eng¬
lands an den Zweibund (Frankreich und Rußland) befürworten. Wir aber gehören
zu denjenigen, welche einen Anschluß an Deutschland bzw. den Dreibund vorziehen
würden. Sollte sich aber herausstellen, daß ein Anschluß an Deutschland nicht
möglich ist, so würden auch wir ein Zusammengehen mit Frankreich und Rußland
selbst unter den schwersten Opfern, wie z. V. von Marokko und Persien, ins Auge
fassen." Chamberlain machte dann noch einige vertrauliche Vorschläge über die
Behandlung der einzelnen zu regelnden Fragen, insbesondere der marokkanischen.
Die Besprechungen hierüber erfuhren einen Aufschub durch den Tod der Königin
Viktoria; von Berlin kam Weisung, abzuwarten, bis die Engländer auf die
Bündnisfrage zurückkämen. Das taten sie nicht; sie versuchten vielmehr in anderer
Weise die deutsche Regierung zur Aussprache zu bringen. Am Abend des 17. März
wandte sich nach einem Diner der neue Staatssekretär Lord Lansdowne plötzlich an
Eckardtstein mit der Anfrage, ob er glaube, daß die deutsche Regierung sich eventuell
dazu verstehen würde, in Gemeinschaft mit England einen vielleicht bevorstehenden
japanisch-russischen Krieg zu lokalisieren. Eckardtstein war es, der jetzt entgegen
seiner Instruktion aus Sorge vor dem Intrigenspiel der russisch-französischen Diplo¬
matie die Bündnisfrage aufbrachte, indem er Lord Lansdowne — das sind Eckardt-
steins eigene Worte — einen kräftigen Wink gab: Deutschland würde eine solche
Zusage ohne weiteres geben können, falls ein Defensivbündnis bestände, das sich- auf
alle Möglichkeiten erstrecke. Lord Lansdowne nahm diesen Gedanken aus; ebenso
ging er auf Eckardtsteins weiteren Vorschlag ein, Japan zu diesem Bündnis hinzu¬
zuziehen. Was geschah jetzt in Berlin? Man ist sich bewußt gewesen, was auf dem
Spiele stand; der gegenwärtige Zeitpunkt — schrieb Holstein an Eckardtstein — ist
von entscheidender Bedeutung. „Beide, England wie Deutschland, stehen vor einer
Weichenstellung." War aber die Versuchung stärker geworden, den von England
gewiesenen Weg einzuschlagen? Was bot England in Wahrheit? Widersprach nicht
ein Zusammengehen mit England in Ostasien nach wie vor den Richtlinien deutscher
Weltpolitik? Und was leistete England für Deutschlands eigene Sicherheit? War
irgendeine der von Bülow an Chamberlain als Voraussetzung eines Bündnisses
Schellten Bedingungen erfüllt? Bülows Instruktionen liegen nicht vor, und Hol¬
stein übermittelte ganz gewiß nicht an Eckardtstein die letzten Hintergedanken der
deutschen Staatsmänner, sondern nur das, was ihm zweckmäßig erschien; infolge¬
dessen bleibt das Material zur Beurteilung dieses entscheidenden Abschnittes unvoll¬
ständig. Hier aber halte ich Bülows Auskunft in seinem Rechenschaftsbericht von
1913 für vollwertig: Er lehnte ab ,weil er sich nicht gegen Rußland vorschieben lassen
Zollte, und unser Überblick lehrte, welche Erwägungen dahinterstanden. Dis
Drohung Chamberlains, er werde andernfalls Anschluß an den Zweibund befür¬
worten, hielt man in der damaligen Zeitlage mit Recht für Bluff: eine englisch-
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