Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.Die englisch-deutschen Bündnisvcrhandlmigen von isyy--ü^er usw. die er traf, ich fasse sie kurz zusammen. Der Erwerb Elsaß-Lothringens belastete Es ist richtig, schon in Versailles stellte Bismarck gute Beziehungen zu England Die englisch-deutschen Bündnisvcrhandlmigen von isyy—ü^er usw. die er traf, ich fasse sie kurz zusammen. Der Erwerb Elsaß-Lothringens belastete Es ist richtig, schon in Versailles stellte Bismarck gute Beziehungen zu England <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337855"/> <fw type="header" place="top"> Die englisch-deutschen Bündnisvcrhandlmigen von isyy—ü^er usw.</fw><lb/> <p xml:id="ID_772" prev="#ID_771"> die er traf, ich fasse sie kurz zusammen. Der Erwerb Elsaß-Lothringens belastete<lb/> das Reich von Anfang an mit der Feindschaft Frankreichs; von dort war Revanche<lb/> zu erwarten und in Rechnung zu stellen, daß jede neu gegen Deutschland sich<lb/> erhebende Gegnerschaft in Frankreich Stütze une Anhang finden würde. Um so mehr<lb/> mußte Bismarck daran gelegen sein, ein gutes Verhältnis zum östlichen Nachbar zu<lb/> schaffen, zu Rußland; eine ideale Lösung wäre die Aufrechterhaltung des Drei¬<lb/> kaiserverhältnisses gewesen, das 1372 Deutschland zusammenführte mit Rußland<lb/> und Osterreich. Es war indessen nur ein Augenblickserfolg; mit dem Ausdruck)<lb/> der Balkanwirren und des russisch-türkischen Krieges wurde Bismarck zur Option<lb/> zwischen Rußland und Osterreich genötigt; nie ist die Schwere der Verantwortung,<lb/> die auf den damaligen Entschlüssen lastete, deutlicher geworden als in unseren<lb/> Tagen. Bismarck suchte, solange wie möglich, der Entscheidung auszuweichen; an?<lb/> Ende fiel sie für Osterreich, und nun stand das Deutsche Reich so da: Zu der<lb/> dauernden Feindschaft im Westen war bedingte Gegnerschaft im Osten gekommen;<lb/> bedingt nicht zum mindesten durch die Gegensätzlichkeit der Orientinteressen Ru߬<lb/> lands und des neuen Bundesgenossen Deutschlands, Österreich-Ungarns. Von hier<lb/> an stand es fest: Deutschlands Zwangslage im Westen würde allezeit eine wertvolle<lb/> Karte auch in Rußlands diplomatischem Spiele abgeben. Angesichts dieser Sach¬<lb/> lage legte Bismarck in einer bedeutsamen Denkschrift eine Mahnung nieder, die dem<lb/> deutschen Volke in Fleisch und Blut überging; er lehrte, Deutschlands Wohl sei<lb/> mit dem Österreichs-Ungarns verkettet. „Das Deutsche Reich dürfe es nie darauf<lb/> ankommen lassen, auf dem europäischen Kontinent zwischen Rußland und Frank¬<lb/> reich neben dem niedergeworfenen und von Deutschland im Stich gelassenen Öster¬<lb/> reich-Ungarn isoliert zurückbleiben." Um so mehr suchte Bismarck sein 1879 mit<lb/> Osterreich geschlossenes Bündnis auszubauen und zu stärken. Hier tritt Deutschlands<lb/> Verhältnis zu England in unseren Gesichtskreis. Die ganze Darstellung des Frei¬<lb/> herrn von Eckardtstein durchzieht der Vorwurf, die deutsche Politik habe sich in Be¬<lb/> handlung des englischen Bündniswerbens in scharfen Widerspruch gestellt zu den<lb/> Traditionen der Bismarckschen Politik, die stets bedacht gewesen sei, ein Bündnis<lb/> mit England zustande zu bringen; wir wollen darauf achten, wie weit diese Be¬<lb/> hauptung zutrifft.</p><lb/> <p xml:id="ID_773" next="#ID_774"> Es ist richtig, schon in Versailles stellte Bismarck gute Beziehungen zu England<lb/> als wünschenswert hin; ja er ließ den Wunsch nach einen» Bündnis durchblicken. Das<lb/> erfahren wir aus englischer Quelle. Der britische Botschafter in Berlin Lord Odo<lb/> Russell weiß davon zu berichten; England sollte eine Bürgschaft für Elsaß-Lothringen<lb/> übernehmen. Ob das aber so ernsthaft gemeint war? Ob nicht Bismarck sehr<lb/> wohl wußte, daß er in England keine Gegenliebe fand? Dieses Vorgehen war wohl<lb/> nur ein diplomatischer Trick, UM in Nußland Eindruck zu machen; die Russen<lb/> sollten nicht glauben, daß Deutschland nur auf sie angewiesen sei. Erst als die<lb/> Balkanwirren sich ankündigten und zumal nach vollzogener Option zwischen Osterreich<lb/> und Rußland empfand Bismarck tatsächlich das Bedürfnis, England näher zu sich<lb/> heranzuziehen; Versuche in dieser Richtung setzten im Jahre 1875 mit einer geheimen<lb/> Sendung Lothar Buchers nach London ein, über deren Verlauf zur Zeit noch nichts<lb/> bekannt worden ist. Zu einer wichtigen Aussprache kam es dann 1878 in Berlin auf<lb/> dem Kongreß zwischen Bismarck und Bcaconsficld; dabei war von einem deutsch-<lb/> englischen Sonderabkommen nicht die Rede; Wohl aber erläuterte Bismarck die Vor-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
Die englisch-deutschen Bündnisvcrhandlmigen von isyy—ü^er usw.
die er traf, ich fasse sie kurz zusammen. Der Erwerb Elsaß-Lothringens belastete
das Reich von Anfang an mit der Feindschaft Frankreichs; von dort war Revanche
zu erwarten und in Rechnung zu stellen, daß jede neu gegen Deutschland sich
erhebende Gegnerschaft in Frankreich Stütze une Anhang finden würde. Um so mehr
mußte Bismarck daran gelegen sein, ein gutes Verhältnis zum östlichen Nachbar zu
schaffen, zu Rußland; eine ideale Lösung wäre die Aufrechterhaltung des Drei¬
kaiserverhältnisses gewesen, das 1372 Deutschland zusammenführte mit Rußland
und Osterreich. Es war indessen nur ein Augenblickserfolg; mit dem Ausdruck)
der Balkanwirren und des russisch-türkischen Krieges wurde Bismarck zur Option
zwischen Rußland und Osterreich genötigt; nie ist die Schwere der Verantwortung,
die auf den damaligen Entschlüssen lastete, deutlicher geworden als in unseren
Tagen. Bismarck suchte, solange wie möglich, der Entscheidung auszuweichen; an?
Ende fiel sie für Osterreich, und nun stand das Deutsche Reich so da: Zu der
dauernden Feindschaft im Westen war bedingte Gegnerschaft im Osten gekommen;
bedingt nicht zum mindesten durch die Gegensätzlichkeit der Orientinteressen Ru߬
lands und des neuen Bundesgenossen Deutschlands, Österreich-Ungarns. Von hier
an stand es fest: Deutschlands Zwangslage im Westen würde allezeit eine wertvolle
Karte auch in Rußlands diplomatischem Spiele abgeben. Angesichts dieser Sach¬
lage legte Bismarck in einer bedeutsamen Denkschrift eine Mahnung nieder, die dem
deutschen Volke in Fleisch und Blut überging; er lehrte, Deutschlands Wohl sei
mit dem Österreichs-Ungarns verkettet. „Das Deutsche Reich dürfe es nie darauf
ankommen lassen, auf dem europäischen Kontinent zwischen Rußland und Frank¬
reich neben dem niedergeworfenen und von Deutschland im Stich gelassenen Öster¬
reich-Ungarn isoliert zurückbleiben." Um so mehr suchte Bismarck sein 1879 mit
Osterreich geschlossenes Bündnis auszubauen und zu stärken. Hier tritt Deutschlands
Verhältnis zu England in unseren Gesichtskreis. Die ganze Darstellung des Frei¬
herrn von Eckardtstein durchzieht der Vorwurf, die deutsche Politik habe sich in Be¬
handlung des englischen Bündniswerbens in scharfen Widerspruch gestellt zu den
Traditionen der Bismarckschen Politik, die stets bedacht gewesen sei, ein Bündnis
mit England zustande zu bringen; wir wollen darauf achten, wie weit diese Be¬
hauptung zutrifft.
Es ist richtig, schon in Versailles stellte Bismarck gute Beziehungen zu England
als wünschenswert hin; ja er ließ den Wunsch nach einen» Bündnis durchblicken. Das
erfahren wir aus englischer Quelle. Der britische Botschafter in Berlin Lord Odo
Russell weiß davon zu berichten; England sollte eine Bürgschaft für Elsaß-Lothringen
übernehmen. Ob das aber so ernsthaft gemeint war? Ob nicht Bismarck sehr
wohl wußte, daß er in England keine Gegenliebe fand? Dieses Vorgehen war wohl
nur ein diplomatischer Trick, UM in Nußland Eindruck zu machen; die Russen
sollten nicht glauben, daß Deutschland nur auf sie angewiesen sei. Erst als die
Balkanwirren sich ankündigten und zumal nach vollzogener Option zwischen Osterreich
und Rußland empfand Bismarck tatsächlich das Bedürfnis, England näher zu sich
heranzuziehen; Versuche in dieser Richtung setzten im Jahre 1875 mit einer geheimen
Sendung Lothar Buchers nach London ein, über deren Verlauf zur Zeit noch nichts
bekannt worden ist. Zu einer wichtigen Aussprache kam es dann 1878 in Berlin auf
dem Kongreß zwischen Bismarck und Bcaconsficld; dabei war von einem deutsch-
englischen Sonderabkommen nicht die Rede; Wohl aber erläuterte Bismarck die Vor-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |