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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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habe ihn seinerzeit bei seiner Abreise aus Amerika davor gewarnt, sich "von den
Engländern das Fell über die Ohren ziehen zu lassen und zu bedenken, daß sich
Amerika gerade so gut gegen die Engländer schlagen könnte", vom Marine-
minister Daniels, dem sie zugeschrieben wurde, nicht geradezu dementiert,
aber doch abgeschwächt worden ist, so ist doch die Äußerung des Senators Borah:
Wer immer diesen Rat gegeben habe, müsse England und dessen Geschichte gut ge¬
kannt haben, bedeutsam genug, um in England, wo die Aussage des Admirals
erklärliches Aufsehen erregt hat, nicht übersehen werden zu können. Nach Beendigung
des Krieges aber haben die Amerikaner so manchen Grund gehabt, gegen den
bisherigen Bundesgenossen verstimmt zu sein. Man hat sich über die Prahlerei
von Sir Douglas Haig, daß die britische Armee den Sieg gewann, geärgert und
die englischen Ansprüche auf die seinerzeit konfiszierten deutschen Passagierdampfer
sehr übel genommen. Ferner besteht der Verdacht, man wolle die Vereinigten
Staaten betrügen, indem man die gestundeten Zinsen der englischen Schuld an
Amerika kapitalisiert. Man wirft den Engländern sogar vor, daß sie amerikanische
Anleihen zu höheren Zinsen wieder ausleihen. Selbst der dauernde Tiesstnnd des
Sterling wird teilweise auf englischen Entschluß zurückgeführt, die europäischen
Märkte gegen Amerika zu schützen, und Llond Georges Umstellung gegenüber Ru߬
land wird als ein Verdrängungsmanöver gegen amerikanische Handelsbestrebungen
hingestellt. Neben diesen großen stehen eine ganze Reihe kleinerer Beschwerden.
Man ärgert sich darüber, daß die Briten den Amerikanern 87,30 Dollar pro Kopf
für den Transport von amerikanischen Truppen auf englischen Schiffen berechneten,
während doch diese Truppen geschickt wurden, um, wie "New Aork Times" vom
12. Dezember sich ausdrückt: "zu verhindern, daß John Bull vom Erdboden ver¬
schwand". Nach derselben Zeitung haben überdies viele heimkehrende Soldaten,
besonders die aus der Rhewzone kamen, erklärt, daß sie die Deutschen den Briten
vorziehen. Während der Kohlenkrise beschuldigte man die Engländer, aus Kosten
ihrer europäischen Verpflichtungen ihren südamerikanischen Kohlenhandel, aus den
die Amerikaner im Grunde allein Anspruch zu haben glauben, zu heben. Die
Hearst-Presse, die die englandfeindliche Pressekampagne in erster Linie betreibt,
beschwert sich auch darüber, daß England sich in den amerikanischen Handel mit
Irland zu mischen sucht, und die einflußreiche "Chicago Tribune", deren Pariser
Ausgabe von "Daily Expreß" übrigens als das Hauptblatt der englandfeindlichen
Jrenpropaganda auf dem Kontinent bezeichnet wird, behauptete sogar, daß Eng¬
land die Pressemitteilungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten
kontrolliere.

All diese Beschwerden jedoch treten an Wichtigkeit völlig zurück gegen das
amerikanische Mißtrauen gegen den Völkerbund. Man hat in dem britischen
Eintreten für Wilson das wohlüberlegte Bestreben gesehen, den angeblichen
Idealismus des Präsidenten dazu zu benutzen, um die Vereinigten Staaten zum
endgültigen Vorteil Englands und zur Gefahr für die Vereinigten Staaten selbst
zu verstricken. "Ist nicht," fragte New Jork "Times", "der Völkerbund ein schlau
erdachter britischer Plan, um uns zu veranlassen, jenseits des Ozeans in allen
Weltteilen die britischen Schlachten auszufechten; wird England uns nicht den
Krieg erklären müssen, salls sein Verbündeter Japan mit den Vereinigten Staaten
in Konflikt gerät?" Namentlich die Bestimmung, daß die englischen Dominions
eine selbständige Stimme neben dem Mutterlande im Völkerbund haben sollten,
England somit gegen Amerika mit 6 zu 1 Stimmen stände, haben die aller-
stärksten Widerstände aufgeregt. Grey hat in einem Brief an die "Times" vom
31. Januar zwar versucht, diese Bedenken dadurch zu zerstreuen oder unwirksam
zu machen, daß er durchblicken ließ, die Dominions, deren selbständiges
Stimmrecht auf keinen Fall angetastet werden könnte, würden im allgemeinen, ja
wie die Vereinigten Staaten stimmen (Anspielung auf Japan), die Vereinigten
Staaten aber, die mehrere Millionen englischsprechender Bürger mehr als
das ganze britische Weltreich zählten, könnten eventuell auch Anspruch auf mehrere
Stimmen erheben (wogegen natürlich sofort Frankreich, und soweit es


Weltspiegel

habe ihn seinerzeit bei seiner Abreise aus Amerika davor gewarnt, sich „von den
Engländern das Fell über die Ohren ziehen zu lassen und zu bedenken, daß sich
Amerika gerade so gut gegen die Engländer schlagen könnte", vom Marine-
minister Daniels, dem sie zugeschrieben wurde, nicht geradezu dementiert,
aber doch abgeschwächt worden ist, so ist doch die Äußerung des Senators Borah:
Wer immer diesen Rat gegeben habe, müsse England und dessen Geschichte gut ge¬
kannt haben, bedeutsam genug, um in England, wo die Aussage des Admirals
erklärliches Aufsehen erregt hat, nicht übersehen werden zu können. Nach Beendigung
des Krieges aber haben die Amerikaner so manchen Grund gehabt, gegen den
bisherigen Bundesgenossen verstimmt zu sein. Man hat sich über die Prahlerei
von Sir Douglas Haig, daß die britische Armee den Sieg gewann, geärgert und
die englischen Ansprüche auf die seinerzeit konfiszierten deutschen Passagierdampfer
sehr übel genommen. Ferner besteht der Verdacht, man wolle die Vereinigten
Staaten betrügen, indem man die gestundeten Zinsen der englischen Schuld an
Amerika kapitalisiert. Man wirft den Engländern sogar vor, daß sie amerikanische
Anleihen zu höheren Zinsen wieder ausleihen. Selbst der dauernde Tiesstnnd des
Sterling wird teilweise auf englischen Entschluß zurückgeführt, die europäischen
Märkte gegen Amerika zu schützen, und Llond Georges Umstellung gegenüber Ru߬
land wird als ein Verdrängungsmanöver gegen amerikanische Handelsbestrebungen
hingestellt. Neben diesen großen stehen eine ganze Reihe kleinerer Beschwerden.
Man ärgert sich darüber, daß die Briten den Amerikanern 87,30 Dollar pro Kopf
für den Transport von amerikanischen Truppen auf englischen Schiffen berechneten,
während doch diese Truppen geschickt wurden, um, wie „New Aork Times" vom
12. Dezember sich ausdrückt: „zu verhindern, daß John Bull vom Erdboden ver¬
schwand". Nach derselben Zeitung haben überdies viele heimkehrende Soldaten,
besonders die aus der Rhewzone kamen, erklärt, daß sie die Deutschen den Briten
vorziehen. Während der Kohlenkrise beschuldigte man die Engländer, aus Kosten
ihrer europäischen Verpflichtungen ihren südamerikanischen Kohlenhandel, aus den
die Amerikaner im Grunde allein Anspruch zu haben glauben, zu heben. Die
Hearst-Presse, die die englandfeindliche Pressekampagne in erster Linie betreibt,
beschwert sich auch darüber, daß England sich in den amerikanischen Handel mit
Irland zu mischen sucht, und die einflußreiche „Chicago Tribune", deren Pariser
Ausgabe von „Daily Expreß" übrigens als das Hauptblatt der englandfeindlichen
Jrenpropaganda auf dem Kontinent bezeichnet wird, behauptete sogar, daß Eng¬
land die Pressemitteilungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten
kontrolliere.

All diese Beschwerden jedoch treten an Wichtigkeit völlig zurück gegen das
amerikanische Mißtrauen gegen den Völkerbund. Man hat in dem britischen
Eintreten für Wilson das wohlüberlegte Bestreben gesehen, den angeblichen
Idealismus des Präsidenten dazu zu benutzen, um die Vereinigten Staaten zum
endgültigen Vorteil Englands und zur Gefahr für die Vereinigten Staaten selbst
zu verstricken. „Ist nicht," fragte New Jork „Times", „der Völkerbund ein schlau
erdachter britischer Plan, um uns zu veranlassen, jenseits des Ozeans in allen
Weltteilen die britischen Schlachten auszufechten; wird England uns nicht den
Krieg erklären müssen, salls sein Verbündeter Japan mit den Vereinigten Staaten
in Konflikt gerät?" Namentlich die Bestimmung, daß die englischen Dominions
eine selbständige Stimme neben dem Mutterlande im Völkerbund haben sollten,
England somit gegen Amerika mit 6 zu 1 Stimmen stände, haben die aller-
stärksten Widerstände aufgeregt. Grey hat in einem Brief an die „Times" vom
31. Januar zwar versucht, diese Bedenken dadurch zu zerstreuen oder unwirksam
zu machen, daß er durchblicken ließ, die Dominions, deren selbständiges
Stimmrecht auf keinen Fall angetastet werden könnte, würden im allgemeinen, ja
wie die Vereinigten Staaten stimmen (Anspielung auf Japan), die Vereinigten
Staaten aber, die mehrere Millionen englischsprechender Bürger mehr als
das ganze britische Weltreich zählten, könnten eventuell auch Anspruch auf mehrere
Stimmen erheben (wogegen natürlich sofort Frankreich, und soweit es


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/30>, abgerufen am 02.07.2024.