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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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kommen, daß dieser Vertrag unmöglich ist. Allerdings braucht es dazu kaum
mehr türkischer Gegenvorstellungen: schon an den Tatsachen selber stößt dieses
Machwerk sich wesentliche Teile seines so schön erdachten Knochengerüstes ein.

In den als unabhängig erklärten und Mandatsträgern merkenden Staaten
lodert nämlich eine äußerst rege Aufstandsbewegung, die nicht gerade aus Freund¬
schaft für die hohen alliierten und assoziierten Mandatsträger ausgebrochen zu
sein scheint. In Syrien herrscht, den französischen Mandatteil beträchtlich be-
schreibend, seit dem 7. März, gewählt von einem Kongreß des Volkes, der famose
Emir Feissal als König, der die Alliierten aufgefordert hat, ihre Truppen zurück-
zuziehen und in Cilicien im heimlichen Verband mit dem "anatolischen Nationa¬
listenführer Mustapha Kemal, durch Umzingelungen und Überfälle in Marasch,
Amtcib, Urfa dafür sorgt, daß die Franzosen, deren der Lnitcersparnis wegen
aufgestellte armenische Frciwilligenkorps sich schlecht bewähren und die durch
entsetzliches Verwaltungsdurcheinander in Adana. Beyrut und Konstantinopel
gehemmt sind, dieser Aufforderung rascher als sie gerne möchten Folge leisten.
Auch gegen die Ansprüche der Zionisten auf Palästina, wo Araber unter den
Augen der Engländer jüdische Ansiedler niedermetzeln, hat sich Feissal gewandt,
hat seinen Bruder Abdallah als König eines unabhängigen Iraks ausrufen
lassen und weigert sich beharrlich, der wiederholt an ihn ergangenen Einladung
der Alliierten, in Paris mit sich reden zu lassen, Folge zu leisten. In Meso¬
potamien ober bedroht der Generalstab des im Mai -- wie zu vermuten steht auf
englisches Betreiben -- ermordeten Emirs von Halt, Ihr Raschids, nachdem bereits
seit dein Dezember Araberaufstände in Mesopotamien gemeldet wurden und im
April Kul el Amaro. in die Hände der Aufständischen fiel, mit 50000 Mann
die englische Flanke. In Kurdistan ist einer "Times"-Meldung zufolge im De¬
zember der nicht gerade armenierfreundliche Enver Pascha zum König ausge-
rufen, während in Georgien, das sich mit Armenien gütlich über seine Grenzen
einigen soll, seit Anfang Mai die Bolschewisten stehen. Das Mandat über
Armenien wird ausgeboten wie sauer Bier, sogar Norwegen hat man aufge¬
fordert. Ohne jeden Erfolg natürlich. Bis sich ein Dummer findet, kann der
letzte Armenier ausgerottet sein. Auch um die Reorganisierung der türkischen
Armee brauchen sich die Alliierten nicht mehr viel zu bekümmern, das hat
Mustapha Kemal schon ganz alleine, allerdings unter vorsorglicher Überschreitung
der festgesetzten Höchstzahl besorgt, und zwar so gründlich, daß die Italiener
schleunigst auf alle Feindseligkeiten verzichtet haben, daß die Griechen, umihre
Stellung in dem voreilig besetzten Gebiet von Smyrna halten zu können, sich sogleich
durch allgemeine, weitgehende Zwangsaushebung haben beliebt machen müssen,
daß anatolische Truppen die Dardanellenforts bedrohen, daß in Stambul kein
Mensch mehr ohne Zustimmung KemalS Minister zu sein wagt und daß tue
Bewegung sogar nach dem vom schlauen Veniselos so beharrlich petitionierten
Thrazien übergesprungen ist. Die Negierung aber, die diesen schonen, in so
vielen wesentlichen Punkten bereits überholten Vertrag unterschreiben soll, ist
ohne jede reale Macht und wird vom eigentlichen Stammlande, dessen kaum
ernsthaft beschränkter, durch ein militärisches Bündnis mit den Bolschewisten noch
gestärkter Gebieter Mustapha Kemal ist. verleugnet. ^ . ...

Nur weltfremde Bürokraten haben diesen Vertrag ausdenken können, Leute,
denen lediglich daran gelegen war, von Leuten, die sich ebenfalls nur an Buch-
staben halten, eine Unterschrift zu bekommen. An alles hat man gedacht: daß
Wilson die Türken aus Europa vertrieben, die Griechen nicht in Smyrna wissen
wollte und daß der Sultan dennoch der Mohammedaner in Indien wegen und
um nicht den Rest der Alttürken den Nationalisten vollends in die Arme zu
treiben, in Stambul bleiben mußte. Daß man Frankreichs Empfindlichkeit in
Syrien und in der Meerengenfrage schonen und Nußland durch geschickte Stunmen-
verteilung die Einflußnahme auf die Meerengen unmöglich machen mutzte, datz
man in Kurdistan einen Wall gegen den Bolschewismus errichten und "" MM
den Landweg nach Indien bahnen wollte. Und als man sich dann endttch --


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kommen, daß dieser Vertrag unmöglich ist. Allerdings braucht es dazu kaum
mehr türkischer Gegenvorstellungen: schon an den Tatsachen selber stößt dieses
Machwerk sich wesentliche Teile seines so schön erdachten Knochengerüstes ein.

In den als unabhängig erklärten und Mandatsträgern merkenden Staaten
lodert nämlich eine äußerst rege Aufstandsbewegung, die nicht gerade aus Freund¬
schaft für die hohen alliierten und assoziierten Mandatsträger ausgebrochen zu
sein scheint. In Syrien herrscht, den französischen Mandatteil beträchtlich be-
schreibend, seit dem 7. März, gewählt von einem Kongreß des Volkes, der famose
Emir Feissal als König, der die Alliierten aufgefordert hat, ihre Truppen zurück-
zuziehen und in Cilicien im heimlichen Verband mit dem „anatolischen Nationa¬
listenführer Mustapha Kemal, durch Umzingelungen und Überfälle in Marasch,
Amtcib, Urfa dafür sorgt, daß die Franzosen, deren der Lnitcersparnis wegen
aufgestellte armenische Frciwilligenkorps sich schlecht bewähren und die durch
entsetzliches Verwaltungsdurcheinander in Adana. Beyrut und Konstantinopel
gehemmt sind, dieser Aufforderung rascher als sie gerne möchten Folge leisten.
Auch gegen die Ansprüche der Zionisten auf Palästina, wo Araber unter den
Augen der Engländer jüdische Ansiedler niedermetzeln, hat sich Feissal gewandt,
hat seinen Bruder Abdallah als König eines unabhängigen Iraks ausrufen
lassen und weigert sich beharrlich, der wiederholt an ihn ergangenen Einladung
der Alliierten, in Paris mit sich reden zu lassen, Folge zu leisten. In Meso¬
potamien ober bedroht der Generalstab des im Mai — wie zu vermuten steht auf
englisches Betreiben — ermordeten Emirs von Halt, Ihr Raschids, nachdem bereits
seit dein Dezember Araberaufstände in Mesopotamien gemeldet wurden und im
April Kul el Amaro. in die Hände der Aufständischen fiel, mit 50000 Mann
die englische Flanke. In Kurdistan ist einer „Times"-Meldung zufolge im De¬
zember der nicht gerade armenierfreundliche Enver Pascha zum König ausge-
rufen, während in Georgien, das sich mit Armenien gütlich über seine Grenzen
einigen soll, seit Anfang Mai die Bolschewisten stehen. Das Mandat über
Armenien wird ausgeboten wie sauer Bier, sogar Norwegen hat man aufge¬
fordert. Ohne jeden Erfolg natürlich. Bis sich ein Dummer findet, kann der
letzte Armenier ausgerottet sein. Auch um die Reorganisierung der türkischen
Armee brauchen sich die Alliierten nicht mehr viel zu bekümmern, das hat
Mustapha Kemal schon ganz alleine, allerdings unter vorsorglicher Überschreitung
der festgesetzten Höchstzahl besorgt, und zwar so gründlich, daß die Italiener
schleunigst auf alle Feindseligkeiten verzichtet haben, daß die Griechen, umihre
Stellung in dem voreilig besetzten Gebiet von Smyrna halten zu können, sich sogleich
durch allgemeine, weitgehende Zwangsaushebung haben beliebt machen müssen,
daß anatolische Truppen die Dardanellenforts bedrohen, daß in Stambul kein
Mensch mehr ohne Zustimmung KemalS Minister zu sein wagt und daß tue
Bewegung sogar nach dem vom schlauen Veniselos so beharrlich petitionierten
Thrazien übergesprungen ist. Die Negierung aber, die diesen schonen, in so
vielen wesentlichen Punkten bereits überholten Vertrag unterschreiben soll, ist
ohne jede reale Macht und wird vom eigentlichen Stammlande, dessen kaum
ernsthaft beschränkter, durch ein militärisches Bündnis mit den Bolschewisten noch
gestärkter Gebieter Mustapha Kemal ist. verleugnet. ^ . ...

Nur weltfremde Bürokraten haben diesen Vertrag ausdenken können, Leute,
denen lediglich daran gelegen war, von Leuten, die sich ebenfalls nur an Buch-
staben halten, eine Unterschrift zu bekommen. An alles hat man gedacht: daß
Wilson die Türken aus Europa vertrieben, die Griechen nicht in Smyrna wissen
wollte und daß der Sultan dennoch der Mohammedaner in Indien wegen und
um nicht den Rest der Alttürken den Nationalisten vollends in die Arme zu
treiben, in Stambul bleiben mußte. Daß man Frankreichs Empfindlichkeit in
Syrien und in der Meerengenfrage schonen und Nußland durch geschickte Stunmen-
verteilung die Einflußnahme auf die Meerengen unmöglich machen mutzte, datz
man in Kurdistan einen Wall gegen den Bolschewismus errichten und "" MM
den Landweg nach Indien bahnen wollte. Und als man sich dann endttch —


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[0235] Weltsxiegel kommen, daß dieser Vertrag unmöglich ist. Allerdings braucht es dazu kaum mehr türkischer Gegenvorstellungen: schon an den Tatsachen selber stößt dieses Machwerk sich wesentliche Teile seines so schön erdachten Knochengerüstes ein. In den als unabhängig erklärten und Mandatsträgern merkenden Staaten lodert nämlich eine äußerst rege Aufstandsbewegung, die nicht gerade aus Freund¬ schaft für die hohen alliierten und assoziierten Mandatsträger ausgebrochen zu sein scheint. In Syrien herrscht, den französischen Mandatteil beträchtlich be- schreibend, seit dem 7. März, gewählt von einem Kongreß des Volkes, der famose Emir Feissal als König, der die Alliierten aufgefordert hat, ihre Truppen zurück- zuziehen und in Cilicien im heimlichen Verband mit dem „anatolischen Nationa¬ listenführer Mustapha Kemal, durch Umzingelungen und Überfälle in Marasch, Amtcib, Urfa dafür sorgt, daß die Franzosen, deren der Lnitcersparnis wegen aufgestellte armenische Frciwilligenkorps sich schlecht bewähren und die durch entsetzliches Verwaltungsdurcheinander in Adana. Beyrut und Konstantinopel gehemmt sind, dieser Aufforderung rascher als sie gerne möchten Folge leisten. Auch gegen die Ansprüche der Zionisten auf Palästina, wo Araber unter den Augen der Engländer jüdische Ansiedler niedermetzeln, hat sich Feissal gewandt, hat seinen Bruder Abdallah als König eines unabhängigen Iraks ausrufen lassen und weigert sich beharrlich, der wiederholt an ihn ergangenen Einladung der Alliierten, in Paris mit sich reden zu lassen, Folge zu leisten. In Meso¬ potamien ober bedroht der Generalstab des im Mai — wie zu vermuten steht auf englisches Betreiben — ermordeten Emirs von Halt, Ihr Raschids, nachdem bereits seit dein Dezember Araberaufstände in Mesopotamien gemeldet wurden und im April Kul el Amaro. in die Hände der Aufständischen fiel, mit 50000 Mann die englische Flanke. In Kurdistan ist einer „Times"-Meldung zufolge im De¬ zember der nicht gerade armenierfreundliche Enver Pascha zum König ausge- rufen, während in Georgien, das sich mit Armenien gütlich über seine Grenzen einigen soll, seit Anfang Mai die Bolschewisten stehen. Das Mandat über Armenien wird ausgeboten wie sauer Bier, sogar Norwegen hat man aufge¬ fordert. Ohne jeden Erfolg natürlich. Bis sich ein Dummer findet, kann der letzte Armenier ausgerottet sein. Auch um die Reorganisierung der türkischen Armee brauchen sich die Alliierten nicht mehr viel zu bekümmern, das hat Mustapha Kemal schon ganz alleine, allerdings unter vorsorglicher Überschreitung der festgesetzten Höchstzahl besorgt, und zwar so gründlich, daß die Italiener schleunigst auf alle Feindseligkeiten verzichtet haben, daß die Griechen, umihre Stellung in dem voreilig besetzten Gebiet von Smyrna halten zu können, sich sogleich durch allgemeine, weitgehende Zwangsaushebung haben beliebt machen müssen, daß anatolische Truppen die Dardanellenforts bedrohen, daß in Stambul kein Mensch mehr ohne Zustimmung KemalS Minister zu sein wagt und daß tue Bewegung sogar nach dem vom schlauen Veniselos so beharrlich petitionierten Thrazien übergesprungen ist. Die Negierung aber, die diesen schonen, in so vielen wesentlichen Punkten bereits überholten Vertrag unterschreiben soll, ist ohne jede reale Macht und wird vom eigentlichen Stammlande, dessen kaum ernsthaft beschränkter, durch ein militärisches Bündnis mit den Bolschewisten noch gestärkter Gebieter Mustapha Kemal ist. verleugnet. ^ . ... Nur weltfremde Bürokraten haben diesen Vertrag ausdenken können, Leute, denen lediglich daran gelegen war, von Leuten, die sich ebenfalls nur an Buch- staben halten, eine Unterschrift zu bekommen. An alles hat man gedacht: daß Wilson die Türken aus Europa vertrieben, die Griechen nicht in Smyrna wissen wollte und daß der Sultan dennoch der Mohammedaner in Indien wegen und um nicht den Rest der Alttürken den Nationalisten vollends in die Arme zu treiben, in Stambul bleiben mußte. Daß man Frankreichs Empfindlichkeit in Syrien und in der Meerengenfrage schonen und Nußland durch geschickte Stunmen- verteilung die Einflußnahme auf die Meerengen unmöglich machen mutzte, datz man in Kurdistan einen Wall gegen den Bolschewismus errichten und "" MM den Landweg nach Indien bahnen wollte. Und als man sich dann endttch —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/235>, abgerufen am 02.07.2024.