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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete

ostpreußischen Abstimmungsgebiet ein schwach bevölkertes Land (noch nicht 60
Einwohner auf 1 Quadratkilometer). In ganz Schleswig gaben bei der Volks¬
zählung vom 1. Dezember 1905 67 v, H, die deutsche 29 v. H die täusche als
ihre Muttersprache an. der Nest entfällt in der Hauptsache ans Angehörige der
friesischen Sprache. Im Kreise Hadersleben sprachen l8 v. H. deutsch, 8l v. H.
dänisch, in Apcnrade 24 v. H. deutsch. 75 v. H. danses. in Sonderburg 20 v. H
deutsch. 80 v. H. dänisch, in Tondern 34 v. H. deutsch. 44 v. H. dnnisch und
21 v. H. friesisch, in Flensburg 92 v. H. deutsch, nur 6 v. H. dan. es. Dabei
hat das Deutschtum in den letzten 15 Jahren-unverkennbare Fortschritte gemacht,
denn 1890 sprachen in Hadersleben nur 11 v. H,. in Apenrade nur 1/ v. H"
in Sonderburg 18 v. H. und in Tondern nur 27 v. H. der Bevölkerung
deutsch. In den Stadien der vier Nordkreise ist daS Spracheiiverhaltms
weit mehr zugunsten des Deutschtums, denn es sprachen 1905 in der Stadt
Apenrade je 49 v. H.. iii Hadersleben 37 v. H.. in Sonderburg 58 v. H. und
in Tondern 70 v. H. deutsch und die Gemeindevertretung besah rü fast allen
größeren Marktflecken die entschiedene Majorität, auch in vielen Landgemeinden
hallen sich die Deutschen und die Dänen gegenseitig das Gleichgewicht. Eine
reinliche Ausscheidung rein dänischer Bezirke, wie dies vielleicht für rempolmsche
Bezirke in Westpreußen und Oberschlesien der Fall ist, ist ganz unmöglich.
Übrigens gehen dänische Sprache und dänische Gesinnung in Nordschleswig bei
weitem nicht zusammen, was am klarsten bei den Ergebnissen der Reichstags-
Wahlen zutage tritt. Im Jahre 1912 wurden im Wahlkreis Hadersleben.
Sonderburg 11744 dänische uno 6317 deutsche Summen abgegeben, also zwei Drittel
dünisch und ein Drittel deutsch, währeud das Sprachenverhaltnis vier Fünftel zu em
Fünftel ist, im Wahlkreis Apenrade-Flensburg wurden 3560 täusche und 22644
deutsche Stimmen abgegeben. Verhältnis 1:6; Sprachenverhältnis dagegen 1:4.
Und dabei kann man'sicher annehmen, daß die Beteiligung der dänisch sub eridm
Bevölkerung eure weit größere gewesen ist, als die der deutsch denkenden. DieUrsache
dieser auf den ersten Blick vielleicht befremdenden Erscheinung ist in der durchaus
nicht allgemein bekannten Tatsache zu suchen, daß in sehr vielen Häusern Nord-
schleswigs neben dem Deutschen auch die jüdische Mundart gesprochen wird und doch
fühlen diese "Heinideutschen", die über all die Bevölkerung durchsetzen und einen guten
Teil des alten VolkskernS ausmachen, so gutdeutsch, wie irgendwelcheandereDeutsche.
Die Bewohner von ganz Schleswig sind niemals Dünen, also Skandinavier
gewesen, sondern Angelsachsen, die einen Dialekt gesprochen haben, der der dänischen
Sprache verwandt ist, aber die Bezeichnung Schleswig-Südjütland bleibt grund-
falsch. Es ist eine durch keine dänische Sophistik wegzuleugnende Tatsache, das;
bei jeder Volkszählung die Zahl der Deutschsprechenden Fortschritte, die der
dünisch Sprechenden Rückschritt.! gemacht hat. Dennoch muß ohne weiteres
zugegeben werden, daß eine sogenannte Nordschlcswigsche Frage und daß rin
Lande selbst seit Jahren eine starke Agitation zugunsten einer Annexion seitens
Dänemarks tatsächlich existiert, sie basiert im letzton Grunde auf den bekannten
Artikel V des Prager Friedens vom 23. August 1866. dessen Inhalt sattsam
bekannt ist, so das; es sich wohl erübrigt, hier näher auf ihn einzugehen. Bekannt
ist auch, dasz dieser Artikel lediglich eine Abmachung zwischen Preußen und
Osterreich war, der weder Dänemark, noch Frankreich, noch sonst ^einand ngcnd
etwas anging, weniger bekannt vielleicht, daß die dümsche Regierung un
Februar 1879 ausdrücklich anerkannt bat. daß sie keinerlei Ansprüche auf die
Ausführung der Bestimmungen jenes Artikels erheben könne und daß sie die
Anerkennung des preußischen BesitzreclUes auf Schleswig in der Emlertung zu
dem Optantenvertrag vom 11. Juni 1907 wiederholt hat. Wenn trotzdem die
Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark das unveränderte Endziel der
Hoffnungen und Ansprüche der Dänen geblieben ist und nut einer Festigkeit ern
halbes Jahrhundert hindurch aufrecht erhalten wurde, die unsere Bewunderung
herausfordert, so sind hier eine NeiLe besonderer Ursachen maßgebend gewesen,
ans die wir im Rahmen dieser kurzen geographischen Betrachtung nicht näher
eingehen können.


Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete

ostpreußischen Abstimmungsgebiet ein schwach bevölkertes Land (noch nicht 60
Einwohner auf 1 Quadratkilometer). In ganz Schleswig gaben bei der Volks¬
zählung vom 1. Dezember 1905 67 v, H, die deutsche 29 v. H die täusche als
ihre Muttersprache an. der Nest entfällt in der Hauptsache ans Angehörige der
friesischen Sprache. Im Kreise Hadersleben sprachen l8 v. H. deutsch, 8l v. H.
dänisch, in Apcnrade 24 v. H. deutsch. 75 v. H. danses. in Sonderburg 20 v. H
deutsch. 80 v. H. dänisch, in Tondern 34 v. H. deutsch. 44 v. H. dnnisch und
21 v. H. friesisch, in Flensburg 92 v. H. deutsch, nur 6 v. H. dan. es. Dabei
hat das Deutschtum in den letzten 15 Jahren-unverkennbare Fortschritte gemacht,
denn 1890 sprachen in Hadersleben nur 11 v. H,. in Apenrade nur 1/ v. H„
in Sonderburg 18 v. H. und in Tondern nur 27 v. H. der Bevölkerung
deutsch. In den Stadien der vier Nordkreise ist daS Spracheiiverhaltms
weit mehr zugunsten des Deutschtums, denn es sprachen 1905 in der Stadt
Apenrade je 49 v. H.. iii Hadersleben 37 v. H.. in Sonderburg 58 v. H. und
in Tondern 70 v. H. deutsch und die Gemeindevertretung besah rü fast allen
größeren Marktflecken die entschiedene Majorität, auch in vielen Landgemeinden
hallen sich die Deutschen und die Dänen gegenseitig das Gleichgewicht. Eine
reinliche Ausscheidung rein dänischer Bezirke, wie dies vielleicht für rempolmsche
Bezirke in Westpreußen und Oberschlesien der Fall ist, ist ganz unmöglich.
Übrigens gehen dänische Sprache und dänische Gesinnung in Nordschleswig bei
weitem nicht zusammen, was am klarsten bei den Ergebnissen der Reichstags-
Wahlen zutage tritt. Im Jahre 1912 wurden im Wahlkreis Hadersleben.
Sonderburg 11744 dänische uno 6317 deutsche Summen abgegeben, also zwei Drittel
dünisch und ein Drittel deutsch, währeud das Sprachenverhaltnis vier Fünftel zu em
Fünftel ist, im Wahlkreis Apenrade-Flensburg wurden 3560 täusche und 22644
deutsche Stimmen abgegeben. Verhältnis 1:6; Sprachenverhältnis dagegen 1:4.
Und dabei kann man'sicher annehmen, daß die Beteiligung der dänisch sub eridm
Bevölkerung eure weit größere gewesen ist, als die der deutsch denkenden. DieUrsache
dieser auf den ersten Blick vielleicht befremdenden Erscheinung ist in der durchaus
nicht allgemein bekannten Tatsache zu suchen, daß in sehr vielen Häusern Nord-
schleswigs neben dem Deutschen auch die jüdische Mundart gesprochen wird und doch
fühlen diese „Heinideutschen", die über all die Bevölkerung durchsetzen und einen guten
Teil des alten VolkskernS ausmachen, so gutdeutsch, wie irgendwelcheandereDeutsche.
Die Bewohner von ganz Schleswig sind niemals Dünen, also Skandinavier
gewesen, sondern Angelsachsen, die einen Dialekt gesprochen haben, der der dänischen
Sprache verwandt ist, aber die Bezeichnung Schleswig-Südjütland bleibt grund-
falsch. Es ist eine durch keine dänische Sophistik wegzuleugnende Tatsache, das;
bei jeder Volkszählung die Zahl der Deutschsprechenden Fortschritte, die der
dünisch Sprechenden Rückschritt.! gemacht hat. Dennoch muß ohne weiteres
zugegeben werden, daß eine sogenannte Nordschlcswigsche Frage und daß rin
Lande selbst seit Jahren eine starke Agitation zugunsten einer Annexion seitens
Dänemarks tatsächlich existiert, sie basiert im letzton Grunde auf den bekannten
Artikel V des Prager Friedens vom 23. August 1866. dessen Inhalt sattsam
bekannt ist, so das; es sich wohl erübrigt, hier näher auf ihn einzugehen. Bekannt
ist auch, dasz dieser Artikel lediglich eine Abmachung zwischen Preußen und
Osterreich war, der weder Dänemark, noch Frankreich, noch sonst ^einand ngcnd
etwas anging, weniger bekannt vielleicht, daß die dümsche Regierung un
Februar 1879 ausdrücklich anerkannt bat. daß sie keinerlei Ansprüche auf die
Ausführung der Bestimmungen jenes Artikels erheben könne und daß sie die
Anerkennung des preußischen BesitzreclUes auf Schleswig in der Emlertung zu
dem Optantenvertrag vom 11. Juni 1907 wiederholt hat. Wenn trotzdem die
Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark das unveränderte Endziel der
Hoffnungen und Ansprüche der Dänen geblieben ist und nut einer Festigkeit ern
halbes Jahrhundert hindurch aufrecht erhalten wurde, die unsere Bewunderung
herausfordert, so sind hier eine NeiLe besonderer Ursachen maßgebend gewesen,
ans die wir im Rahmen dieser kurzen geographischen Betrachtung nicht näher
eingehen können.


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[0069] Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete ostpreußischen Abstimmungsgebiet ein schwach bevölkertes Land (noch nicht 60 Einwohner auf 1 Quadratkilometer). In ganz Schleswig gaben bei der Volks¬ zählung vom 1. Dezember 1905 67 v, H, die deutsche 29 v. H die täusche als ihre Muttersprache an. der Nest entfällt in der Hauptsache ans Angehörige der friesischen Sprache. Im Kreise Hadersleben sprachen l8 v. H. deutsch, 8l v. H. dänisch, in Apcnrade 24 v. H. deutsch. 75 v. H. danses. in Sonderburg 20 v. H deutsch. 80 v. H. dänisch, in Tondern 34 v. H. deutsch. 44 v. H. dnnisch und 21 v. H. friesisch, in Flensburg 92 v. H. deutsch, nur 6 v. H. dan. es. Dabei hat das Deutschtum in den letzten 15 Jahren-unverkennbare Fortschritte gemacht, denn 1890 sprachen in Hadersleben nur 11 v. H,. in Apenrade nur 1/ v. H„ in Sonderburg 18 v. H. und in Tondern nur 27 v. H. der Bevölkerung deutsch. In den Stadien der vier Nordkreise ist daS Spracheiiverhaltms weit mehr zugunsten des Deutschtums, denn es sprachen 1905 in der Stadt Apenrade je 49 v. H.. iii Hadersleben 37 v. H.. in Sonderburg 58 v. H. und in Tondern 70 v. H. deutsch und die Gemeindevertretung besah rü fast allen größeren Marktflecken die entschiedene Majorität, auch in vielen Landgemeinden hallen sich die Deutschen und die Dänen gegenseitig das Gleichgewicht. Eine reinliche Ausscheidung rein dänischer Bezirke, wie dies vielleicht für rempolmsche Bezirke in Westpreußen und Oberschlesien der Fall ist, ist ganz unmöglich. Übrigens gehen dänische Sprache und dänische Gesinnung in Nordschleswig bei weitem nicht zusammen, was am klarsten bei den Ergebnissen der Reichstags- Wahlen zutage tritt. Im Jahre 1912 wurden im Wahlkreis Hadersleben. Sonderburg 11744 dänische uno 6317 deutsche Summen abgegeben, also zwei Drittel dünisch und ein Drittel deutsch, währeud das Sprachenverhaltnis vier Fünftel zu em Fünftel ist, im Wahlkreis Apenrade-Flensburg wurden 3560 täusche und 22644 deutsche Stimmen abgegeben. Verhältnis 1:6; Sprachenverhältnis dagegen 1:4. Und dabei kann man'sicher annehmen, daß die Beteiligung der dänisch sub eridm Bevölkerung eure weit größere gewesen ist, als die der deutsch denkenden. DieUrsache dieser auf den ersten Blick vielleicht befremdenden Erscheinung ist in der durchaus nicht allgemein bekannten Tatsache zu suchen, daß in sehr vielen Häusern Nord- schleswigs neben dem Deutschen auch die jüdische Mundart gesprochen wird und doch fühlen diese „Heinideutschen", die über all die Bevölkerung durchsetzen und einen guten Teil des alten VolkskernS ausmachen, so gutdeutsch, wie irgendwelcheandereDeutsche. Die Bewohner von ganz Schleswig sind niemals Dünen, also Skandinavier gewesen, sondern Angelsachsen, die einen Dialekt gesprochen haben, der der dänischen Sprache verwandt ist, aber die Bezeichnung Schleswig-Südjütland bleibt grund- falsch. Es ist eine durch keine dänische Sophistik wegzuleugnende Tatsache, das; bei jeder Volkszählung die Zahl der Deutschsprechenden Fortschritte, die der dünisch Sprechenden Rückschritt.! gemacht hat. Dennoch muß ohne weiteres zugegeben werden, daß eine sogenannte Nordschlcswigsche Frage und daß rin Lande selbst seit Jahren eine starke Agitation zugunsten einer Annexion seitens Dänemarks tatsächlich existiert, sie basiert im letzton Grunde auf den bekannten Artikel V des Prager Friedens vom 23. August 1866. dessen Inhalt sattsam bekannt ist, so das; es sich wohl erübrigt, hier näher auf ihn einzugehen. Bekannt ist auch, dasz dieser Artikel lediglich eine Abmachung zwischen Preußen und Osterreich war, der weder Dänemark, noch Frankreich, noch sonst ^einand ngcnd etwas anging, weniger bekannt vielleicht, daß die dümsche Regierung un Februar 1879 ausdrücklich anerkannt bat. daß sie keinerlei Ansprüche auf die Ausführung der Bestimmungen jenes Artikels erheben könne und daß sie die Anerkennung des preußischen BesitzreclUes auf Schleswig in der Emlertung zu dem Optantenvertrag vom 11. Juni 1907 wiederholt hat. Wenn trotzdem die Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark das unveränderte Endziel der Hoffnungen und Ansprüche der Dänen geblieben ist und nut einer Festigkeit ern halbes Jahrhundert hindurch aufrecht erhalten wurde, die unsere Bewunderung herausfordert, so sind hier eine NeiLe besonderer Ursachen maßgebend gewesen, ans die wir im Rahmen dieser kurzen geographischen Betrachtung nicht näher eingehen können.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/69>, abgerufen am 01.09.2024.