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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete

Nutzung von Zwiespalt in den Reihen der Deutschen vorübergehend erreicht. Die
Polen haben stets behauptet, Westpreußen sei polnisches Land, die Bevölkerung
sei immer größtenteils polnisch gewesen, die Wahrheit aber ist, daß in diesem
Lande bis zum Beginn der Neuzeit und der Herrschaft des deutschen Ordens
Prußen oder wie ihn der Deutsche aussprach "Preußen" gewohnt haben
und daß erst im 13. Jahrhundert eine schwache polnische Besiedlung statifand,
über deren Verlauf und Erfolg im einzelnen fast jede Nachricht fehlt. Wahr¬
scheinlich waren nur wenige Gebiete an der Weichsel von Polen besetzt und erst
viel später kamen, als Preußen die feierlich zugesicherte Freiheit und Selbst-
regiiuung auf dem Reichstage zu Ludim 1569 verloren hatte, Polen in größerer
Zahl ins Land,' das seine ganze damalige Kultur ausschließlich dem Fleiße
deutscher Landwirtschaft und weitgehender Selbstverwaltung seiner Bewohner
verdankte. Als Friedrich II. 1772 das Weichsel- und Netzegebiet Westpreußens
wieder für Deutschland gewann, befand sich das Land mit Ausnahme von Danzig,
das eine Sonderstellung einnahm (allenfalls noch von Thorn und Elbing) in
einem Zustand jämmerlicher Verwahrlosung und Armut, aus dem es dann durch die
Tatkraft seiner Bewohner unter preußischer Herrschaft sich wieder emporgearbeitet hat.

In ganz Westpreußen stehen sich etwas über 1 Million Deutscher 600000
nichtdeutschen gegenüber, die große Mehrzahl (65 v. H.) bekennt sich zur deutschen
Zunge, dessen ungeachtet ist der bei weitem grüßte Teil der Provinz schon jetzt zu
Polen gefallenl Von den vier Kreisen des westpreußischen Abstimmungsgebiets
ist Marienburg zu 97 v. H., Rosenberg zu 92 v. H., Marienwerder zu 62 v. H.
und Stuhm zu 57 v. H. deutsch. Im Ganzen stehen sich ungefähr 120000 Deutsche
40000 Polen gegenüber, die deutsche Mehrheit ist so imposant, wie sie in keinem
der andern Abstimmungsgebiete wiederkehrt!

Was an geistiger Bedeutung im westpreußischen Abstimmungsgebiet, falls
es zu Polen Mine, verloren ginge, sagt mehr wie alles andere das einzige Wort:
Marienburg mit seinem Ordensschloß. An materiellen Gütern kommen
außer den Waldungen in den Kreisen Marienwerder und Rosenberg, die 1913 etwa
200000 Festmeter lieferten, darunter über die Hälfte Nutzholz, die reichen Weizen-
und Nüvenfelder an den Ufern der Weichsel und Nogat in den Kreisen Marien¬
burg und Stuhm in Betracht. Trotz des geringen äußeren Umfangs produzierte
das Gebiet an landwirtschaftlichen Produkten 0,3 Mill. Dz. Weizen, 05 Mill. Dz.
Roggen. 0.3 Mill. Dz. Gerste. 0,5 Mill. Dz. Hafer, 2 Mill. Dz. Kartoffeln,
0.2 Mill. Dz. Hülsenfrüchte. 1.5 Mill. Dz. Zuckerrüben. 1.4 Mill. Dz. Futter-
rüben, 1 3 Mill. Dz. Klee und 1,1 Mill, Dz. Wiesenheu oder pro Quadrcukilometer
seines Areals produziert der Bezirk in Weizen 120 Dz., in Zuckerrüben 600 Dz.
gegenüber 80 bzw. 400 Dz. in ganz Preußen, ein offensichtlicher Beweis für
die Fruchtbarkeit des Landes. Auch die Produktion an Hülsenfrüchten überragt
den Durchschnitt des Staates um das doppelte, an dem für die Gewinnung von
Oel so wichtigen Raps um das vierfache!

Über die Größe des Viehstandes habe ich leider in dem übrigen Abstim¬
mungsgebiete, so auch für das westpreußische, keine genauen Daten auffinden
können, Mineralische Bodenschätze besitzt Westpreußen leider so gut wie gar keine.


V.

Das nordschleswig sehe Abstimmungsgebiet zerfällt bekanntlich in eine nörd¬
liche und eine südliche Zone. Erstere umfaßt die Kreise Apenro.de. Hadersleben
und Sonderburg, sowie die rötlichen Teile der Kreise Tondern und Flensburg-
Land, letztere den Nest der beiden zuletzt genannten Kreise. Flensburg-S'abd und
den Nordvstzipfel des Kreises Husum. Die erstere Zone ist ungefähr 3600 Quadrat-
kilometer groß und zählt rund 190000 Einwohner, letztere 1300 Quadratkilometer
Mit 110000 Einwohnern, das ganze Abstimmungsgebiet umfaßt daher 4900
Qnadratkilonietcr mit 300000 Einwohnern, ist also kleiner als das Grvßherzogtum
Oldenburg (5c>80 Quadratkilomer). dessen Bevölkerungsdichtigkeit ungefähr die
gleiche ist. hat aber erheblich weniger Einwohner als Braunschweig'(5M000).
obwohl dieses nur 3672 Quadratkilometer groß ist. Es ist also ähnlich dem


Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete

Nutzung von Zwiespalt in den Reihen der Deutschen vorübergehend erreicht. Die
Polen haben stets behauptet, Westpreußen sei polnisches Land, die Bevölkerung
sei immer größtenteils polnisch gewesen, die Wahrheit aber ist, daß in diesem
Lande bis zum Beginn der Neuzeit und der Herrschaft des deutschen Ordens
Prußen oder wie ihn der Deutsche aussprach „Preußen" gewohnt haben
und daß erst im 13. Jahrhundert eine schwache polnische Besiedlung statifand,
über deren Verlauf und Erfolg im einzelnen fast jede Nachricht fehlt. Wahr¬
scheinlich waren nur wenige Gebiete an der Weichsel von Polen besetzt und erst
viel später kamen, als Preußen die feierlich zugesicherte Freiheit und Selbst-
regiiuung auf dem Reichstage zu Ludim 1569 verloren hatte, Polen in größerer
Zahl ins Land,' das seine ganze damalige Kultur ausschließlich dem Fleiße
deutscher Landwirtschaft und weitgehender Selbstverwaltung seiner Bewohner
verdankte. Als Friedrich II. 1772 das Weichsel- und Netzegebiet Westpreußens
wieder für Deutschland gewann, befand sich das Land mit Ausnahme von Danzig,
das eine Sonderstellung einnahm (allenfalls noch von Thorn und Elbing) in
einem Zustand jämmerlicher Verwahrlosung und Armut, aus dem es dann durch die
Tatkraft seiner Bewohner unter preußischer Herrschaft sich wieder emporgearbeitet hat.

In ganz Westpreußen stehen sich etwas über 1 Million Deutscher 600000
nichtdeutschen gegenüber, die große Mehrzahl (65 v. H.) bekennt sich zur deutschen
Zunge, dessen ungeachtet ist der bei weitem grüßte Teil der Provinz schon jetzt zu
Polen gefallenl Von den vier Kreisen des westpreußischen Abstimmungsgebiets
ist Marienburg zu 97 v. H., Rosenberg zu 92 v. H., Marienwerder zu 62 v. H.
und Stuhm zu 57 v. H. deutsch. Im Ganzen stehen sich ungefähr 120000 Deutsche
40000 Polen gegenüber, die deutsche Mehrheit ist so imposant, wie sie in keinem
der andern Abstimmungsgebiete wiederkehrt!

Was an geistiger Bedeutung im westpreußischen Abstimmungsgebiet, falls
es zu Polen Mine, verloren ginge, sagt mehr wie alles andere das einzige Wort:
Marienburg mit seinem Ordensschloß. An materiellen Gütern kommen
außer den Waldungen in den Kreisen Marienwerder und Rosenberg, die 1913 etwa
200000 Festmeter lieferten, darunter über die Hälfte Nutzholz, die reichen Weizen-
und Nüvenfelder an den Ufern der Weichsel und Nogat in den Kreisen Marien¬
burg und Stuhm in Betracht. Trotz des geringen äußeren Umfangs produzierte
das Gebiet an landwirtschaftlichen Produkten 0,3 Mill. Dz. Weizen, 05 Mill. Dz.
Roggen. 0.3 Mill. Dz. Gerste. 0,5 Mill. Dz. Hafer, 2 Mill. Dz. Kartoffeln,
0.2 Mill. Dz. Hülsenfrüchte. 1.5 Mill. Dz. Zuckerrüben. 1.4 Mill. Dz. Futter-
rüben, 1 3 Mill. Dz. Klee und 1,1 Mill, Dz. Wiesenheu oder pro Quadrcukilometer
seines Areals produziert der Bezirk in Weizen 120 Dz., in Zuckerrüben 600 Dz.
gegenüber 80 bzw. 400 Dz. in ganz Preußen, ein offensichtlicher Beweis für
die Fruchtbarkeit des Landes. Auch die Produktion an Hülsenfrüchten überragt
den Durchschnitt des Staates um das doppelte, an dem für die Gewinnung von
Oel so wichtigen Raps um das vierfache!

Über die Größe des Viehstandes habe ich leider in dem übrigen Abstim¬
mungsgebiete, so auch für das westpreußische, keine genauen Daten auffinden
können, Mineralische Bodenschätze besitzt Westpreußen leider so gut wie gar keine.


V.

Das nordschleswig sehe Abstimmungsgebiet zerfällt bekanntlich in eine nörd¬
liche und eine südliche Zone. Erstere umfaßt die Kreise Apenro.de. Hadersleben
und Sonderburg, sowie die rötlichen Teile der Kreise Tondern und Flensburg-
Land, letztere den Nest der beiden zuletzt genannten Kreise. Flensburg-S'abd und
den Nordvstzipfel des Kreises Husum. Die erstere Zone ist ungefähr 3600 Quadrat-
kilometer groß und zählt rund 190000 Einwohner, letztere 1300 Quadratkilometer
Mit 110000 Einwohnern, das ganze Abstimmungsgebiet umfaßt daher 4900
Qnadratkilonietcr mit 300000 Einwohnern, ist also kleiner als das Grvßherzogtum
Oldenburg (5c>80 Quadratkilomer). dessen Bevölkerungsdichtigkeit ungefähr die
gleiche ist. hat aber erheblich weniger Einwohner als Braunschweig'(5M000).
obwohl dieses nur 3672 Quadratkilometer groß ist. Es ist also ähnlich dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/68>, abgerufen am 27.07.2024.