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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete

II.

Weitaus an erster Stelle steht Oberschlesien, sowohl was seinen
Umfang und seine Bewohnerzahl anlangt, als auch hinsichtlich seiner wirt¬
schaftlichen Bedeutung, Das oberschlesische Abstimmungsgebiet umfaßt den ganzen
ehemaligen Regierungsbezirk Oppeln bis auf die Kreise Falkenberg, Reiße Stadt,
Reiße Land, Grottkau, welche ohne Abstimmung bei Deutschland bleiben, und
die Kreise Ratibor Land und Neustadt, welche nur je zu zwei Drittel zum Ab¬
stimmungsgebiet gehören, ferner vom Regierungsbezirk Breslau ein Sechstel des
Kreises Namslciu. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, was merkwürdig wenig be¬
kannt zu fein scheint, daß die Hälfte des Kreises Wartenberg und der kleinere Teil
des Kreises Guhrau, beide zü Breslau gehörig, bereits jetzt schon Teile des
polnischen Reiches geworden sind, gerade so wie der Rest von Neustadt und
Naiibor schon jetzt zu Tschechien gehören, dem deutschen Vaterland also zunächst
verloren gegangen sind!

Mit 11400 cMn hat das oberschlesische Abstimmungsgebiet etwa die Größe
von Gesamtthüringen ohne den Bezirk Erfurt, aber mit fernen 2 Millionen Ein¬
wohnern etwa 700 000 Seelen mehr als dieses. Seine Bevölkerungsdichte ist
allerdings sehr ungleich. Während sie in den Bergwerk- und Hüttenbezirken
Tarnowitz, Gleiwitz, Beuthen. Zabrze (Hindenburg). Kattowitz, Königshütte bis
auf 1000 Seelen auf 1 qkm steigt und dort eine der größten in Deutschland
überhaupt ist, sinkt sie in Rosenberg und Lublinitz auf 50 bis 60. Allerdings
steht im großen und ganzen die Bevölkerungsdichte Oberschlesiens erheblich über
dem Durchschnitt Deutschlands (178 gegen 123) und wird von preußischen Regie-
rungsoezirien nur von Berlin, Arnsberg, Düsseldorf und Köln, von deutschen
Bundesstaaten nur von Sachsen, Reusz und den Hansestädten übertroffen. Es
leidet nicht den geringsten Zweifel, daß alle Kullurwerte, die in Oberschlesien
geschaffen sind, während einer mehr als siebenhundertjährigen Epoche von
Deulscyen geschaffen wurden, nicht von Polen, die nur eine verhältnismäßig kurze
Zeit, von 999 bis 1163. über Oberschlesien geherrscht haben, daß also Ober-
schlesien kulturell durchaus als kerndeutscher Landesteil anzusehen ist. Anders steht
es allerdings teilweise mit der Bevölkerung, was ihre Muttersprache betrifft.

Die Gesamtzahl der polnisch Sprechenden in ganz Schlesien betrug 1910
1236 228 (35 3 v. H.) gegen 1 221268 (36.7 v. H" im Jahre 1905, also eine
nicht unbeträchtliche Abnahme. Auf Oberschlesien (Reg,-Bez. Oppeln) ent¬
fielen 1169 340 (53 v. H.) gegen 918 728 (58 v. H.) im Jahre 1890. Von den
zum Abstimmungsgebiet gehörigen Kreisen weist gegenüber der Volkszählung 1900
nur Nitibor Stadt eine relmiu erhebliche Zunahme der Polen auf (30 v. H. gegen
15 v. H.), eine unbedeutende daneben noch die Kreise Kösel, Groß-Strehlitz.
Neustadt. Dagegen ist in allen ub-igen Kreisen die polnische Bevölkerung relativ
gesunken, am meisten in Zabrze (Hindenburg) von 69 aus 51 v. H. 19lO über¬
wog die polnische Bevölkerung am meisten in Pleß (86 v. H), Rosenberg (80 v. H.),
Lubtinitz (79 v. H,), Groß-Slrehlitz (79 v. H.). Rybnik (78 v. H.). Oppeln Land
(76 v, H.). Tost-Gleiwitz (76 v, H^) und Kösel (75 v. H.). Über die Hälfte der
Bevölkerung war außerdem noch polnisch in den Kreisen Tarnowitz (69 v. H,),
Kattowitz Land (65 v, H.), Beuthen Land (63 v. H.) und Zabrze (51 v. H.).
Dagegen sprechen polnisch in Ratibor Land nur 48 v. H,, in Neustadt 45 v. H.,
in Kreuzburg 47 v. H.. in Königshütte Stadt 34 v. H.. in Ratibor Stadt 30 v. H.,
Oppeln Stadt 16 v. H.. in Gleiwitz Stadt 15 v. H., und Kattowitz Stadt nur
lo v.H Die größeren Städte Oberschlesiens bekennen sich also ganz überwiegend
zur deutschen Sprache. Wieso der Kreis Leobschütz in das Abstimmungsgebiet
geraten pe ist nicht ersichtlich, denn 1910 bekannten sich 85 v. H. zur deutschen
uur K polnischen Nationalität, während der Nest tschechisch sprach!
Wahrscheinlich ist es die große Fruchtbarkeit des Kreises -- mit 86 v. H. Acker-
und Gartenland des Gesamtareals steht er weitaus an der Spitze aller ober-
schlestschen -.welche in den Polen die Hoffnung erregt hat, ihn unter ihre Bot¬
mäßigkeit zu bekommen. Nicht unerwähnt darf gelassen werden, daß trotz über-


Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete

II.

Weitaus an erster Stelle steht Oberschlesien, sowohl was seinen
Umfang und seine Bewohnerzahl anlangt, als auch hinsichtlich seiner wirt¬
schaftlichen Bedeutung, Das oberschlesische Abstimmungsgebiet umfaßt den ganzen
ehemaligen Regierungsbezirk Oppeln bis auf die Kreise Falkenberg, Reiße Stadt,
Reiße Land, Grottkau, welche ohne Abstimmung bei Deutschland bleiben, und
die Kreise Ratibor Land und Neustadt, welche nur je zu zwei Drittel zum Ab¬
stimmungsgebiet gehören, ferner vom Regierungsbezirk Breslau ein Sechstel des
Kreises Namslciu. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, was merkwürdig wenig be¬
kannt zu fein scheint, daß die Hälfte des Kreises Wartenberg und der kleinere Teil
des Kreises Guhrau, beide zü Breslau gehörig, bereits jetzt schon Teile des
polnischen Reiches geworden sind, gerade so wie der Rest von Neustadt und
Naiibor schon jetzt zu Tschechien gehören, dem deutschen Vaterland also zunächst
verloren gegangen sind!

Mit 11400 cMn hat das oberschlesische Abstimmungsgebiet etwa die Größe
von Gesamtthüringen ohne den Bezirk Erfurt, aber mit fernen 2 Millionen Ein¬
wohnern etwa 700 000 Seelen mehr als dieses. Seine Bevölkerungsdichte ist
allerdings sehr ungleich. Während sie in den Bergwerk- und Hüttenbezirken
Tarnowitz, Gleiwitz, Beuthen. Zabrze (Hindenburg). Kattowitz, Königshütte bis
auf 1000 Seelen auf 1 qkm steigt und dort eine der größten in Deutschland
überhaupt ist, sinkt sie in Rosenberg und Lublinitz auf 50 bis 60. Allerdings
steht im großen und ganzen die Bevölkerungsdichte Oberschlesiens erheblich über
dem Durchschnitt Deutschlands (178 gegen 123) und wird von preußischen Regie-
rungsoezirien nur von Berlin, Arnsberg, Düsseldorf und Köln, von deutschen
Bundesstaaten nur von Sachsen, Reusz und den Hansestädten übertroffen. Es
leidet nicht den geringsten Zweifel, daß alle Kullurwerte, die in Oberschlesien
geschaffen sind, während einer mehr als siebenhundertjährigen Epoche von
Deulscyen geschaffen wurden, nicht von Polen, die nur eine verhältnismäßig kurze
Zeit, von 999 bis 1163. über Oberschlesien geherrscht haben, daß also Ober-
schlesien kulturell durchaus als kerndeutscher Landesteil anzusehen ist. Anders steht
es allerdings teilweise mit der Bevölkerung, was ihre Muttersprache betrifft.

Die Gesamtzahl der polnisch Sprechenden in ganz Schlesien betrug 1910
1236 228 (35 3 v. H.) gegen 1 221268 (36.7 v. H„ im Jahre 1905, also eine
nicht unbeträchtliche Abnahme. Auf Oberschlesien (Reg,-Bez. Oppeln) ent¬
fielen 1169 340 (53 v. H.) gegen 918 728 (58 v. H.) im Jahre 1890. Von den
zum Abstimmungsgebiet gehörigen Kreisen weist gegenüber der Volkszählung 1900
nur Nitibor Stadt eine relmiu erhebliche Zunahme der Polen auf (30 v. H. gegen
15 v. H.), eine unbedeutende daneben noch die Kreise Kösel, Groß-Strehlitz.
Neustadt. Dagegen ist in allen ub-igen Kreisen die polnische Bevölkerung relativ
gesunken, am meisten in Zabrze (Hindenburg) von 69 aus 51 v. H. 19lO über¬
wog die polnische Bevölkerung am meisten in Pleß (86 v. H), Rosenberg (80 v. H.),
Lubtinitz (79 v. H,), Groß-Slrehlitz (79 v. H.). Rybnik (78 v. H.). Oppeln Land
(76 v, H.). Tost-Gleiwitz (76 v, H^) und Kösel (75 v. H.). Über die Hälfte der
Bevölkerung war außerdem noch polnisch in den Kreisen Tarnowitz (69 v. H,),
Kattowitz Land (65 v, H.), Beuthen Land (63 v. H.) und Zabrze (51 v. H.).
Dagegen sprechen polnisch in Ratibor Land nur 48 v. H,, in Neustadt 45 v. H.,
in Kreuzburg 47 v. H.. in Königshütte Stadt 34 v. H.. in Ratibor Stadt 30 v. H.,
Oppeln Stadt 16 v. H.. in Gleiwitz Stadt 15 v. H., und Kattowitz Stadt nur
lo v.H Die größeren Städte Oberschlesiens bekennen sich also ganz überwiegend
zur deutschen Sprache. Wieso der Kreis Leobschütz in das Abstimmungsgebiet
geraten pe ist nicht ersichtlich, denn 1910 bekannten sich 85 v. H. zur deutschen
uur K polnischen Nationalität, während der Nest tschechisch sprach!
Wahrscheinlich ist es die große Fruchtbarkeit des Kreises — mit 86 v. H. Acker-
und Gartenland des Gesamtareals steht er weitaus an der Spitze aller ober-
schlestschen -.welche in den Polen die Hoffnung erregt hat, ihn unter ihre Bot¬
mäßigkeit zu bekommen. Nicht unerwähnt darf gelassen werden, daß trotz über-


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[0064] Die wirtschaftliche Bedeutung der Abstimmungsgebiete II. Weitaus an erster Stelle steht Oberschlesien, sowohl was seinen Umfang und seine Bewohnerzahl anlangt, als auch hinsichtlich seiner wirt¬ schaftlichen Bedeutung, Das oberschlesische Abstimmungsgebiet umfaßt den ganzen ehemaligen Regierungsbezirk Oppeln bis auf die Kreise Falkenberg, Reiße Stadt, Reiße Land, Grottkau, welche ohne Abstimmung bei Deutschland bleiben, und die Kreise Ratibor Land und Neustadt, welche nur je zu zwei Drittel zum Ab¬ stimmungsgebiet gehören, ferner vom Regierungsbezirk Breslau ein Sechstel des Kreises Namslciu. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, was merkwürdig wenig be¬ kannt zu fein scheint, daß die Hälfte des Kreises Wartenberg und der kleinere Teil des Kreises Guhrau, beide zü Breslau gehörig, bereits jetzt schon Teile des polnischen Reiches geworden sind, gerade so wie der Rest von Neustadt und Naiibor schon jetzt zu Tschechien gehören, dem deutschen Vaterland also zunächst verloren gegangen sind! Mit 11400 cMn hat das oberschlesische Abstimmungsgebiet etwa die Größe von Gesamtthüringen ohne den Bezirk Erfurt, aber mit fernen 2 Millionen Ein¬ wohnern etwa 700 000 Seelen mehr als dieses. Seine Bevölkerungsdichte ist allerdings sehr ungleich. Während sie in den Bergwerk- und Hüttenbezirken Tarnowitz, Gleiwitz, Beuthen. Zabrze (Hindenburg). Kattowitz, Königshütte bis auf 1000 Seelen auf 1 qkm steigt und dort eine der größten in Deutschland überhaupt ist, sinkt sie in Rosenberg und Lublinitz auf 50 bis 60. Allerdings steht im großen und ganzen die Bevölkerungsdichte Oberschlesiens erheblich über dem Durchschnitt Deutschlands (178 gegen 123) und wird von preußischen Regie- rungsoezirien nur von Berlin, Arnsberg, Düsseldorf und Köln, von deutschen Bundesstaaten nur von Sachsen, Reusz und den Hansestädten übertroffen. Es leidet nicht den geringsten Zweifel, daß alle Kullurwerte, die in Oberschlesien geschaffen sind, während einer mehr als siebenhundertjährigen Epoche von Deulscyen geschaffen wurden, nicht von Polen, die nur eine verhältnismäßig kurze Zeit, von 999 bis 1163. über Oberschlesien geherrscht haben, daß also Ober- schlesien kulturell durchaus als kerndeutscher Landesteil anzusehen ist. Anders steht es allerdings teilweise mit der Bevölkerung, was ihre Muttersprache betrifft. Die Gesamtzahl der polnisch Sprechenden in ganz Schlesien betrug 1910 1236 228 (35 3 v. H.) gegen 1 221268 (36.7 v. H„ im Jahre 1905, also eine nicht unbeträchtliche Abnahme. Auf Oberschlesien (Reg,-Bez. Oppeln) ent¬ fielen 1169 340 (53 v. H.) gegen 918 728 (58 v. H.) im Jahre 1890. Von den zum Abstimmungsgebiet gehörigen Kreisen weist gegenüber der Volkszählung 1900 nur Nitibor Stadt eine relmiu erhebliche Zunahme der Polen auf (30 v. H. gegen 15 v. H.), eine unbedeutende daneben noch die Kreise Kösel, Groß-Strehlitz. Neustadt. Dagegen ist in allen ub-igen Kreisen die polnische Bevölkerung relativ gesunken, am meisten in Zabrze (Hindenburg) von 69 aus 51 v. H. 19lO über¬ wog die polnische Bevölkerung am meisten in Pleß (86 v. H), Rosenberg (80 v. H.), Lubtinitz (79 v. H,), Groß-Slrehlitz (79 v. H.). Rybnik (78 v. H.). Oppeln Land (76 v, H.). Tost-Gleiwitz (76 v, H^) und Kösel (75 v. H.). Über die Hälfte der Bevölkerung war außerdem noch polnisch in den Kreisen Tarnowitz (69 v. H,), Kattowitz Land (65 v, H.), Beuthen Land (63 v. H.) und Zabrze (51 v. H.). Dagegen sprechen polnisch in Ratibor Land nur 48 v. H,, in Neustadt 45 v. H., in Kreuzburg 47 v. H.. in Königshütte Stadt 34 v. H.. in Ratibor Stadt 30 v. H., Oppeln Stadt 16 v. H.. in Gleiwitz Stadt 15 v. H., und Kattowitz Stadt nur lo v.H Die größeren Städte Oberschlesiens bekennen sich also ganz überwiegend zur deutschen Sprache. Wieso der Kreis Leobschütz in das Abstimmungsgebiet geraten pe ist nicht ersichtlich, denn 1910 bekannten sich 85 v. H. zur deutschen uur K polnischen Nationalität, während der Nest tschechisch sprach! Wahrscheinlich ist es die große Fruchtbarkeit des Kreises — mit 86 v. H. Acker- und Gartenland des Gesamtareals steht er weitaus an der Spitze aller ober- schlestschen -.welche in den Polen die Hoffnung erregt hat, ihn unter ihre Bot¬ mäßigkeit zu bekommen. Nicht unerwähnt darf gelassen werden, daß trotz über-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/64>, abgerufen am 29.07.2024.