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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Luroxas Lage

werte, für Deutschlands Eisenindustrie dcsafirös ist, verlangt Keynes einen Aus-
gleich seitens Frankreichs sür die Kohlenabgabcn durch Rücklieferung von
50 Prozent der Eisenerzerzeugung Lothringens an Deutschland.

Die vernichtende Wirkung der Waffsnstillstandsbedingungsn auf Deutschlands
Transportlage und die Rechtlosmachung Deutschlands durch Internationalisierung
seiner Flüsse und Eingriff in sein Tarifsystein bezeichnet der englische National-
ökonom als niedagewesenen Eingriff in die inneren Verhältnisse eines Landes.
Sie werden Deutschland jede wirksame Kontrolle über sein eigenes Transport-
Wein nehmen.

Das interessanteste Kapitel in dem Keynesschcn Buche ist aber zweifellos
seine Betrachtung über die Wiedergutmachung und die von Deutschland aus
diesem Anlaß zu zahlenden Summen. Die rechtliche Grundlage der feierlichen
Abmachungen vor dem Waffensüllstande ist in den Forderungen deS Vertrages
vollständig verlassen, die Abmachungen sind solchergestalt, daß. selbst wenn Deutsch¬
land das Unmögliche vollbringt und jährlich 3 Milliarden Goldmark zahlt bis
MW, Deutschland trotz allen, an diesem Datum durch bis Pflicht der Verzinsung
der Rückstände mehr als IV2 mal so viel schuldet als nach dem Vertrage,
AD Milliarden Goldmark gegen U>0 Milliarden nach dein Vertrage. Deutschland
hat sich deshalb, da es zu solchen Zahlungen niemals sähig sein wird, in der Tat
verpflichtet, seine ganze llberschußerzeugung für alle Ewigkeit den Alliierten
auszuliefern. Das Wesen der Wiedergutmachungskommission ist.ein ewiges
Schinder Deutschlands bei lebendigem Leibe, und wird diese Operation auch mit
solcher Vorsicht ausgeführt, daß sie bei aller Lebensgefahr'.lebten nicht den Tod
des Patienten zur Folge hat, so wird doch das Urteil der Menschheit dahin
gehen, daß sie "etre most outrageous "et c>! a cruel viator in civiliseä Instor^" ist.

Unter welchen Vorstellungen die Franzosen und Belgier zu der Berechnung
der Phantastischen Summen gelangt sind, die sie fordern, wird im einzelnen nach¬
gewiesen. Eine wirklich gerechte und weitherzige Abschätzung der den Alliierten
Zugefügten Schäden wird höchstens eine Summe von ungefähr 40 Milliarden
Mark ergeben. Zu zahlen wird aber Deutschland im Mai 192t, so wie seine
Lebensbedingungen jetzt gestaltet sind, höchsteus die Summe vou 100 Millionen
Lstrl. an Belgien imstande sein. "Keiner der Alliierten wird voraussichtlich zu
diesem Zeitpunkte irgend eine erwähnenswerte Kontribution von Deutschland für
sich sichern können" Alles, was man über die Möglichkeiten der deutschen
Leistungsfähigkeit annimmt, rechnet nicht mit der Wirklichkeit. Deutschland kann
nur in Gütern zahlen, und seine Produktion wird niemals mehr das alteNwean
erreichen. Keynes zweifelt, daß Deutschland in der Lage sein wird, bei den
besten Bedingungen mehr als 50 Millionen Lstrl. aktive Handelsbilanz zu er-
reichen, und er weist dies im einzelnen nach. Daraus folgt, daß. selbst wenn
man diese Summe verdoppelt, eine Schuld von 5 oder " Milliarden Pfund von
Dentschland niemals beigetrieben werden kann, sondern daß etwa 2 Milliarden
Pfund Deutschlands Maximalleiflung darstellen würde.

Der prekäre Zustand der Wirtschaft in den anderen europäischen Ländern
"erlangt, daß eine europäische Lösung des Problems gesunden wird, und
Keynes macht großzügige Vorschlüge für eine Revision des Versailler Vertrages,
die in der Hauptsache die Umgestaltung seiner wirtschaftlichen Bestimmungen de-


Luroxas Lage

werte, für Deutschlands Eisenindustrie dcsafirös ist, verlangt Keynes einen Aus-
gleich seitens Frankreichs sür die Kohlenabgabcn durch Rücklieferung von
50 Prozent der Eisenerzerzeugung Lothringens an Deutschland.

Die vernichtende Wirkung der Waffsnstillstandsbedingungsn auf Deutschlands
Transportlage und die Rechtlosmachung Deutschlands durch Internationalisierung
seiner Flüsse und Eingriff in sein Tarifsystein bezeichnet der englische National-
ökonom als niedagewesenen Eingriff in die inneren Verhältnisse eines Landes.
Sie werden Deutschland jede wirksame Kontrolle über sein eigenes Transport-
Wein nehmen.

Das interessanteste Kapitel in dem Keynesschcn Buche ist aber zweifellos
seine Betrachtung über die Wiedergutmachung und die von Deutschland aus
diesem Anlaß zu zahlenden Summen. Die rechtliche Grundlage der feierlichen
Abmachungen vor dem Waffensüllstande ist in den Forderungen deS Vertrages
vollständig verlassen, die Abmachungen sind solchergestalt, daß. selbst wenn Deutsch¬
land das Unmögliche vollbringt und jährlich 3 Milliarden Goldmark zahlt bis
MW, Deutschland trotz allen, an diesem Datum durch bis Pflicht der Verzinsung
der Rückstände mehr als IV2 mal so viel schuldet als nach dem Vertrage,
AD Milliarden Goldmark gegen U>0 Milliarden nach dein Vertrage. Deutschland
hat sich deshalb, da es zu solchen Zahlungen niemals sähig sein wird, in der Tat
verpflichtet, seine ganze llberschußerzeugung für alle Ewigkeit den Alliierten
auszuliefern. Das Wesen der Wiedergutmachungskommission ist.ein ewiges
Schinder Deutschlands bei lebendigem Leibe, und wird diese Operation auch mit
solcher Vorsicht ausgeführt, daß sie bei aller Lebensgefahr'.lebten nicht den Tod
des Patienten zur Folge hat, so wird doch das Urteil der Menschheit dahin
gehen, daß sie „etre most outrageous »et c>! a cruel viator in civiliseä Instor^" ist.

Unter welchen Vorstellungen die Franzosen und Belgier zu der Berechnung
der Phantastischen Summen gelangt sind, die sie fordern, wird im einzelnen nach¬
gewiesen. Eine wirklich gerechte und weitherzige Abschätzung der den Alliierten
Zugefügten Schäden wird höchstens eine Summe von ungefähr 40 Milliarden
Mark ergeben. Zu zahlen wird aber Deutschland im Mai 192t, so wie seine
Lebensbedingungen jetzt gestaltet sind, höchsteus die Summe vou 100 Millionen
Lstrl. an Belgien imstande sein. „Keiner der Alliierten wird voraussichtlich zu
diesem Zeitpunkte irgend eine erwähnenswerte Kontribution von Deutschland für
sich sichern können" Alles, was man über die Möglichkeiten der deutschen
Leistungsfähigkeit annimmt, rechnet nicht mit der Wirklichkeit. Deutschland kann
nur in Gütern zahlen, und seine Produktion wird niemals mehr das alteNwean
erreichen. Keynes zweifelt, daß Deutschland in der Lage sein wird, bei den
besten Bedingungen mehr als 50 Millionen Lstrl. aktive Handelsbilanz zu er-
reichen, und er weist dies im einzelnen nach. Daraus folgt, daß. selbst wenn
man diese Summe verdoppelt, eine Schuld von 5 oder » Milliarden Pfund von
Dentschland niemals beigetrieben werden kann, sondern daß etwa 2 Milliarden
Pfund Deutschlands Maximalleiflung darstellen würde.

Der prekäre Zustand der Wirtschaft in den anderen europäischen Ländern
«erlangt, daß eine europäische Lösung des Problems gesunden wird, und
Keynes macht großzügige Vorschlüge für eine Revision des Versailler Vertrages,
die in der Hauptsache die Umgestaltung seiner wirtschaftlichen Bestimmungen de-


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[0209] Luroxas Lage werte, für Deutschlands Eisenindustrie dcsafirös ist, verlangt Keynes einen Aus- gleich seitens Frankreichs sür die Kohlenabgabcn durch Rücklieferung von 50 Prozent der Eisenerzerzeugung Lothringens an Deutschland. Die vernichtende Wirkung der Waffsnstillstandsbedingungsn auf Deutschlands Transportlage und die Rechtlosmachung Deutschlands durch Internationalisierung seiner Flüsse und Eingriff in sein Tarifsystein bezeichnet der englische National- ökonom als niedagewesenen Eingriff in die inneren Verhältnisse eines Landes. Sie werden Deutschland jede wirksame Kontrolle über sein eigenes Transport- Wein nehmen. Das interessanteste Kapitel in dem Keynesschcn Buche ist aber zweifellos seine Betrachtung über die Wiedergutmachung und die von Deutschland aus diesem Anlaß zu zahlenden Summen. Die rechtliche Grundlage der feierlichen Abmachungen vor dem Waffensüllstande ist in den Forderungen deS Vertrages vollständig verlassen, die Abmachungen sind solchergestalt, daß. selbst wenn Deutsch¬ land das Unmögliche vollbringt und jährlich 3 Milliarden Goldmark zahlt bis MW, Deutschland trotz allen, an diesem Datum durch bis Pflicht der Verzinsung der Rückstände mehr als IV2 mal so viel schuldet als nach dem Vertrage, AD Milliarden Goldmark gegen U>0 Milliarden nach dein Vertrage. Deutschland hat sich deshalb, da es zu solchen Zahlungen niemals sähig sein wird, in der Tat verpflichtet, seine ganze llberschußerzeugung für alle Ewigkeit den Alliierten auszuliefern. Das Wesen der Wiedergutmachungskommission ist.ein ewiges Schinder Deutschlands bei lebendigem Leibe, und wird diese Operation auch mit solcher Vorsicht ausgeführt, daß sie bei aller Lebensgefahr'.lebten nicht den Tod des Patienten zur Folge hat, so wird doch das Urteil der Menschheit dahin gehen, daß sie „etre most outrageous »et c>! a cruel viator in civiliseä Instor^" ist. Unter welchen Vorstellungen die Franzosen und Belgier zu der Berechnung der Phantastischen Summen gelangt sind, die sie fordern, wird im einzelnen nach¬ gewiesen. Eine wirklich gerechte und weitherzige Abschätzung der den Alliierten Zugefügten Schäden wird höchstens eine Summe von ungefähr 40 Milliarden Mark ergeben. Zu zahlen wird aber Deutschland im Mai 192t, so wie seine Lebensbedingungen jetzt gestaltet sind, höchsteus die Summe vou 100 Millionen Lstrl. an Belgien imstande sein. „Keiner der Alliierten wird voraussichtlich zu diesem Zeitpunkte irgend eine erwähnenswerte Kontribution von Deutschland für sich sichern können" Alles, was man über die Möglichkeiten der deutschen Leistungsfähigkeit annimmt, rechnet nicht mit der Wirklichkeit. Deutschland kann nur in Gütern zahlen, und seine Produktion wird niemals mehr das alteNwean erreichen. Keynes zweifelt, daß Deutschland in der Lage sein wird, bei den besten Bedingungen mehr als 50 Millionen Lstrl. aktive Handelsbilanz zu er- reichen, und er weist dies im einzelnen nach. Daraus folgt, daß. selbst wenn man diese Summe verdoppelt, eine Schuld von 5 oder » Milliarden Pfund von Dentschland niemals beigetrieben werden kann, sondern daß etwa 2 Milliarden Pfund Deutschlands Maximalleiflung darstellen würde. Der prekäre Zustand der Wirtschaft in den anderen europäischen Ländern «erlangt, daß eine europäische Lösung des Problems gesunden wird, und Keynes macht großzügige Vorschlüge für eine Revision des Versailler Vertrages, die in der Hauptsache die Umgestaltung seiner wirtschaftlichen Bestimmungen de-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/209>, abgerufen am 22.12.2024.