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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Massen tragen konnte. Der Erfolg schien indessen noch keineswegs sicher. Im
Bauernbund meldete sich nunmehr lebhafter Widerspruch. Der christliche Bauern¬
verein sollte sich noch erst äußern.

Trotzdem wiederholte die Parteiorganisation jetzt am 9. Januar die im
Dezember 1918 geübte Taktik, wenn auch nicht ebenso einmütig. Heim hatte zwei
Fragen aufgeworfen. Die Fragen, wie sich der bäuerliche Einfluß im nach¬
revolutionären Bayern gründlicher als bisher sichern lasse, und die Frage, wie
der föderalistische Grundgedanke der geschichtlichen Nationalstaatsentwicklung in
Deutschland gegen den westlerischen Unitarismus Erzbergers verteidigt werden
könne. Wurde der Schwerpunkt der Erörterung in die erste Frage gelegt, so
mochte die Volkspartei darüber leicht in Stücke auseinanderbrechen. Der Preußen¬
antrag und die Stuttgarter Rede Erzbergers erlaubten den Fraktionsführern die
föderalistische Frage voranzuschieben und dadurch eine gemeinsame Plattform
mit Dr. Heim wieder herzustellen, ehe er zur Entwicklung der von ihm aus den
Bauernbundsreihen herangeführten Kräfte gelangte. Die Taktik der Abstumpfung
Helmfeder Vorstöße durch Einschwenken und Mitmarschieren hatte sich im Vorjahre
zu gut bewährt, als daß man es nicht auch diesmal mit ihr' versuchen sollte. Ein
gut Teil der Heim feindlichen bayerischen und deutschen Zentrumspresie vertraute
bereits auf die Wirkung des Mittels so sehr, daß sie kein Hehl aus ihrer Meinung
von der wahren Tragweite des Beschlusses machte. Sie bat die Wähler, ruhig
zu bleiben, über eine kurze Weile werde man die tatsächlich nicht aufgehobene
innere Gemeinschaft der Bayern mit dem Reichstagszentrum auch nach außen hin
sichtbar wieder aufrichten können.

Möglicherweise sind wir also nur an einem neuen Meilensteine des schon
lange währenden Kampfes um die Führerschaft im bayerischen Zentrum angelangt.
Es kann indessen auch anders kommen. Es muß anerkannt werden, daß sich die
führenden Blätter des bayerischen Landtagszentrums, der "Bayerische Kurier"
si r, ^ - -"Regensburger Anzeiger" die ernstlichste Mühe geben, es diesmal nicht
bei einer taktischen Maßnahme bewenden zu lassen, sondern eine grund-
l^""che Neuorientierung der "Christlichen Volkspartei" herbeizuführen.

. . Die bayerischen Parteiorganisationen, der Bauernbund wie die Volkspartei
> ^ckMerlich so entschieden auf die Heimsche Reizung reagiert haben, wenn
acht in den Massen etwas Bedeutsames vorginge. Bayern ist ein Bauernland.
^ Bauern dämmert es, daß die Revolution ein Deutschland schuf, in das er
mit seinen Anschauungen, seiner Art und seinem wirtschaftlichen Bedürfnisse nicht
recht hineinpaßt. Er sieht das neue Deutschland wirtschaftlich auf Papier-
iV> - möglichst geringe Arbeitsleistung gestellt. Er ahnt, daß es politisch nicht
in., er fundamentiert ist. Das allgemeine gleiche Wahlrecht mit seiner einseitigen
Bewertung der Kopfzahl, der Masse als politischen Machtmittels bestand für
A°^n wie für das Reich schon vor der Revolution. Aber die vom gleichen
Wahlrecht acht begünstigten Volksschichten hatten im alten Staate noch andere
stutzen. Erst jetzt, seit der Reichstag und die Landtast!? die Souveränität an sich
"enssen haben, ist das gleicke Wahlrecht zum einzigen legalen Regulator unseres
Wtaatslebens geworden. Aber es erweist sich nun als ein Zahlungsmittel von
ver Art unseres Papiergeldes. Deckung dafür ist nicht vorhanden. Der Arbeiter
versucht es mit ihm noch immer wie mit dem Papiergelde, indem er sich über
ven wahren Wert beider unter den heutigen Verhältnissen hinwegtäuscht. Der
^auer dagegen wittert den Sachverhalt. Er spürt, daß wir eine Bankerottem-
pouttk rin Staat wie in der Wirtschaft treiben und im Grunde die arbeitenden
"ca^en in der Stadt wie auf dem Lande nur noch die Geschäfte der wirtschaft-
"Yen und staatlichen Schieber besorgen. Er wird sich seiner Macht als Eigen-
mmer der die ganze Nation ernährenden Scholle bewußt. Er hält einer Re-
Mrung gegenüber, die ihm nicht den gebührenden Einfluß im Staate gibt, seine
Erzeugnisse zurück. Er nimmt beim Anbau keine Rücksicht mehr auf das allge-
meine Beoürfnis. Er wird dem Gedanken des Zusammenschlusses der Landwirt-
Mast gegen die Städte als Herde der revolutionären Wirtschaft und Politik zu-
llungltch. Stehen alle Räder still, wenn des Arbeiters Arm es will, wohlan,


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Massen tragen konnte. Der Erfolg schien indessen noch keineswegs sicher. Im
Bauernbund meldete sich nunmehr lebhafter Widerspruch. Der christliche Bauern¬
verein sollte sich noch erst äußern.

Trotzdem wiederholte die Parteiorganisation jetzt am 9. Januar die im
Dezember 1918 geübte Taktik, wenn auch nicht ebenso einmütig. Heim hatte zwei
Fragen aufgeworfen. Die Fragen, wie sich der bäuerliche Einfluß im nach¬
revolutionären Bayern gründlicher als bisher sichern lasse, und die Frage, wie
der föderalistische Grundgedanke der geschichtlichen Nationalstaatsentwicklung in
Deutschland gegen den westlerischen Unitarismus Erzbergers verteidigt werden
könne. Wurde der Schwerpunkt der Erörterung in die erste Frage gelegt, so
mochte die Volkspartei darüber leicht in Stücke auseinanderbrechen. Der Preußen¬
antrag und die Stuttgarter Rede Erzbergers erlaubten den Fraktionsführern die
föderalistische Frage voranzuschieben und dadurch eine gemeinsame Plattform
mit Dr. Heim wieder herzustellen, ehe er zur Entwicklung der von ihm aus den
Bauernbundsreihen herangeführten Kräfte gelangte. Die Taktik der Abstumpfung
Helmfeder Vorstöße durch Einschwenken und Mitmarschieren hatte sich im Vorjahre
zu gut bewährt, als daß man es nicht auch diesmal mit ihr' versuchen sollte. Ein
gut Teil der Heim feindlichen bayerischen und deutschen Zentrumspresie vertraute
bereits auf die Wirkung des Mittels so sehr, daß sie kein Hehl aus ihrer Meinung
von der wahren Tragweite des Beschlusses machte. Sie bat die Wähler, ruhig
zu bleiben, über eine kurze Weile werde man die tatsächlich nicht aufgehobene
innere Gemeinschaft der Bayern mit dem Reichstagszentrum auch nach außen hin
sichtbar wieder aufrichten können.

Möglicherweise sind wir also nur an einem neuen Meilensteine des schon
lange währenden Kampfes um die Führerschaft im bayerischen Zentrum angelangt.
Es kann indessen auch anders kommen. Es muß anerkannt werden, daß sich die
führenden Blätter des bayerischen Landtagszentrums, der „Bayerische Kurier"
si r, ^ - -»Regensburger Anzeiger" die ernstlichste Mühe geben, es diesmal nicht
bei einer taktischen Maßnahme bewenden zu lassen, sondern eine grund-
l^«"che Neuorientierung der „Christlichen Volkspartei" herbeizuführen.

. . Die bayerischen Parteiorganisationen, der Bauernbund wie die Volkspartei
> ^ckMerlich so entschieden auf die Heimsche Reizung reagiert haben, wenn
acht in den Massen etwas Bedeutsames vorginge. Bayern ist ein Bauernland.
^ Bauern dämmert es, daß die Revolution ein Deutschland schuf, in das er
mit seinen Anschauungen, seiner Art und seinem wirtschaftlichen Bedürfnisse nicht
recht hineinpaßt. Er sieht das neue Deutschland wirtschaftlich auf Papier-
iV> - möglichst geringe Arbeitsleistung gestellt. Er ahnt, daß es politisch nicht
in., er fundamentiert ist. Das allgemeine gleiche Wahlrecht mit seiner einseitigen
Bewertung der Kopfzahl, der Masse als politischen Machtmittels bestand für
A°^n wie für das Reich schon vor der Revolution. Aber die vom gleichen
Wahlrecht acht begünstigten Volksschichten hatten im alten Staate noch andere
stutzen. Erst jetzt, seit der Reichstag und die Landtast!? die Souveränität an sich
»enssen haben, ist das gleicke Wahlrecht zum einzigen legalen Regulator unseres
Wtaatslebens geworden. Aber es erweist sich nun als ein Zahlungsmittel von
ver Art unseres Papiergeldes. Deckung dafür ist nicht vorhanden. Der Arbeiter
versucht es mit ihm noch immer wie mit dem Papiergelde, indem er sich über
ven wahren Wert beider unter den heutigen Verhältnissen hinwegtäuscht. Der
^auer dagegen wittert den Sachverhalt. Er spürt, daß wir eine Bankerottem-
pouttk rin Staat wie in der Wirtschaft treiben und im Grunde die arbeitenden
"ca^en in der Stadt wie auf dem Lande nur noch die Geschäfte der wirtschaft-
"Yen und staatlichen Schieber besorgen. Er wird sich seiner Macht als Eigen-
mmer der die ganze Nation ernährenden Scholle bewußt. Er hält einer Re-
Mrung gegenüber, die ihm nicht den gebührenden Einfluß im Staate gibt, seine
Erzeugnisse zurück. Er nimmt beim Anbau keine Rücksicht mehr auf das allge-
meine Beoürfnis. Er wird dem Gedanken des Zusammenschlusses der Landwirt-
Mast gegen die Städte als Herde der revolutionären Wirtschaft und Politik zu-
llungltch. Stehen alle Räder still, wenn des Arbeiters Arm es will, wohlan,


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[0131] Reichsspicgel Massen tragen konnte. Der Erfolg schien indessen noch keineswegs sicher. Im Bauernbund meldete sich nunmehr lebhafter Widerspruch. Der christliche Bauern¬ verein sollte sich noch erst äußern. Trotzdem wiederholte die Parteiorganisation jetzt am 9. Januar die im Dezember 1918 geübte Taktik, wenn auch nicht ebenso einmütig. Heim hatte zwei Fragen aufgeworfen. Die Fragen, wie sich der bäuerliche Einfluß im nach¬ revolutionären Bayern gründlicher als bisher sichern lasse, und die Frage, wie der föderalistische Grundgedanke der geschichtlichen Nationalstaatsentwicklung in Deutschland gegen den westlerischen Unitarismus Erzbergers verteidigt werden könne. Wurde der Schwerpunkt der Erörterung in die erste Frage gelegt, so mochte die Volkspartei darüber leicht in Stücke auseinanderbrechen. Der Preußen¬ antrag und die Stuttgarter Rede Erzbergers erlaubten den Fraktionsführern die föderalistische Frage voranzuschieben und dadurch eine gemeinsame Plattform mit Dr. Heim wieder herzustellen, ehe er zur Entwicklung der von ihm aus den Bauernbundsreihen herangeführten Kräfte gelangte. Die Taktik der Abstumpfung Helmfeder Vorstöße durch Einschwenken und Mitmarschieren hatte sich im Vorjahre zu gut bewährt, als daß man es nicht auch diesmal mit ihr' versuchen sollte. Ein gut Teil der Heim feindlichen bayerischen und deutschen Zentrumspresie vertraute bereits auf die Wirkung des Mittels so sehr, daß sie kein Hehl aus ihrer Meinung von der wahren Tragweite des Beschlusses machte. Sie bat die Wähler, ruhig zu bleiben, über eine kurze Weile werde man die tatsächlich nicht aufgehobene innere Gemeinschaft der Bayern mit dem Reichstagszentrum auch nach außen hin sichtbar wieder aufrichten können. Möglicherweise sind wir also nur an einem neuen Meilensteine des schon lange währenden Kampfes um die Führerschaft im bayerischen Zentrum angelangt. Es kann indessen auch anders kommen. Es muß anerkannt werden, daß sich die führenden Blätter des bayerischen Landtagszentrums, der „Bayerische Kurier" si r, ^ - -»Regensburger Anzeiger" die ernstlichste Mühe geben, es diesmal nicht bei einer taktischen Maßnahme bewenden zu lassen, sondern eine grund- l^«"che Neuorientierung der „Christlichen Volkspartei" herbeizuführen. . . Die bayerischen Parteiorganisationen, der Bauernbund wie die Volkspartei > ^ckMerlich so entschieden auf die Heimsche Reizung reagiert haben, wenn acht in den Massen etwas Bedeutsames vorginge. Bayern ist ein Bauernland. ^ Bauern dämmert es, daß die Revolution ein Deutschland schuf, in das er mit seinen Anschauungen, seiner Art und seinem wirtschaftlichen Bedürfnisse nicht recht hineinpaßt. Er sieht das neue Deutschland wirtschaftlich auf Papier- iV> - möglichst geringe Arbeitsleistung gestellt. Er ahnt, daß es politisch nicht in., er fundamentiert ist. Das allgemeine gleiche Wahlrecht mit seiner einseitigen Bewertung der Kopfzahl, der Masse als politischen Machtmittels bestand für A°^n wie für das Reich schon vor der Revolution. Aber die vom gleichen Wahlrecht acht begünstigten Volksschichten hatten im alten Staate noch andere stutzen. Erst jetzt, seit der Reichstag und die Landtast!? die Souveränität an sich »enssen haben, ist das gleicke Wahlrecht zum einzigen legalen Regulator unseres Wtaatslebens geworden. Aber es erweist sich nun als ein Zahlungsmittel von ver Art unseres Papiergeldes. Deckung dafür ist nicht vorhanden. Der Arbeiter versucht es mit ihm noch immer wie mit dem Papiergelde, indem er sich über ven wahren Wert beider unter den heutigen Verhältnissen hinwegtäuscht. Der ^auer dagegen wittert den Sachverhalt. Er spürt, daß wir eine Bankerottem- pouttk rin Staat wie in der Wirtschaft treiben und im Grunde die arbeitenden "ca^en in der Stadt wie auf dem Lande nur noch die Geschäfte der wirtschaft- "Yen und staatlichen Schieber besorgen. Er wird sich seiner Macht als Eigen- mmer der die ganze Nation ernährenden Scholle bewußt. Er hält einer Re- Mrung gegenüber, die ihm nicht den gebührenden Einfluß im Staate gibt, seine Erzeugnisse zurück. Er nimmt beim Anbau keine Rücksicht mehr auf das allge- meine Beoürfnis. Er wird dem Gedanken des Zusammenschlusses der Landwirt- Mast gegen die Städte als Herde der revolutionären Wirtschaft und Politik zu- llungltch. Stehen alle Räder still, wenn des Arbeiters Arm es will, wohlan,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/131>, abgerufen am 27.07.2024.