Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.lveltspicgel Das eindrucksvollste Moment seiner geistigen Entwicklung ist wohl dies, Man wird sich noch der Befrachtung dieser Dinge nicht mehr imstande Du Geist der heiligen Jugend unseres Volks. Weltspiegel Sibirien. "Aus Washington wird gemeldet, daß Großbritannien, Amerika Der Rückzug Amerikas kommt nicht eigentlich überraschend. Wirkliche lveltspicgel Das eindrucksvollste Moment seiner geistigen Entwicklung ist wohl dies, Man wird sich noch der Befrachtung dieser Dinge nicht mehr imstande Du Geist der heiligen Jugend unseres Volks. Weltspiegel Sibirien. „Aus Washington wird gemeldet, daß Großbritannien, Amerika Der Rückzug Amerikas kommt nicht eigentlich überraschend. Wirkliche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336946"/> <fw type="header" place="top"> lveltspicgel</fw><lb/> <p xml:id="ID_295"> Das eindrucksvollste Moment seiner geistigen Entwicklung ist wohl dies,<lb/> daß er sich in frühester Jugend mit vollem Verständnis und kräftigstem Willen,<lb/> zu erkennen und sich zu Mitarbeit und Neubau zu rüsten, dem Wesen des Staates<lb/> zuwandte. Man entnehme die nähere Charakterisierlheit dieser seiner Werbung,<lb/> die Notizen über die Studien, die er in der Richtung auf dies Ziel hin unter-<lb/> nahm, dem Buche selber. Auch dies andere kann hier nur gestreift werden: daß<lb/> er im gleichen, unbegreiflich frühen Alter die Erfüllung seiner Jdealbildungen,<lb/> darum den tauglichsten Nährboden seines eigenen Wachstums im klassischen<lb/> Griechentum wiederfand. Aus beiden Motiven her keimte daS Ideal einer neuen<lb/> Humanität, die er selbst in edler, klarer Jugendlichkeit bereits verwirklicht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_296"> Man wird sich noch der Befrachtung dieser Dinge nicht mehr imstande<lb/> fühlen, den Verlust Otto Brauns zu betrauern. Wollte man zu trauern be¬<lb/> ginnen, so würde die Trauer so grenzenlos sein wie es der Verlust ist. Wir<lb/> wenden uns vielmehr mit dankbarer Freude dem hier in vollkommener Schönheit<lb/> und Vorbildlichkeit vollendeten Schicksal zu. „Wüßten wir doch kaum zu klagen,<lb/> reibend singen wir dein Los." Wir grüßen ihn zum Abschied mit den Worten<lb/> Georges:</p><lb/> <p xml:id="ID_297"> Du Geist der heiligen Jugend unseres Volks.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Weltspiegel</head><lb/> <p xml:id="ID_298"> Sibirien. „Aus Washington wird gemeldet, daß Großbritannien, Amerika<lb/> und Japan infolge des Vordringens der Bolschewisten in Sibirien ein Überein¬<lb/> kommen geschlossen haben, demzufolge Japan die Kontrolle über Sibirien über¬<lb/> tragen werden soll. Japan soll so viel Truppen nach Sibirien senden, daß dem<lb/> Vordringen der Bolschewisten Widerstand geleistet werden kann. . . Die Japaner<lb/> sollen sich auf jeden Fall nicht östlich des Baikalsees begeben. Die amerikanischen<lb/> Truppen würden gleichzeitig aus Ostasien zurückgezogen." Gewaltige Entscheidungen<lb/> drängen sich in diesen wenigen Sätzen zusammen. Bestürzt über die Mißerfolge<lb/> Koltschaks (und Denikins) gibt die Entente den direkten Kampf gegen die Bolsche¬<lb/> wisten (einstweilen) auf. Ein großer Teil des seinerzeit vor drohender Nutzbar¬<lb/> machung durch die siegreichen Deutschen so ängstlich überwachten Sibiriens wird<lb/> kampflos den Gelben überlassen. England, ohne Zweifel erschreckt über die schon<lb/> seit dem Sommer durch die FronÜücke zwischen Koltschak und dem Uralkorps<lb/> des Generals Dutoff nach Mittelasien mächtig fortschreitende Agitation der Bolsche¬<lb/> wisten, deren Spuren nicht nur in Turkestan, sondern auch in Afghanistan, mit<lb/> dem England im Frühjahr einen übereilten und wie es scheint nicht sehr vorteil-<lb/> haften Frieden abgeschlossen hat, vielleicht sogar schon in Indien bemerkbar sind,<lb/> zieht sich von der Szene zurück, um sich dringlicheren Aufgaben, der Sicherung<lb/> Indiens, Mesopotamiens. Ägyptens zuwenden zu können. Soll doch dem<lb/> „Nieuwe Notterdamsche Courant" zufolge Lenin selbst erklärt haben, der Schwer¬<lb/> punkt seiner Tätigkeit liege augenblicklich in Asien. Und die Engländer wissen,<lb/> daß das keine leere Drohung zu sein braucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_299" next="#ID_300"> Der Rückzug Amerikas kommt nicht eigentlich überraschend. Wirkliche<lb/> Vorteile sind in Sibirien nur unter Aufwendung sehr bedeutender Mittel zu<lb/> holen, die Amerika, betroffen über die Folgen des Krieges im eigenen Lande</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
lveltspicgel
Das eindrucksvollste Moment seiner geistigen Entwicklung ist wohl dies,
daß er sich in frühester Jugend mit vollem Verständnis und kräftigstem Willen,
zu erkennen und sich zu Mitarbeit und Neubau zu rüsten, dem Wesen des Staates
zuwandte. Man entnehme die nähere Charakterisierlheit dieser seiner Werbung,
die Notizen über die Studien, die er in der Richtung auf dies Ziel hin unter-
nahm, dem Buche selber. Auch dies andere kann hier nur gestreift werden: daß
er im gleichen, unbegreiflich frühen Alter die Erfüllung seiner Jdealbildungen,
darum den tauglichsten Nährboden seines eigenen Wachstums im klassischen
Griechentum wiederfand. Aus beiden Motiven her keimte daS Ideal einer neuen
Humanität, die er selbst in edler, klarer Jugendlichkeit bereits verwirklicht hat.
Man wird sich noch der Befrachtung dieser Dinge nicht mehr imstande
fühlen, den Verlust Otto Brauns zu betrauern. Wollte man zu trauern be¬
ginnen, so würde die Trauer so grenzenlos sein wie es der Verlust ist. Wir
wenden uns vielmehr mit dankbarer Freude dem hier in vollkommener Schönheit
und Vorbildlichkeit vollendeten Schicksal zu. „Wüßten wir doch kaum zu klagen,
reibend singen wir dein Los." Wir grüßen ihn zum Abschied mit den Worten
Georges:
Du Geist der heiligen Jugend unseres Volks.
Weltspiegel
Sibirien. „Aus Washington wird gemeldet, daß Großbritannien, Amerika
und Japan infolge des Vordringens der Bolschewisten in Sibirien ein Überein¬
kommen geschlossen haben, demzufolge Japan die Kontrolle über Sibirien über¬
tragen werden soll. Japan soll so viel Truppen nach Sibirien senden, daß dem
Vordringen der Bolschewisten Widerstand geleistet werden kann. . . Die Japaner
sollen sich auf jeden Fall nicht östlich des Baikalsees begeben. Die amerikanischen
Truppen würden gleichzeitig aus Ostasien zurückgezogen." Gewaltige Entscheidungen
drängen sich in diesen wenigen Sätzen zusammen. Bestürzt über die Mißerfolge
Koltschaks (und Denikins) gibt die Entente den direkten Kampf gegen die Bolsche¬
wisten (einstweilen) auf. Ein großer Teil des seinerzeit vor drohender Nutzbar¬
machung durch die siegreichen Deutschen so ängstlich überwachten Sibiriens wird
kampflos den Gelben überlassen. England, ohne Zweifel erschreckt über die schon
seit dem Sommer durch die FronÜücke zwischen Koltschak und dem Uralkorps
des Generals Dutoff nach Mittelasien mächtig fortschreitende Agitation der Bolsche¬
wisten, deren Spuren nicht nur in Turkestan, sondern auch in Afghanistan, mit
dem England im Frühjahr einen übereilten und wie es scheint nicht sehr vorteil-
haften Frieden abgeschlossen hat, vielleicht sogar schon in Indien bemerkbar sind,
zieht sich von der Szene zurück, um sich dringlicheren Aufgaben, der Sicherung
Indiens, Mesopotamiens. Ägyptens zuwenden zu können. Soll doch dem
„Nieuwe Notterdamsche Courant" zufolge Lenin selbst erklärt haben, der Schwer¬
punkt seiner Tätigkeit liege augenblicklich in Asien. Und die Engländer wissen,
daß das keine leere Drohung zu sein braucht.
Der Rückzug Amerikas kommt nicht eigentlich überraschend. Wirkliche
Vorteile sind in Sibirien nur unter Aufwendung sehr bedeutender Mittel zu
holen, die Amerika, betroffen über die Folgen des Krieges im eigenen Lande
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