Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Pressestimmen [Beginn Spaltensatz] im Königreich verbreitet wird, von denen 14. August 1919. Sitzung der Polnischen Kreisvolksriite Am 6. d. M. fand eine Versammlung 25. Juli fand in Danzig eine Zusammen¬ Pressestimmen [Beginn Spaltensatz] im Königreich verbreitet wird, von denen 14. August 1919. Sitzung der Polnischen Kreisvolksriite Am 6. d. M. fand eine Versammlung 25. Juli fand in Danzig eine Zusammen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336734"/> <fw type="header" place="top"> Pressestimmen</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_2060" prev="#ID_2059"> im Königreich verbreitet wird, von denen<lb/> übrigens nur zehn Prozent in unserem Offizier¬<lb/> korps vorhanden sind. Man schreibt ihnen<lb/> verschiedene Fehler und Schulden zu, Mangel<lb/> an offiziersmäßiger Ausbildung, die Unfähig¬<lb/> keit, die Leute zu behandeln usw. Wir wollen<lb/> nicht behaupten, daß die Wahl aller Offiziere<lb/> aus dem Königreich glücklich gewesen sei.<lb/> Wir hörten ernste Stimmen darüber, daß<lb/> die jungen Offiziere aus dem Königreich in<lb/> erstaunlich kurzer Zeit hohe Rangstufen und<lb/> Posten erhalten. Wir behaupten aber mit<lb/> voller Entschiedenheit, daß alles dies, was<lb/> man in verschiedenen Kreisen und bei ver¬<lb/> schiedenen Gelegenheiten gegen die Offiziere<lb/> aus dem Königreich hervorbringt, in be¬<lb/> deutendem, wenn nicht überwiegendem Maße<lb/> aus egoistischer Unlust, aus Eifersucht und<lb/> Philisterhaftem Partikularismus entsteht. Mit<lb/> diesem allgemeinen Hernmhadern muß man<lb/> einmal zum Schlüsse kommen. Wer Positive<lb/> Vorwürfe gegen die Offiziere aus dem König¬<lb/> reich vorzubringen hat, möge sie bei der<lb/> entsprechenden Instanz vorlegen, gewiß wird<lb/> dann Remedur eintreten. Aber diese Sachen<lb/> in den Kaffeehäusern geschwätzig herum¬<lb/> zutragen zusammen mit geheimnisvollen<lb/> Prophezeiungen, daß dies oder jenes ge¬<lb/> schehen werde, wenn man die Offiziere ans<lb/> dem Königreich nicht entferne — eine derartige<lb/> Arbeit sät Demoralisation und ist ver-<lb/> dammenswert. Wir warnen alle davor,<lb/> besonders aber unsere intelligenten Kreise,<lb/> die in dieser Hinsicht oft durch Gedanken¬<lb/> losigkeit sich versündigen. Wer Patriotischen<lb/> Instinkt und verantwortungsvolles Gefühl<lb/> besitzt, der hat die Pflicht, sich den Versuchen der<lb/> Unterschiede zwischen uns und den Kongre߬<lb/> polen entgegenzustellen.</p> <note type="bibl"> (Aus dem „Kurjer Poznanski")</note> <note type="bibl"> „Gazeta Gdanska" (Danzig) Ur. 175 vom<lb/> 14. August 1919.</note> <p xml:id="ID_2061"> Sitzung der Polnischen Kreisvolksriite<lb/> in Dirschau.</p> <p xml:id="ID_2062" next="#ID_2063"> Am 6. d. M. fand eine Versammlung<lb/> der Kreisvolksräte für Westpreußen in Dirschau<lb/> statt, die Kommissar Dr. Wybicki leitete.<lb/> Nach Eröffnung gab Dr. W. einen Überblick<lb/> über unsere Lage und Bestrebungen. Seine<lb/> Ausführungen hatten folgenden Inhalt: Am</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_2063" prev="#ID_2062" next="#ID_2064"> 25. Juli fand in Danzig eine Zusammen¬<lb/> kunft der Vorsitzenden der Kreisvolksräte<lb/> statt, aber unter den Bedingungen, unter<lb/> denen wir jetzt leben und bei der allgemeinen<lb/> Abspannung, die infolge des Schneckenganges<lb/> der Bestätigung des Friedensvertrages ent¬<lb/> stand, wurden die Delegierten der Kreisvolks¬<lb/> räte nochmals nach Dirschau berufen, um<lb/> gemeinsam über unsere Not und Sorge zu<lb/> beraten. Der Beginn der Verhandlungen<lb/> zwischen Polen und Deutschland fand in<lb/> Thorn statt, auf Wunsch des Deutschen<lb/> Volksrates. Der Vorsitzende des Thorner<lb/> Kreisvolksrats und mit ihm der ganze Rat<lb/> befanden sich in unangenehmer Lage; da sie<lb/> dies Land vor den Schrecken des Krieges<lb/> bewahren wollten, wünschten sie durch Ver¬<lb/> handlungen zu gegenseitigem Verständnis zu<lb/> kommen und da der Ausbruch des Kampfes<lb/> nicht mit dem deutschen Reiche, sondern mit<lb/> den Banden des aufrührerischen Heeres jeder¬<lb/> zeit eintreten konnte, mutzte man die Gelegen¬<lb/> heit benutzen. Der Vorsitzende des Thorner<lb/> Volksrates wandte sich an das Unterkom¬<lb/> missariat für Westpreußen nach Posen. D<r<lb/> er dort keinen von den Kommissären antraf,<lb/> begab er sich direkt nach Warschau, wo sich<lb/> die Kommissare aufhielten. Die Folge dieser<lb/> Reise war der Aufruf des Obersten Volks¬<lb/> rats vom 30. Juni und die Verhandlungen<lb/> in Thorn, Danzig und Berlin. Alle diese<lb/> Verhandlungen hatten bisher rein vorbereiten¬<lb/> den Charakter und waren nicht verpflichtend.<lb/> Trotzdem war die Enttäuschung der ganzen<lb/> Gemeinschaft verständlich, da man unter<lb/> anderem las, daß alle Beamten zurückgehalten<lb/> werden sollen. Der Irrtum entstand bei der<lb/> Übersetzung durch Auslassung der Worte<lb/> „nach Möglichkeit". Wenn man durch diese<lb/> Verhandlungen Westpreuszen die Vernichtung<lb/> ersparte, und wenn wir erwägen, daß wegen<lb/> der törichten Vernichtung im Königreich und<lb/> Galizien man nicht bis zur Ernte 1920<lb/> durchhalten wird, muß man denen dankbar<lb/> sein, die diese Tätigkeit begannen. Natürlich<lb/> müssen diese Angelegenheiten ohne Beein¬<lb/> trächtigung der polnischen Ehre und ohne<lb/> Schaden für das polnische Volk durchgeführt<lb/> werden. Die Polnische Negierung in Warschau<lb/> gab ihre Ermächtigung zu den Verhandlungen,<lb/> also kann von irgendeiner Behandlung dieser</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
Pressestimmen
im Königreich verbreitet wird, von denen
übrigens nur zehn Prozent in unserem Offizier¬
korps vorhanden sind. Man schreibt ihnen
verschiedene Fehler und Schulden zu, Mangel
an offiziersmäßiger Ausbildung, die Unfähig¬
keit, die Leute zu behandeln usw. Wir wollen
nicht behaupten, daß die Wahl aller Offiziere
aus dem Königreich glücklich gewesen sei.
Wir hörten ernste Stimmen darüber, daß
die jungen Offiziere aus dem Königreich in
erstaunlich kurzer Zeit hohe Rangstufen und
Posten erhalten. Wir behaupten aber mit
voller Entschiedenheit, daß alles dies, was
man in verschiedenen Kreisen und bei ver¬
schiedenen Gelegenheiten gegen die Offiziere
aus dem Königreich hervorbringt, in be¬
deutendem, wenn nicht überwiegendem Maße
aus egoistischer Unlust, aus Eifersucht und
Philisterhaftem Partikularismus entsteht. Mit
diesem allgemeinen Hernmhadern muß man
einmal zum Schlüsse kommen. Wer Positive
Vorwürfe gegen die Offiziere aus dem König¬
reich vorzubringen hat, möge sie bei der
entsprechenden Instanz vorlegen, gewiß wird
dann Remedur eintreten. Aber diese Sachen
in den Kaffeehäusern geschwätzig herum¬
zutragen zusammen mit geheimnisvollen
Prophezeiungen, daß dies oder jenes ge¬
schehen werde, wenn man die Offiziere ans
dem Königreich nicht entferne — eine derartige
Arbeit sät Demoralisation und ist ver-
dammenswert. Wir warnen alle davor,
besonders aber unsere intelligenten Kreise,
die in dieser Hinsicht oft durch Gedanken¬
losigkeit sich versündigen. Wer Patriotischen
Instinkt und verantwortungsvolles Gefühl
besitzt, der hat die Pflicht, sich den Versuchen der
Unterschiede zwischen uns und den Kongre߬
polen entgegenzustellen.
(Aus dem „Kurjer Poznanski") „Gazeta Gdanska" (Danzig) Ur. 175 vom
14. August 1919. Sitzung der Polnischen Kreisvolksriite
in Dirschau.
Am 6. d. M. fand eine Versammlung
der Kreisvolksräte für Westpreußen in Dirschau
statt, die Kommissar Dr. Wybicki leitete.
Nach Eröffnung gab Dr. W. einen Überblick
über unsere Lage und Bestrebungen. Seine
Ausführungen hatten folgenden Inhalt: Am
25. Juli fand in Danzig eine Zusammen¬
kunft der Vorsitzenden der Kreisvolksräte
statt, aber unter den Bedingungen, unter
denen wir jetzt leben und bei der allgemeinen
Abspannung, die infolge des Schneckenganges
der Bestätigung des Friedensvertrages ent¬
stand, wurden die Delegierten der Kreisvolks¬
räte nochmals nach Dirschau berufen, um
gemeinsam über unsere Not und Sorge zu
beraten. Der Beginn der Verhandlungen
zwischen Polen und Deutschland fand in
Thorn statt, auf Wunsch des Deutschen
Volksrates. Der Vorsitzende des Thorner
Kreisvolksrats und mit ihm der ganze Rat
befanden sich in unangenehmer Lage; da sie
dies Land vor den Schrecken des Krieges
bewahren wollten, wünschten sie durch Ver¬
handlungen zu gegenseitigem Verständnis zu
kommen und da der Ausbruch des Kampfes
nicht mit dem deutschen Reiche, sondern mit
den Banden des aufrührerischen Heeres jeder¬
zeit eintreten konnte, mutzte man die Gelegen¬
heit benutzen. Der Vorsitzende des Thorner
Volksrates wandte sich an das Unterkom¬
missariat für Westpreußen nach Posen. D<r
er dort keinen von den Kommissären antraf,
begab er sich direkt nach Warschau, wo sich
die Kommissare aufhielten. Die Folge dieser
Reise war der Aufruf des Obersten Volks¬
rats vom 30. Juni und die Verhandlungen
in Thorn, Danzig und Berlin. Alle diese
Verhandlungen hatten bisher rein vorbereiten¬
den Charakter und waren nicht verpflichtend.
Trotzdem war die Enttäuschung der ganzen
Gemeinschaft verständlich, da man unter
anderem las, daß alle Beamten zurückgehalten
werden sollen. Der Irrtum entstand bei der
Übersetzung durch Auslassung der Worte
„nach Möglichkeit". Wenn man durch diese
Verhandlungen Westpreuszen die Vernichtung
ersparte, und wenn wir erwägen, daß wegen
der törichten Vernichtung im Königreich und
Galizien man nicht bis zur Ernte 1920
durchhalten wird, muß man denen dankbar
sein, die diese Tätigkeit begannen. Natürlich
müssen diese Angelegenheiten ohne Beein¬
trächtigung der polnischen Ehre und ohne
Schaden für das polnische Volk durchgeführt
werden. Die Polnische Negierung in Warschau
gab ihre Ermächtigung zu den Verhandlungen,
also kann von irgendeiner Behandlung dieser
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