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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Neupolens wirtschaftliche Kräfte

alter ergibt sich die Notwendigkeit, die bisher russischen Gebiete auf die gleiche
kulturelle Höhe zu heben, wie die dem Deutschtum entrissenen Bereiche, wenn
nicht diese allmählich auf den Zustand zurücksinken sollen, in dem sich "Russisch.
Polen" zurzeit befindet, und in dem sie Preußen bei der letzten Teilung über-
nommen hatte. Hierzu tritt das durch die wirtschaftliche Entwicklung bedingte
Erfordernis, die beiden Reicksbälften miteinander durch die Herstellung der
fehlenden Verkehrswege in eine brauchbare Verbindung zu bringen, und die bei
den ausschließlich maßgebenden militärischen Gesichtspunkten entbehrlich erschienenen
Glieder in das Verkehrsnetz einzuschalten. Dazu wird gehören, die zurzeit
fehlende Regulierung der Warthe und Weichsel und sonstiger Wasserstraßen vor-
zunehmen, wie überhaupt alle die Ausgleichungen herbeizuführen, die zwischen
dem Tiefstand des russischen Teiles und der hohen Entwicklung auf deutscher
Seite in die Augen fielen.

Eine zuverlässige Antwort auf die aus diesen Tatbeständen sich hervor-
drängenden Fragen werden wir freilich nicht geben können; wir werden es uns
daran genügen lassen müssen, gewisse Anhaltspunkte für eine Wahrscheinlichkeits-
berechnung zu geben, deren Wert freilich bei der Fülle der unsicheren Voraus¬
setzungen nur als ein sehr beschränkter wird gelten können.

Das neue Polenreich wird nach dem Hinzutritt der uns genommenen
Gebiete rund 200000 Quadratkilometer mit etwa 20 Millionen Einwohnern
unifassen, während für Deutschland nach dem Verlust von Elsatz-Lothringen rund
455 000 Quadratkilometer mit etwa 55 Millionen Einwohnern übrig bleiben.
Preußen hatte 350 000 Quadratkilometer mit 40 Millionen Einwohnern und
behält rund 290 000 Quadratkilometer mit 35 Millionen Einwohnern. Die von
uns abzutretenden Gebiete müssen, auch wenn wir Oberschlesien mit einbeziehen,
Hu den ärmeren gerechnet werden. Mit Einkommen unter 900 Mark kamen auf
1000 Einwohner in Betracht:

Im Durchschnitt im preußischen Staat 579 Zensüen
in Berlin 369 "
^ ^ " Marienwerder Regierungsbezirk 729
., Danzig " 630
.. Posen ., 7^9
" Bromberg ., 693
., Oppeln ,. 647
und bis zu 3000 Mark
.. Preußen 377
Berlin 574
" " " Marienwerder " 243
" Danzig ., 283
.. Posen " 258
" Bromberg " 272
" Oppeln " 331 "

. Dementsprechend leistete der einzelne Einwohner an direkten Steuern nach
°°in Stande vom 1. Januar 1915:

Im preußischen Staat 13.83 Mark
In Berlin 37,55 .
Im Regierungsbezirk Marienwerder 5,56
Danzig 8,01 "'
" Posen 6,78 .,
""
Bromberg 680 ,.
Oppeln 7.85 "

" . Hiernach erbrachten also die Abtretungsgebiete an direkten Steuern ins-
?esanit nur 43.4 Millionen Mark oder 7.6 Prozent des Gesamtbedarfs aus.
fahrend die hast der Einwohner sich auf rund 12 Prozent der Gesamtzahl des
preußischen Staates stellte. Für Russisch-Polen wird man eine größere Wohl-
Ebenheit keinesfalls voraussetzen können; berechnet man die steuerliche Leistungs-


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Neupolens wirtschaftliche Kräfte

alter ergibt sich die Notwendigkeit, die bisher russischen Gebiete auf die gleiche
kulturelle Höhe zu heben, wie die dem Deutschtum entrissenen Bereiche, wenn
nicht diese allmählich auf den Zustand zurücksinken sollen, in dem sich „Russisch.
Polen" zurzeit befindet, und in dem sie Preußen bei der letzten Teilung über-
nommen hatte. Hierzu tritt das durch die wirtschaftliche Entwicklung bedingte
Erfordernis, die beiden Reicksbälften miteinander durch die Herstellung der
fehlenden Verkehrswege in eine brauchbare Verbindung zu bringen, und die bei
den ausschließlich maßgebenden militärischen Gesichtspunkten entbehrlich erschienenen
Glieder in das Verkehrsnetz einzuschalten. Dazu wird gehören, die zurzeit
fehlende Regulierung der Warthe und Weichsel und sonstiger Wasserstraßen vor-
zunehmen, wie überhaupt alle die Ausgleichungen herbeizuführen, die zwischen
dem Tiefstand des russischen Teiles und der hohen Entwicklung auf deutscher
Seite in die Augen fielen.

Eine zuverlässige Antwort auf die aus diesen Tatbeständen sich hervor-
drängenden Fragen werden wir freilich nicht geben können; wir werden es uns
daran genügen lassen müssen, gewisse Anhaltspunkte für eine Wahrscheinlichkeits-
berechnung zu geben, deren Wert freilich bei der Fülle der unsicheren Voraus¬
setzungen nur als ein sehr beschränkter wird gelten können.

Das neue Polenreich wird nach dem Hinzutritt der uns genommenen
Gebiete rund 200000 Quadratkilometer mit etwa 20 Millionen Einwohnern
unifassen, während für Deutschland nach dem Verlust von Elsatz-Lothringen rund
455 000 Quadratkilometer mit etwa 55 Millionen Einwohnern übrig bleiben.
Preußen hatte 350 000 Quadratkilometer mit 40 Millionen Einwohnern und
behält rund 290 000 Quadratkilometer mit 35 Millionen Einwohnern. Die von
uns abzutretenden Gebiete müssen, auch wenn wir Oberschlesien mit einbeziehen,
Hu den ärmeren gerechnet werden. Mit Einkommen unter 900 Mark kamen auf
1000 Einwohner in Betracht:

Im Durchschnitt im preußischen Staat 579 Zensüen
in Berlin 369 „
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. Dementsprechend leistete der einzelne Einwohner an direkten Steuern nach
°°in Stande vom 1. Januar 1915:

Im preußischen Staat 13.83 Mark
In Berlin 37,55 .
Im Regierungsbezirk Marienwerder 5,56
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Bromberg 680 ,.
Oppeln 7.85 „

„ . Hiernach erbrachten also die Abtretungsgebiete an direkten Steuern ins-
?esanit nur 43.4 Millionen Mark oder 7.6 Prozent des Gesamtbedarfs aus.
fahrend die hast der Einwohner sich auf rund 12 Prozent der Gesamtzahl des
preußischen Staates stellte. Für Russisch-Polen wird man eine größere Wohl-
Ebenheit keinesfalls voraussetzen können; berechnet man die steuerliche Leistungs-


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[0275] Neupolens wirtschaftliche Kräfte alter ergibt sich die Notwendigkeit, die bisher russischen Gebiete auf die gleiche kulturelle Höhe zu heben, wie die dem Deutschtum entrissenen Bereiche, wenn nicht diese allmählich auf den Zustand zurücksinken sollen, in dem sich „Russisch. Polen" zurzeit befindet, und in dem sie Preußen bei der letzten Teilung über- nommen hatte. Hierzu tritt das durch die wirtschaftliche Entwicklung bedingte Erfordernis, die beiden Reicksbälften miteinander durch die Herstellung der fehlenden Verkehrswege in eine brauchbare Verbindung zu bringen, und die bei den ausschließlich maßgebenden militärischen Gesichtspunkten entbehrlich erschienenen Glieder in das Verkehrsnetz einzuschalten. Dazu wird gehören, die zurzeit fehlende Regulierung der Warthe und Weichsel und sonstiger Wasserstraßen vor- zunehmen, wie überhaupt alle die Ausgleichungen herbeizuführen, die zwischen dem Tiefstand des russischen Teiles und der hohen Entwicklung auf deutscher Seite in die Augen fielen. Eine zuverlässige Antwort auf die aus diesen Tatbeständen sich hervor- drängenden Fragen werden wir freilich nicht geben können; wir werden es uns daran genügen lassen müssen, gewisse Anhaltspunkte für eine Wahrscheinlichkeits- berechnung zu geben, deren Wert freilich bei der Fülle der unsicheren Voraus¬ setzungen nur als ein sehr beschränkter wird gelten können. Das neue Polenreich wird nach dem Hinzutritt der uns genommenen Gebiete rund 200000 Quadratkilometer mit etwa 20 Millionen Einwohnern unifassen, während für Deutschland nach dem Verlust von Elsatz-Lothringen rund 455 000 Quadratkilometer mit etwa 55 Millionen Einwohnern übrig bleiben. Preußen hatte 350 000 Quadratkilometer mit 40 Millionen Einwohnern und behält rund 290 000 Quadratkilometer mit 35 Millionen Einwohnern. Die von uns abzutretenden Gebiete müssen, auch wenn wir Oberschlesien mit einbeziehen, Hu den ärmeren gerechnet werden. Mit Einkommen unter 900 Mark kamen auf 1000 Einwohner in Betracht: Im Durchschnitt im preußischen Staat 579 Zensüen in Berlin 369 „ ^ ^ „ Marienwerder Regierungsbezirk 729 ., Danzig „ 630 .. Posen ., 7^9 „ Bromberg ., 693 ., Oppeln ,. 647 und bis zu 3000 Mark .. Preußen 377 Berlin 574 „ „ „ Marienwerder „ 243 » Danzig ., 283 .. Posen „ 258 „ Bromberg „ 272 „ Oppeln „ 331 „ . Dementsprechend leistete der einzelne Einwohner an direkten Steuern nach °°in Stande vom 1. Januar 1915: Im preußischen Staat 13.83 Mark In Berlin 37,55 . Im Regierungsbezirk Marienwerder 5,56 Danzig 8,01 „' „ Posen 6,78 ., "" Bromberg 680 ,. Oppeln 7.85 „ „ . Hiernach erbrachten also die Abtretungsgebiete an direkten Steuern ins- ?esanit nur 43.4 Millionen Mark oder 7.6 Prozent des Gesamtbedarfs aus. fahrend die hast der Einwohner sich auf rund 12 Prozent der Gesamtzahl des preußischen Staates stellte. Für Russisch-Polen wird man eine größere Wohl- Ebenheit keinesfalls voraussetzen können; berechnet man die steuerliche Leistungs- 22»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/275>, abgerufen am 15.01.2025.